Ein beunruhigender Brief

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„Du siehst scheiße aus." meint Theo, als sich Jay neben ihn an den Frühstückstisch setzt.

„Dir auch einen guten Morgen. Dich will ich mal sehen, nach einem Tag voll mit Schule, Hausaufgaben, der dummen Strafarbeit und dann heute Morgen noch einen Übergriff von den dummen Extremisten. Ich hatte einen grandiosen Tag gestern und der heutige hat schon nicht besser angefangen. Verzeihung, dass man mir das ansieht." Er verzieht das Gesicht, als er sich strecken muss, um an einen Korb mit Croissants zu kommen.

Theo fasst um sein Handgelenk. „Sag mal, bis du verletzt? Spinnst du? Warum bist du nicht im Krankenflügel und lässt dich versorgen?"

„Shht. Wenn ich ihnen zeige, dass ich verletzlich bin, dann werden sie nur wieder angreifen und es wird nur schlimmer werden. Jetzt halten sie mich für strak genug, um nicht verletzt zu werden, während sie ihre Verletzungen lecken und in den Krankenflügel kriechen. Nein... Jill hat mir ein paar Zauber beigebracht für solch oberflächliche Verletzungen. Keine Sorge, ich weiß, was ich tue."

„Das würde ich nicht unterschreiben. Du kannst dich ja kaum strecken. Wie zur Hölle willst du durch den heutigen Unterricht kommen? Du hast PmG. Du wirst dich bewegen müssen."

„Sei ein bisschen leiser. Ich weiß das alles, aber es wird funktionieren. Der Zauber braucht nur ein paar Momente, um voll zu wirken."

„Du bist echt zu stur, um zu sehen, dass dir das nur Probleme bereiten wird. Aber nun gut, dass wird dein Problem sein, nicht meines."

„Kannst du mir die Butter geben?"

Theo reibt sich die Stirn, aber er reicht Jay die geforderte Butter. Jay wendet sich seinem Frühstück zu und Theo beobachtet ihn dabei. Ab und an kann er sehen, wie Jay zuckt, aber er sagt nichts dazu, sondern wendet sich wieder seinem eigenen Frühstück zu. Sie werden von der Ankunft der Posteulen unterbrochen. Vor Jay landet eine der Zeitungseulen, die er bezahlt und die sich an dem Speck auf Theos Teller bedient.

„Warum stiehlst du mein Frühstück? Du bringst ihm die Zeitung, nicht mir. Iss was von ihm."

„Weil Eulen ungern Croissant essen, Theo. Speck ist da schon eher ihr Geschmack." lacht Jay und schlägt die Zeitung auf. „Oh sieh einer an."

„Irgendwas Neues? Oder nur wieder ein Übergriff? Warte, die Verhandlungen gegen die Potters haben noch nicht angefangen, oder? Sonst wäre es sicher das?"

„Du solltest mit Dana reden, wenn du auf dem Laufenden über sowas sein willst. Aber nein, es ist nichts davon. Tatsächlich ist es etwas ganz anderes. Das Ministerium hat endlich zugegeben, dass es ein Problem mit einer Terroristengruppe hat. Sie haben zwar nicht bestätigt, dass es sich um die Todesser handelt, sondern eine bisher nicht genauer definierte Gruppe, die Verbindungen zu ehemaligen Todessern haben könnte, aber das sei nicht bestätigt. Das ist ja zumindest schon etwas."

„Heißt aber, dass sie noch immer den Kopf in den Sand stecken, es nur nicht mehr verbergen können, dass jemand den Staat in Schrecken versetzt. Irgendwann kann nicht einmal die dümmste Person die Augen verschließen und glauben, dass die Leute das einfach akzeptieren." Theo schüttelt den Kopf und wendet sich wieder seinem Frühstück zu.

„Wohl wahr. Oh, hey." Jay begrüßt Hades, Lucius Eule, die vor ihm landet. Sie hat einen Brief bei sich und lässt ihn von Jay abnehmen, ehe sie auf seine Schulter hüpft und an seinen Haaren herum zupft. Lachend lässt Jay sie und öffnet seinen Brief.

