Vor fünf Jahren:
Feierlich wurde die neue Eingangshalle des Krankenhauses eingeweiht. Überall Reporter und Fotografen, Ärzte, Pfleger und wir Auszubildenden und Studenten.
Mir war die Lust vergangen. Eigentlich hatte ich zum ersten Mal nach Finn Morgan ein Date, doch er hatte mich auf schäbige Weise versetzt und anschließend in allen Netzwerken blockiert. Mein Selbstbewusstsein war also wieder bei Null.
"Was ist denn los?" Dad kam zu mir. "Kümmere dich nicht um mich, Dad. Es ist dein Abend." "Und du bist mein Sohn. Ich habe einen großen Fehler gemacht, welchen ich nicht wieder gut machen kann, aber ich werde garantiert nicht wieder einen Fehler machen, und dich alleine lassen, wenn ich sehe, dass es dir schlecht geht." Ich verdrehte meine Augen. "Du solltest lieber deine Rede halten. Ich bin kurz auf Toilette und wehe, du folgst mir oder schickst Milo oder Nate oder sonst jemanden hinterher!", zischte ich und ließ ihn einfach stehen.
Auf der Toilette atmete ich tief ein und aus, stützte mich auf dem Waschbecken ab und sah in den Spiegel. "Man, bist du fett geworden", erwiderte ich zu mir selbst. Zumindest sah ich heute nicht wie eine lebende Leiche aus.
Dann fiel mein Blick auf eine Kamera vor mir, welche auf dem Sims lag. Sie hatte so ein riesiges Ding dran- ich glaube, man nannte es Objektiv, sicher war ich mir nicht.
"Als fett würde ich dich nicht bezeichnen." Erschrocken sah ich in den Spiegel. Hinter mir stand ein Mann. Als erstes fiel mein Blick auf diesen sehr gut durchtrainierten Oberkörper mit diesen unglaublich vielen Tattoos. Der Eisvogel auf dem Oberarm interessierte mich am Meisten.
"Warum hast du nichts an?", fragte ich und drehte mich um. "Ähm, ein Teenager ist in mich gelaufen. Sein Wasser ist auf mich gekippt. Ich vermute, er ist blind. Zumindest trägt er so eine Armbinde und einen Stock." Ich schmunzelte. "Klingt nach meinem Bruder." Normalerweise passierte Kayden so etwas nie. Seltsam...
"Aber scheinbar hat es etwas Gutes, dass mein Date mich versetzt hat und der Junge in mich hinein gelaufen ist." Der Mann trat näher. "Ich bin Matthew. Matthew Gray Morningstern."
Noch immer sah ich ihn an. Er schien perfekt zu sein. In jeder Hinsicht. Diese schwarzen Haare, perfekt hoch gestylt, diese eisblauen Augen, diese Grübchen und Muskeln. Und wie groß war er Bitteschön? Zwei Meter? Ja, das konnte hin hauen. Nathaniel war auch so groß!
"Wie kann man jemanden wie dich versetzen?", fragte ich sprachlos und angezogen von seiner Schönheit. Matthew lachte und zuckte mit den Schultern. "Verrätst du mir deinen Namen? Immerhin weißt du nun Meinen."
Matthew zog sein Hemd an und knöpfte es zu. Noch immer schimmerten die Tattoos durch den weißen Stoff.
"Spencer James", antwortete ich dann und wandte meinen Blick ab. "James? So wie der Klinikleiter? Also trittst du in seine Fußstapfen und studierst Medizin." Fast richtig. "Nein. Dafür bin ich nicht klug genug. Ich mache eine Ausbildung. Er zwingt mich dazu."
Ich sah auf die Kamera und nahm sie schlussendlich in die Hand. Ganz schön schwer, das Teil! "Vorsicht, Vorsicht. Das ist mein Baby." Matthew legte seine Hand an meine, die andere an das Objektiv. "Du bist Reporter", schlussfolgerte ich. "Nein, dafür bin ich nicht gut genug. Ich fotografiere freiberuflich. Allerdings zwingt mich niemand dazu."
Matthew lächelte. Er schien perfekt weiße Zähne zu haben. Hatte er überhaupt etwas an sich, was nicht perfekt war? "Wie meinst du das?" "Ach, nicht so wichtig. Ich sollte wieder in die Halle. Der Leiter hält ja gleich seine Rede." Ich nickte. "Hat mich gefreut, ich hoffe, man sieht sich noch mal." Matthew lächelte und verließ die Toiletten.
Was war das denn Bitteschön für eine Begegnung?
Kopfschüttelnd verließ ich ebenfalls die Toiletten und stellte in der Eingangshalle fest, dass es hier ziemlich voll geworden war.
Sofort klopfte mein Herz schneller, meine Finger verkrampften sich. Ich musste tief ein- und ausatmen. Immer und immer wieder atmete ich tief ein und aus. Doch es half nichts, mein Hals war wie zugeschnürt.
Ich musste hier raus!
Schnell drängte ich mich an den Menschen vorbei und lief Richtung Ausgang.
Gleich geschafft!
Die Tür öffnete sich automatisch und schon stand ich an der frischen Luft. Erleichtert atmete ich aus und lief zur nächsten Parkbank, um mich zu setzen.
Dann liefen die ersten Tränen über meine Wangen. Was war nur aus mir geworden?!
"Ist alles okay?" Ich zuckte total zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. "Nicht anfassen!" Ich sprang auf und drehte mich um. Es war Matthew.
"E-es tut mir leid. Ich habe dich flüchten sehen. Dir geht es nicht gut, oder?" "Lass mich einfach in Ruhe!", fuhr ich ihn an und lief los.
Ich lief einfach wahllos irgendwo hin. Mir war es egal, dass ich nur im T-Shirt durch die Straßen irrte. Es war kalt und nass, doch zurück gehen würde ich nicht.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass ich verfolgt wurde, also beschleunigte ich meine Schritte, doch diese Person klebte wie ein Schatten an mir.
Also drehte ich mich mit Herzklopfen um.
"Matthew? Warum verfolgst du mich?" "Ich bin nicht so bescheuert und lasse jemanden so herum irren. Mein Hotel ist gleich da vorne. Möchtest du einen Kaffee? Oder Tee? Dann kannst du dich aufwärmen und anschließend bringe ich dich nach Hause. Wie klingt das?" Matthew trat näher und legte seine Lederjacke um meine Schultern.
Ich wusste nicht, warum, doch ich willigte ein. Ob ich die Nacht überleben würde, war zwar unklar, denn er konnte auch genau so gut ein Serienkiller sein, aber zu verlieren hatte ich nichts mehr.
Meinungen?😁
DU LIEST GERADE
Troublemaker | manxman
RomanceIch hatte mein Leben nach etlichen, traurigen Jahren endlich in den Griff bekommen. Mit 24 Jahren hatte ich endlich eine Ausbildung angefangen, da ich endlich über den Unfalltod meiner Schwester hinweg gekommen war. Ich war Krankenpfleger im Kranken...