Kapitel 3

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Kapitel 3

„Sonnenaufgang", murmelte Tonks missmutig und zog ihre müden Beine in einen Schneidersitz „Von wegen"

Die Sonne war bereits vor einer Stunde aufgegangen und noch immer hatte sich niemand an dem vermeintlichen Treffpunkt blicken lassen. Remus und Tonks saßen hinter einem dicken Brombeerbusch und beobachteten nun schon seit geschlagenen drei Stunden ein kleines Felsplateau über einer kurzen Klippe. Gischt spritzte immer wieder über die Kante und durchnässte Tonks Kleidung. Verärgert rieb sie sich die kalten Hände und griff nach einer weiteren Tasse heißen Tees, die Remus ihr reichte.

„Vielleicht hat Albus eine falsche Information erhalten", vermutete Remus und führte seinen eigenen Thermosbecher, den er hergezaubert hatte, zum Mund, um einen Schluck des heißen Getränkes zu nehmen.

„Dann hat er uns hier umsonst die halbe Nacht absitzen lassen?", fragte Tonks entsetzt und schüttelte ihre feuchten Haare aus dem Gesicht „Falls ihm das noch nicht aufgefallen ist, es ist hier furchtbar kalt"

Remus schmunzelte „Er wollte uns bloß einen wichtigen Hinweis geben. Vielleicht war seine Quelle nicht so sicher, wie er dachte"

Tonks machte einen unbestimmten Laut „Ich hasse es, dass er uns so wenig verrät. Immer Geheimniskrämerei, aber nie klare Tatsachen"

Remus sah sie scharf an „Kritisierst du etwa gerade Albus?"

„Nein", murmelte sie kleinlaut „Also, doch"

Sie sah seinen Mundwinkel hochzucken und atmete erleichtert auf. Er war nicht wütend. Ihre Beschwerden waren aber auch wirklich berechtigt. Nie erzählte Dumbledore ihnen alles. Immer ließ er etwas aus oder hielt es geheim. Langsam war sie es satt. Aber natürlich würde sie ihn niemals ernsthaft kritisieren. Sie würde immer hinter ihm stehen.

„Ich habe das jetzt einfach überhört", meinte Remus und lächelte leicht, um zu zeigen, dass er es nicht ernst meinte.

„Nett von dir" Sie grinste

Schweigend nahm er einen Schluck Tee. Tonks beobachtete ihn. Er war selbst noch sehr jung, hatte aber schon eine graue Strähne, die ihm in die Stirn hing. Sie erkannte eine tiefe Narbe und einige Kratzer auf seiner Wange und erinnerte sich an Kingsleys Worte, als er ihr mitgeteilt hatte, dass Remus ein Werwolf sei. Er tat ihr furchtbar leid, gleichzeitig war sie aber auch neugierig, ihn kennenzulernen. Bisher hatte er sich bei den Ordenstreffen immer ruhig verhalten und war eher im Hintergrund geblieben, es sei denn, er hatte etwas wichtiges mitzuteilen. Er kam ihr sehr intelligent vor und sie wollte mehr über ihn wissen.

„Erzähl mir von dir", forderte sie deshalb und sah ihn abwartend an.

Er verschluckte sich an dem Tee und hustete. Als er sich beruhigt hatte, sah er sie entsetzt an „Wie bitte?"

„Erzähl mir von dir", widerholte Tonks ungeduldig „Du reagierst so, als hätte dich noch nie jemand dazu aufgefordert"

Remus schaute verlegen „Ehrlich gesagt hat das auch nie jemand getan"

Jetzt war es an Tonks, ihn entgeistert zu mustern „Noch nie?"

Er zuckte mit den Schultern „Normalerweise wollen die Leute spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem sie erfahren, dass ich ein Monster bin, nichts mehr von mir wissen"

„Du bist kein Monster", widersprach sie heftig.

Er sah sie überracht an und zog dann die Augenbrauen hoch „Na ja, in gewisser Weise schon, oder? Werwölfe sind gefähr-"

„Ich weiß, dass Werwölfe gefährlich sind, das brauchst du mir nicht zu sagen", unterbrach sie ihn „Aber du bist nicht gefährlich. Du verwandelst dich vielleicht einmal pro Monat in einen Werwolf, aber die meiste Zeit über bist du immernoch ein Mensch. Und als Mensch bist du gutherzig"

Winter Mission (Adventskalender 2021)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt