Kapitel 31

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Sonntag, 16. September 2018

Ich fühlte mich einsam. 

Mehr als das. 

Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus und ich seufzte. Sie zog sich weiter über meinen ganzen Körper. 

„Ich bin Schuld", hämmerte in meinem Kopf. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich atmete ein wenig schneller und biss mir auf die Lippe. Meine Beine wurden ganz wabbelig und ehe ich mich versah, stützte ich mich auch schon an der Wand ab. 

Ich schloss die Augen, doch ich hielt mich weiterhin an der Wand fest. Die Gänsehaut war nicht mehr vorhanden. Dafür waren die Gedanken umso präsenter. Ich schüttelte mit meinem Kopf, in der Hoffnung, die Gedanken würden verschwinden. Das taten sie zwar nie, aber sie wurden manchmal leiser. Innerlich fühlte ich mich einfach beschissen. 

Ich fühlte mich, als würde ich hier schon stundenlang herum irren. Niall's Haus war mir doch zu winklig. Ich hätte nicht ohne Ed oder Harry gehen sollen, doch ich konnte nicht anders. 

Alles hat mich an sie erinnert. Jedes Wort, jede Gestik, jeder Atemzug. 

Ich habe es nicht mehr ausgehalten. 

„Du bist Schuld"

 Ich hielt mir aus Reflex die Ohren zu, obwohl das nicht viel nützen würde. 

„Wieso bist du nicht gestorben?" 

„Du bist jämmerlich" 

Ich wollte protestieren, doch ich war zu schwach dafür. 

Das schlimmste war, ich hätte noch nicht einmal etwas einwenden können. Denn sie hatten Recht. 

Ohne mich würden sie noch leben. 

Wieso war ich so egoistisch gewesen? Ich wartete noch eine Zeit ab, doch es kam nichts mehr. 

Zögernd nahm ich mir die Hände von den Ohren und atmete einmal ganz tief durch. Ich rappelte mich auf, atmete erneut ganz tief durch und stieß dann die Luft aus. 

Ich war nicht verrückt. Sie konnten nicht mehr mit mir reden. Sie waren tot. Nicht mehr bei mir. 

Automatisch wischte ich mit meinem Daumen unter meinen Augen her. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich weinte. Dass meine Hand zitterte, nahm ich schon gar nicht mehr wahr. Zu sehr war dies schon Alltag geworden. 

Immer noch stützte ich mich an der Wand ab und versuchte, meine Atmung zu stabilisieren. Ich konnte kaum klar denken. Zu viele Gedanken prasselten auf mich ein und ich wusste nicht, was wozu gehörte. Trotzdem stand mein Entschluss fest: Ich würde sie besuchen. Besser gesagt ihr Grab. Vermutlich würde ich zwar davor heulend zusammenbrechen, doch das war alle mal besser, als hier zu sein. Ich straffte meine Schultern und atmete noch einmal tief durch. 

Ironischerweise entdeckte ich eine Person, die in meine Richtung lief. „Hi, ehm du da", ich zupfte der vorbeigehenden Person am Ärmel. Bevor ich meinen Mund wieder aufmachen konnte, fuhr ich zurück, als hätte ich mich verbrannt. Die Trauer wandelte sich in Wut um. Ich war doch kein Kind mehr und würde jemanden hinterherrennen. Ich schüttelte leicht mit dem Kopf. 

Der Typ hätte mich eh ignoriert. Ich war schließlich keine Kendall Jenner oder Taylor Swift. Mir entfuhr ein Schnaufen und ich bemerkte, dass der Typ sich überhaupt nicht bewusst war, dass jemand mit ihm gesprochen hatte. Ansonsten hätte er sich doch wenigstens noch einmal umgedreht oder wäre stehen geblieben. Ich schüttelte verärgert mit dem Kopf. 

„Fay" 

Ertappt drehte ich mich um und scannte die Gegend ab. Doch ich sah nichts. Um mich herum hatte sich absolut nichts geändert. Ich schüttelte leicht mit dem Kopf und tastete mich vorsichtig an der Wand weiter. Vielleicht würde ich dann endlich mal einen Ausgang finden. 

Just hold on /Niall Horan/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt