Kapitel 2

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Freitag, 13. Juli 2018

Ich legte das neue Gedeck ordentlich an einem Platz, der schon immer frei war. Er war zwar ein wenig weit weg, doch die anderen Plätze waren indirekt belegt. Ich wusste, dass ich es wieder umlegen müsste und ich spürte schon die stechenden Blicke meiner Mutter in meinem Rücken.

Trotzdem tat ich es. Mir war bewusst, dass es falsch war, doch es ging nicht anders. Rein aus Prinzip.

„Feli, bitte", zischte mir meine Mutter, wie erwartet, zu und ich entschuldigte mich leise. Dann nahm ich das Gedeck und legte es gegenüber von mir. Wenigstens würde ich ihn besser beobachten können.

Ich setzte mich brav auf meinen Stuhl und wartete, dass irgendetwas geschah, doch meine Mutter war mit Essen kochen beschäftigt und aus dem Wohnzimmer drangen die Stimme von meinem Dad und Niall, die sich anscheinend gut verstanden.

Meine Vermutung bestätigte sich, als meine Mum die beiden zum Essen rief und Niall schon ein Bier in der Hand hatte. Zudem kamen sie schon lachend in die Tür rein. Mein Dad setzte sich schräg gegenüber von mir und zeigte Niall, dass er neben ihm Platz nehmen könne, was er auch tat.

Keine zwei Sekunden später stellte meine Mutter das Essen auf den Tisch und schaufelte Niall sofort ein Stück Lasagne auf den Teller. „Tut mir leid, ist leider nicht so fleischreich", entschuldigte sie sich und ich sah ihr an, dass sie tatsächlich ein schlechtes Gewissen hatte.

Ich runzelte die Stirn und auch Niall besänftigte sie sofort. Es sei kein Problem, erklärte er, die Lasagne würde köstlich duften und vermutlich auch so schmecken. Ich zog eine Augenbraue hoch und verkniff mir einen Kommentar.

Meine Mutter füllte ebenfalls den Teller von meinem Dad, meinen Teller und ihren Teller. „Feli, wo ist der Würfel?", erkundigte sich meine Mutter und setzte sich neben mir. Ich sah mich um, jedoch entdeckte ich keinen. „Er ist nicht hier?", ich zuckte mit den Schultern und blickte weiter hilflos in der Gegend herum.

„Ich hatte dir doch vorhin gesagt, dass du ihn bitte holen solltest", seufzte meine Mutter und ich biss mir auf die Lippe. „Entschuldigung", murmelte ich, stand auf und holte den Würfel.

Anscheinend berichtete meine Mutter Niall gerade, was es mit diesem Würfel auf sich hatte. Ich hörte meinen Vater dagegen protestieren, dass wir das doch heute mal ausfallen lassen könnten und bestrafte ihn mit einem wütenden Blick, als ich wieder in die Küche eintrat. Dieses Mal mit dem Würfel.

„Schatz, lass doch Niall würfeln", schlug meine Mutter vor und widerwillig gab ich ihm den Würfel. Danach ließ ich mich auf meinem Stuhl gleiten und sah zu, wie Niall würfelte.

„Und jetzt muss ich das Gebet vorlesen, richtig?", vergewisserte Niall sich und meine Mutter stimmte ihm zu. Jeden Abend saßen wir zusammen am Küchentisch, würfelten und lasen das jeweilige Gebet vor, dass wir gewürfelt hatten.

Unsere Familie war nicht sehr christlich, doch dieses „Ritual" führten wir nun schon seit Jahren durch. Trotzdem ging unsere Familie ungefähr nur einmal im Jahr, an Weihnachten, in die Kirche. Außer, wir wurden wegen einer Festlichkeit „gezwungen". Das heißt, Hochzeit, Kommunion, Firmung und was sonst noch so alles stattfindet.

Die Gänge zur Kirche waren nie besonders schön, doch das hatte andere Gründe. Die Kirche erinnerte mich einfach zu sehr an den Schmerz und den wollte ich nicht spüren.

„Gut", Niall nickte und faltete seine Hände, „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes: Vater, wir leben von deinen Gaben, segne das Brot. Gib uns die Kraft, von dem, was wir haben, denen zugeben in Hunger und Not."

Wir beendeten dieses Ritual mit „Amen" und Niall legte den Gebetswürfel an die Seite. Außerdem wünschten wir uns gegenseitig einen guten Appetit, bevor wir anfingen, zu essen.

Just hold on /Niall Horan/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt