"Oh Liana, mit dir hätte ich frühestens in einer halben Stunde gerechnet" Die Augenbrauen besorgt zusammengezogen schaute sie hinter der Theke hervor. Sofort stellte sie das Glas ab, welches sie sorgfältig poliert hatte und warf das Handtuch über die Schultern, bevor sie hervortrat und auf mich zu kam.
Ich schlurfte auf sie zu. "Es ist alles in Ordnung, wirklich"
Ich schenkte ihr ein warmes, aber nur halb ernstgemeintes Lächeln.
"Glaub aber nicht, dass du jetzt schon anfangen darfst zu arbeiten Schätzchen. Du arbeitest sowieso zu viel" sagte sie und stellte mir ein Glas Orangensaft hin. Ich nahm es dankend an und setzte mich an die Theke. "Meine Schicht beginnt doch schon in einer halben Stunde" beschwerte ich mich, obwohl ich wusste, dass sie recht hatte. Ich wollte einfach eine Ablenkung von meinem Leben, war das so schwer? "Du siehst ja so blass aus, isst du auch genug Kind?
"Paolo, mach dich mal nützlich und mach dem Kind was zu essen" Schrie sie ihren Mann in der Küche an, welcher mit einem "kommt sofort" antwortete. Ich fing an zu lächeln.Ich arbeitete jetzt schon seit zwei Jahren für ein paar Tage in der Woche in diesem kleinen Diner am Ende der Stadt. Miriam und Paolo waren beide die Geschäftsführer und meine einzigen Collegen, bis auf Naomie, aber sie war nur ganz selten eingeteilt, da das Diner nicht gerade gut besucht war, aber gerade ausreichte um alle über Wasser zu halten.
Ich verschlang meine Makkaroni mit Käse in wenigen Minuten. Bis mir Miriam die Erlaubnis gab endlich mit dem Arbeiten anzufangen, saß ich weiterhin an der Theke herum und beobachtete die Leute, die hier ein und aus marschierten.
Viele kamen nur kurz rein um etwas zu essen abzuholen und waren dann sofort wieder weg andere hingegen setzten sich an einen der acht Tische.
Prüfend sah ich auf die Uhr. Es war nun Punkt 16 Uhr. Abwartend sah ich Miriam hinterher die mir nach einem kurzen Blick auf die Uhr einen Daumen nach oben zeigte und lächelte....
"Ich bin sofort bei ihnen einen Moment" sagte ich beim umher flitzen und versuchte dabei freundlich zu klingen, aber vermutlich klang es eher wie ein krächzen. Meine Kehle war Staub trocken. Wann hatte ich zuletzt was getrunken? Keine Ahnung! Vermutlich war es der Orangensaft um halb 4. Jetzt waren es 19 Uhr, die Hälfte meiner Arbeitszeit war rum. Normalerweise war hier nicht viel los, aber manchmal gibt es diese Tage, an denen die Leute plötzlich alle ausgehungert waren und nichts lieber essen wollten als Paolo's Makkaroni mit Käse.
Die Glocke an der Tür klingelte, wie so oft an diesem Tag, doch anders als die anderen Gäste hatte diese Person eine Designer Tasche umgehangen und war wohl gerade frisch beim Friseur gewesen, da sie nun Platin blonde Haare hatte. Sie hatte den selben kurzen, schwarzen Rock an, den sie auch schon in der Schule getragen hatte, nur ihre Augen sahen anders aus, sie waren nicht mehr müde zusammen gekniffenen, sondern weit aufgerissen und sie starrte mich erschrocken an. Sie schaute sich nochmal im Raum um bevor sie wieder zu mir sah in diesem Moment zählte sie wohl eins und eins zusammen. Ich sah an mir herunter. Ein rotes, beflecktes T-Shirt worüber eine lange gelbe Schürze, die ebenso Flecken von Ketchup, Senf und Kaffee aufweisen konnte, gebunden war. Die Schuhe, die ich mir extra für die Arbeit gekauft hatte, da sie bequem waren und aufjedenfall nicht dafür da waren um hübsch auszusehen und meinen Zopf, aus dem sich schon einzelne Stränen gelöst hatten, all das ergab zusammen ein Desaster.
"Liana?" fragte sie zögerlich und kam auf mich zu, als konnte sie es noch immer nicht glauben, dass wirklich ich es war.
Beschämt lächelte ich sie an und stellte dem letzten unbedienten Gast sein essen auf den Tisch, doch ohne den Blick von Jessica abzuwenden.
Weiterhin beschämt lächelnt sah ich sie an. Genau wegen solchen Reaktionen sollte niemand wissen, dass ich hier arbeitete. Wie kommt es auch das ein Mädchen aus gutem Hause, welches eigentlich genügend Geld haben sollte um nicht mit verstrubbelten Haaren und Ketchup Flecken in einem mickrigen Diner arbeiten zu müssen, aber es konnte ja auch niemand wissen, dass ich keinen Cent von meiner lieben Stiefmutter bekam. Ihre Worte dazu wahren "sei nicht so faul und geh gefälligst für dein Geld arbeiten" Tja kann ich nur zurückgeben. Sie selber rührte keinen Finger für das Geld, das sie täglich ausgab.
Ich konnte nur hoffen, dass es morgen nicht die ganze Schule wusste."Sag mal geht es dir gut" fragte sie und umarmte mich bemitleiden, doch zuckte schnell wieder angeekelt zurück, als sie sich daran erinnerte wie ich aussah.
"Braucht deine Familie Geld? Du weißt doch ich könnte dir doch Geld borgen. Wieso tust du dir denn sowas an?"Ich sah sie nur an ohne im geringsten zu wissen worauf ich zuerst antworten sollte und ob ich überhaupt antworten wollte.
"Keine Sorge, mir geht es gut" dass muss ich aber heute ziemlich oft sagen. Wieso kümmern sich plötzlich alle so um mein Wohlergehen? "Ich wollte nur mal was neues ausprobieren"
"Warum gehst du dann nicht einfach shoppen oder von mir aus auch Klippen springen?""Ich möchte es einfach so" sagte ich einen Ticken zu laut. Viele Leute um uns herum sahen mich jetzt merkwürdig an. "Wie du meinst..." sagte sie und sah sich noch einmal um bevor sie wieder die Nase rümpfte.
"...aber ich muss hier raus ich merke schon wie sich dieser fettige Geruch in meine neue Jacke einnistet""Wir sehen uns" stieß ich zähneknirschend hervor und gleich darauf verließ sie das Diner wieder.
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Broken
RomanceLiana ist gefangen in einer Welt aus Hass. Ihr Vater ist eigentlich nie Zuhause und ihre Stiefmutter erniedrigt sie so oft sie nur kann. Doch außerhalb ihres Zuhauses versteckt sie ihre Probleme hinter einer Maske aus Makeup und Arroganz nur Ryan, d...