Jay starrt in den Spiegel über dem Waschbecken. Seine grünen Augen blitzen ihm entschlossen entgegen und er nickt sich selbst zu. Aufgerichtet, die Schultern gestrafft, verlässt er sein Zimmer und macht sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Der einzige Schüler, den er unterwegs trifft, springt schon beinahe aus seinem Weg zurück. Jay kann das Eep hören, doch er ballt eine Faust und reagiert darauf nicht.
Im Gemeinschaftsraum herrscht ungewohnter Tumult. Schon seit die Gruppe um Victoria in die ausgeartete Streiterei mit den Gryffindors verwickelt war, herrscht dicke Luft. Jeder scheint nur auf den Funken zu warten, der alles zum Explodieren bringt. Wer nicht dieser Funke sein will, der bewegt sich, als balanciere er auf rohen Eiern. Jay könnte es lustig finden, wenn die Konsequenzen aus der ganzen Geschichte nicht durchaus furchteinflößend sein könnten.
Auch jetzt ist es nicht anders. Er betritt den Raum noch nicht einmal richtig, da wenden sich auch schon Blicke in seine Richtung. Von flehend bis ablehnend ist alles dabei, doch diesmal lässt sich Jay nicht von all dem beeindrucken. Er hält den Kopf oben, den Rücken stolz gestreckt und schreitet durch den Raum.
Es ist unumstritten der beste Platz im gesamten Raum, doch normalerweise wagt es niemand ihn einzunehmen. Es ist der Platz, auf dem der Anführer des Hauses sitzt, wenn er das Wort an den Rest des Hauses wendet. Jay verkneift sich ein Schmunzeln. Das letzte Mal, dass er benutzt wurde, war es Jill, die dort gesessen hat. Aber sie hatte nicht einmal dort sitzen müssen. Hatte sie auch nur die Stimme erhoben und es war klar gewesen, dass jeder zuzuhören hatte, dann war das auch eingetreten.
Jay nimmt Platz und wirft einen Blick in die Runde. Nun liegen tatsächlich alle Blicke auf ihm. Niemand, absolut niemand hat den Anspruch missverstanden, den Jay hier erhebt. Auffordernd zieht er eine Augenbraue hoch und sein Blick wird fragend. Doch niemand macht irgendein Zeichen davon, dass sie Einspruch erheben wollen. Alle, die er direkt ansieht, wenden den Blick mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln ab.
Zufrieden lehnt er sich zurück und macht es sich in dem Stuhl bequem. Erneut wandert sein Blick, diesmal um einzuschätzen, wie viele Slytherins nicht anwesend sind. Dabei streift sein Blick ein paar Erstklässler, die sich um ihren Vertrauensschüler gescharrt haben. Der Ältere redet furiose, aber flüsternd auf sie ein und sie nicken immer wieder eifrig.
„Ich muss nicht damit anfangen, dass das Verhalten von einigen hier, nicht dem eines Slytherins angemessen war. Nein, dass es absolut unakzeptable war. Da ich mir sicher bin, dass jeder weiß wer gemeint ist, muss ich das nicht wiederholen. Nicht nur hat eure Aktion unser Haus durch den Dreck gezogen, unseren Ruf beschmutzt, wie die anderen Häuser es immer von uns behaupten, sondern es war auch noch absolut unnötig."
„Wir sind Reinblüter. Es sollte egal sein, was mit so schmutzigem Blut passiert. Die sind eh nicht auf unserem Level. Und wenn es ein oder zwei weniger sind, dann ist doch auch okay." Victoria verschränkt die Arme und schnaubt.
Jay starrt sie an. „Zum einen bewunderte ich deine Fähigkeiten Informationen zu sammeln und zu nutzen. Eigenschaften eines Slytherins würdig. Dann aber kommst du und bringst eine solche Aussage, die mich jedes Vertrauen in deine Fähigkeit beraubt. Es scheint, du sammelst nur die Informationen, die du sammeln willst."
„Ich verstehe nicht auf was du hinauswillst, aber meine Fähigkeiten sind bei weitem die Besten im Haus. Das in Frage zu stellen, ist eine absolute Frechheit." Sie schlägt die Beine übereinander, verschränkt die Arme und wirft Jay einen auffordernden Blick zu. Doch der kommt überhaupt nicht zum Antworten.
„Peter Darnell ist ein Reinblut, du verdammte Heuchlerin. Wenn du nicht einmal das weißt, wie kannst du dich dann Meisterin der Informationen nennen? Und das in unserem Haus? Den Blutstatus einer Person nicht zu kennen und die dann auch noch zu verletzen." Dana ist aufgesprungen, stemmt die Hände in die Hüfte und blitzt Victoria an. Die zuckt, als wäre sie geschlagen worden.
„Der Lümmel ist ein Rein... Reinblut. Im Leben nicht. Der ist ein verdammter Gryffindor." bringt Victoria hervor.
Dana wirft den Kopf in den Nacken und lacht, laut und humorlos. „Das Haus einer Person bestimmt nicht ihren Blutstatus. Die Dreistigkeit das auch nur anzunehmen. Die Weasleys sind auch Reinblüter und die sind bekannt dafür immer bei den Löwen zu landen, selbst die Zwillinge. Und die hätten mehr als nur in unser Haus gepasst. Aber sie sind dennoch Löwen. Und wenn du auch ein hochangesehenes Reinblut willst, fangen wir doch mit Neville Longbottom an."
„Dank dir, Dana. Das ist genug. Du hast ein Reinblut angegriffen, hast einen Streit angezettelt, wie man es von einem Gryffindor erwartet. Wir sind Schlangen. Wir sind nicht für Kopflose Attacken, die nicht zielführend sind. Wir manipulieren andere, dass die das für uns übernehmen. Wir erreichen unsere Ziele durch List und unsere Rache durch Verschlagenheit. Nichts davon hast du gezeigt."
Jay steht von seinem Platz auf und baut sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich habe meinen Platz als Oberhaupt des Hauses bisher nicht eingenommen, weil ich davon ausging, ihr könntet euch auch so benehmen. Würdet es schaffen dem Haus keine allzu große Schande zu machen. Aus den kleinen Fehlern lernen. Aber ich wurde enttäuscht.
Niemand hier hat sich als wahrer Slytherin entpuppt. Ich bin mir bewusst, dass die meisten von euch dem Haus weder Schande noch Ruhm eingebracht haben. Aber Slytherins manipulieren nicht nur die anderen Häuser, sondern auch das eigene. Wenn jemand gegen die Regeln verstößt, so wird man davon abgehalten!
Ab jetzt wird sich das ändern. Das Haus wird wieder die interne Hierarchie praktizieren. Nichts hiervon soll an die Außenwelt gelangen. Niemand hat davon zu wissen. Aber wir wissen davon und wir achten die Hierarchie. Der Stolz unseres Hauses muss wieder hergestellt werden. Ich erwarte, dass ihr wie Slytherins um euren Rang kämpft. Keine Duelle, kein offener Kampf. Manipulation und List. Keine Rangveränderung kommt durch unslytherinhaftes Verhalten zustande. Haben wir uns verstanden?!" Er sieht sich um, bekommt aber nur Nicken mit gesenkten Köpfen zurück. Niemand will ihm in die Augen sehen.
Jay setzt sich und greift eines der Bücher, die auf dem Tisch daneben liegen. Nicht das er wüsste warum. Als er es öffnet, erkennt er sofort, dass es noch von Jill dort liegen muss. Niemand sonst hätte ein Heilerbuch mit diesem Level gelesen. Schmunzelnd beginnt er dennoch das Buch zu lesen, obwohl er das meiste nicht versteht.
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Dunkelheit im Haus der Schlangen
FanfictionJay Malfoy kehrt zu seinem sechsten Jahr nach Hogwarts zurück, doch nichts ist mehr wie es zuvor war. Voldemort ist zurück und die Gefahr scheint in der Luft zu liegen und alles langsam zu erdrücken. Die Vorgänge des letzten Jahres haben Spuren hint...