„Jay,

Ich muss sagen, ich bin nicht verwundert, dass du erneut mit Nick Potter in Probleme gekommen bist. Ich weiß, dass du nur deine Leute verteidigt hast, aber bitte lass dich nicht von so etwas ablenken. Deine Schularbeit ist gut, aber ich weiß auch, dass du in ein paar Kursen bist, in denen eine Ablenkung zu Verletzungen führen könnte. Du kennst mich ja, ich mache mir zu viele Sorgen. Nichts neues hier.

Es tut mir leid zu hören, dass es in unserem ehemaligen Haus zu einem solchen Streit gekommen ist. Es zeigt nur, wie sehr wir von unseren Werten getrennt wurden, bei diesem erneuten Ausbruch an Gewalt. Aber ich kann dir leider keinen Tipp geben, wie du mit der Situation umgehen solltest. Ich hatte nie das Problem, dass du nun hast.

Aber für dein Problem mit deinen Freunden kann ich dir einen Tipp geben. Du kannst nur ein guter Freund für beide sein. Tipps geben würde nur zu einem Resultat führen. Sie würden sich fühlen, als würdest du versuchen dich in ihre persönliche Art mit einem traumatischen Event umzugehen einmischen. Sei für sie da, wenn sie deine Hilfe suchen, aber mische dich nicht ein, wenn sie es nicht tun.

Hier Zuhause ist alles etwas angespannt. Lucius und ich sind ziemlich gestresst, noch schlimmer als in den Ferien. Wir werden beinahe täglich auf die Arbeit gerufen, weil es wieder einen Notfall gab. Aber das Wort Notfall wird zurzeit viel zu häufig genutzt und ich will nicht sagen, dass es keine sind, aber es ist seltsam zu sagen, dass man fast 30-mal in einer Woche aufgrund eines Notfalls gerufen wurde. Aber die Zahl ist zum Glück rückgängig.

Nichtsdestotrotz, zwischen Lucius und mir gab es Streit. Ich weiß nicht, ob er es dir geschrieben hat. Es geht hierbei um den Job, der ihm angeboten wurde. Du weißt, worum es geht. Ich werde dir nicht sagen, was es ist. Wir hatte ja beschlossen, dass er es nicht annehmen soll, und er hatte dem ja zugestimmt.

Aber scheinbar haben in die konstanten Angebote und das Drängen mancher Menschen doch umgestimmt. Er hat es angenommen, entgegen aller Vorsätze und Vernunft. Ich bin ihm böse und mache mir verdammt viele Sorgen um ihn, wann immer er dieser Arbeit nachgeht. Ich kann nicht schlafen, bis er wieder sicher an meiner Seite ist.

Aber es nagt nicht nur an mir. Es nagt noch mehr an ihm. Er spricht nicht mit mir, über was er sieht und tut, aber ich kann es mir zusammenreimen, wie du es vermutlich ebenfalls kannst. Wann immer er zurückkehrt, ist seine Nacht nicht erholsam, wenn er überhaupt schläft. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen, ich kann ihm nicht helfen, wenn er nicht mit mir spricht.

Ich will dir keine Sorgen bereiten, aber ich will dich darüber auch nicht im Dunkeln lassen. DU hast ein Recht zu erfahren, was im Haus unserer Familie vor sich geht. Sollte irgendwas passieren, bist du ebenfalls betroffen. Und ich kann nicht sagen, wie sich das alles auf deinen Stand in der Schule auswirkt.

Ich hoffe, dass dich der Brief nicht zu sehr von der Schule ablenkt. Hades sollte in der Schule bleiben, bis du ihn zurückschickst. In der heutigen Zeit ist sichere Post wichtiger als immer.

Jill" Jay schluckt hart, schielt umher und steckt den Brief dann in sein Tränkebuch in seiner Tasche. Niemand soll den Brief in die Finger bekommen.

„Was hat deine Familie geschrieben?" Theo sieht Jay abwartend an.

„Ich erzähle es dir später. Wir müssen zum Unterricht. Hades, du kannst den Tag im Eulenturm verbringen. Ich komme zu dir, wenn ich dich zurückschicke." Die Eule hebt ab und verlässt die Halle durch die Eulenklappe, während Theo und Jay aufstehen. Jay umschließt seinen Taschengurt fest und folgt Theo.

Dunkelheit im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt