00. Prolog

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"Look
If you had
One shot
Or one opportunity
To seize everything you ever wanted
In one moment
Would you capture it
Or just let it slip?"  


Eminem - Lose Yourself



< N I A L L >


Es war verdammt kalt für einen Märzabend.

Fröstelnd lief ich im Regen von der Subway Station an der 138. Straße in Richtung 141. Straße, meinem Zuhause. Obwohl ich meine Finger tief in den Taschen meines Hoodies vergrub, fühlten sich diese klamm an. Da half es auch nichts, dass ich sie gerade eineinhalb Stunden trainiert hatte.

Schon von weitem erblickte ich Onkel Colins grauen, halb durchgerosteten Wagen, der vor dem Haus parkte. Er beehrte uns also mit seinem Besuch, na toll. Einen Moment hielt ich inne, suchte in den Taschen meiner Jogginghose nach Feuerzeug und Zigaretten und zündete mir eine Kippe an, bevor ich das Haus erreichte. Nervös nahm ich einen tiefen Zug, denn wenn Colin auftauchte, gab es meistens Ärger.

Nur zu gerne spielte er sich als meinen Vaterersatz auf und das ging mir gehörig gegen den Strich.

Nach zwei weiteren tiefen Zügen schnickte ich die Kippe auf den vor Nässe glänzenden Asphalt und fummelte den Haustürschlüssel aus der Bauchtasche des Hoodies hervor. Kaum drehte ich diesen im Schloss, vernahm ich die Stimme meiner Großmutter: „Niall, bist du das?"

„Natürlich, wer soll es denn sonst sein? Dein Hausfreund vielleicht?", zog ich sie auf.

„Sei nicht so frech. Dein Onkel ist da."

Mir lag es auf der Zunge zu sagen, dass er wieder verschwinden könnte, aber ich verkniff mir die Bemerkung. Großmutter konnte nichts für ihren missratenen Sohn.

„Wo kommst du denn jetzt her?", wollte er wissen.

„Eigentlich geht dich das nichts an, aber um des Friedens willen, ich war bei Agnes."

Onkel Colin schnaufte erbost: „Du solltest lieber sehen, dass Geld ins Haus kommt, anstatt diesem Schwachsinn zu frönen."

Sofort kam die Galle in mir hoch: „Was geht dich das an?"

„Eine ganze Menge. Ich fütterte dich schließlich durch."

Das war gelogen und er wusste es. Nan verdiente Geld und ich hielt mich neben der High School mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Colin bezahlte lediglich die Stromrechnung und das tat er nicht immer verlässlich.

„Steck dir deine Kohle sonst wo hin", zischte ich. „Nan und ich kommen auch so klar."

„Was hast du gesagt?" Mit zwei Schritten war er bei mir und packte mich bei den Schultern. In diesem Moment sah ich rot. Ich war im Begriff den Arm zu heben und auf ihn einzuschlagen, aber Colin war verdammt schnell. Er erkannte meine Absicht und ehe ich die Chance hatte, auch nur einen Schlag abzugeben, sah ich seine Faust kommen.

Sie traf mich gezielt im Gesicht, an meinem linken Auge. Für einen Moment sah ich nur Sterne, da hörte ich Großmutter schreien: „Verschwinde aus meinem Haus, Colin! Sofort!"

Bevor ich mich aufrappeln konnte, war der Bastard verschwunden. Wutschnaubend wollte ich ihm hinterher, doch Großmutter stellte sich vor die Tür.

„Geh weg, Nan, lass mich durch."

„Nein." In ihrer rechten Hand hielt sie einen Regenschirm, in der linken einen Baseballschläger. Sie stand wie ein Fels und wenn ich sie beiseite stieß, würde ich ihr unweigerlich wehtun. Etwas, was ich niemals freiwillig tun wollte. Außerdem tat mein Auge höllisch weh und ich hatte keine Ahnung, in welche Richtung Colin abgehauen war.

„Scheiße", sprach ich laut und deutlich. Dann drehte ich mich auf der Stelle um und ging ins Badezimmer. Im Spiegel betrachtete ich mein Gesicht und stellte dabei fest, dass mein Auge geschwollen war und sich bläulich verfärbte.

Großmutter folgte mir, holte einen Waschlappen, drehte das kalte Wasser auf und hielt mir schließlich den nassen Lappen hin: „Hier, wringe ihn aus und leg' ihn auf das Auge. Ich muss schauen, ob ich einen Kühlakku finde."

Der fand sich zwar nicht, aber dafür eine Ladung crushed Ice im Gefrierfach des Kühlschranks. Ich stopfte dieses in den Waschlappen und presste ihn vorsichtig auf mein lädiertes Auge.

„Dieses Schwein", knurrte ich, „irgendwann schlage ich ihm die Zähne ein."

„Schlagen ist keine Lösung", mahnte meine Großmutter. „Oder willst du dich mit ihm auf eine Stufe stellen?"

„Pff", machte ich nur.

„Ja, ich weiß, er ist mein Sohn, dennoch ist er missraten."

Gequält lachte ich auf: „Missraten? Er ist der Teufel persönlich. Dagegen ist Mum eine Heilige."

Mittlerweile lag ich auf dem Sofa und checkte meine WhatsApp Nachrichten. Innerhalb von Sekunden begann mein Herz zu rasen. Liam hatte mir geschrieben: „Ziehe das heute Abend durch. Wünsch mir Glück."

Alarmiert sprang ich auf und rief: „Nan, ich muss nochmal schnell weg!"

Eine Minute später stand ich bei Louis vor dem Haus und hämmerte gegen die Tür. Er wohnte nebenan und seit ich denken konnten, waren wir Freunde.

„Louis, mach auf! Ich glaube Liam baut gerade Scheiße!"

Mit einem Ruck öffnete sich die Tür und ich blickte in Louis' entsetztes Gesicht: „Wo ist er?"

„Komm, ich weiß, wo wir ihn suchen müssen."

Hektisch zog ich ihn mit mir und zu zweit stolperten wir durch die nassen Straßen.

Laternen flackerten und ab und zu sah man eine, die komplett den Geist aufgegeben hatte. Die Sirene eines Polizeiwagens dröhnte in meinen Ohren, doch niemand kümmerte sich um den Lärm. Nachts, in der South Bronx, gehörte das zum Alltag, wie eine morgendliche Dusche. Doch ab diesem Zeitpunkt hätte mir klar sein müssen, dass ich zu spät kam.

Mein Herz klopfte wie verrückt und mit jedem Schritt verstärkte sich das flaue Gefühl in meinem Magen. Wir rannten um die nächste Ecke, Regen peitschte mir ins Gesicht und hilflos musste ich mit ansehen, wie die Bullen Liam vor dem Spirituosenladen auf die Motorhaube ihres Wagens klatschten und ihm Handschellen anlegten.

In diesem Moment packte Louis mich: „Los, komm, wir müssen hier weg!"

„Nein! Ich kann Liam jetzt nicht im Stich lassen!"

Mit aller Kraft versuchte ich mich aus Louis' Umklammerung zu befreien. Er hing an mir wie in Pitbull auf Koks und obwohl er nicht zu den Stärksten gehörte, schaffte ich es nicht, mich loszureißen.

„Liam, nein! Lasst ihn los", keuchte ich.

Meine Stimme ging im Donnergrollen unter und das Letzte, was ich von meinem Cousin sah, war, wie man ihn in das Bullenauto verfrachtete.

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Sooooooo, Prolog ist da!

Das wird auf jeden Fall keine Geschichte mit Einhörnern und rosa Wolken xD

Was denkt ihr?

Sicher habt ihr viele Fragen, aber die werden im Laufe der Geschichte beantwortet.

Ich freue mich sehr über jeden, der hier liest und hoffe auf einen regen Austausch. Und mit Austausch meine ich nicht das blinde Konsumieren, Voten und gut ist, sondern INPUT in Form von Kommentaren. Dafür bin ich hier, denn ich liebe den Austausch mit den Lesern. Bitte nehmt euch meine Worte zu Herzen, denn wir Autoren haben nichts anderes, mit dem man uns füttern kann.

Ich werde versuchen, das neue Kapitel so schnell wie möglich hochzuladen. Es ist schon in Arbeit.

LG, Ambi xxx

SOUTH BRONXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt