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 Sie wusste, es war vorüber. In dem Moment, in dem der Pfeil ihren Bogen verließ, wusste sie, es war vorbei. Die Sehne surrte noch, als er einschlug. Kalte Luft füllte ihren Brustkorb. Arthur Pendragon fiel zu Boden.

 Für Nyth, dachte sie. Sie konnte sie nicht zurück ins Leben holen, aber den Mann töten, der sie getötet hatte. Sie flüsterte ein kurzes Gebet, schickte es zu Nyth, folgte ihm mit ihren Augen in den Himmel. Auf dass es sie finden mochte.

Plötzlich zogen sich schwere Wolken zusammen. Der Himmel verdunkelte sich. Ein Schrei rollte über das Schlachtfeld. Blitze zuckten über den Himmel. Schlugen nieder. Ethel schlug die Hand über dem Mund. Sah mit Horror, wie ihre Krieger getroffen wurden, zu Boden gingen. Das Schlachtfeld brannte. Es rauchte, stank, nach Rauch und Verderben. Es blitzte, wieder und wieder. Donnerte, toste. Die Welt schien über ihnen zusammenzubrechen. 

Am Rand der Klippen stand ein Mann im Nebel, zu weit entfernt, um ihn erkennen zu können. Nur das goldene Feuer seiner Augen - und ihre Krieger fielen. Er war es. Er-

Sein Blick wandte sich. Sah sie nun an, den Bogen in ihrer Hand. 

Lautes Krachen. Ein Blitz zuckte auf sie nieder. Sie spürte, wie sie zu Boden fiel. Den nassen, kalten, blutgetränkten Grund unter sich. Dann nichts mehr. Ein hohes Schrillen in ihrem Ohr, ihrem Kopf. Ihrem ganzen Körper. Sie merkte erst, dass sie schrie, als ihre Kehle schmerzte. Sie rollte sich zusammen, umklammerte ihre Knie, drückte sie an die Brust. Da begann die goldene Greifenfeder, die um ihren Hals hing, zu leuchten. Zog an der Kette, schob sich unter der ledernen Rüstung hervor.

Ethel atmete tief ein. Folgte der Feder, die sie auf die Füße zog, in die Luft hob. Das Zittern ihrer Knie verschwand. Sie griff nach der Feder, spürte die Magie, die durch sie floss, als sie die Finger darum legte. Langsam glitt sie zu Boden. Nahm einen tiefen Atemzug und beobachtete, wie die Welt um sie herum zerfiel.

 Sie war eine Überlebende. Ob sie wollte, oder nicht. Sie war eine Überlebende. Eine Kämpferin. Und sie würde kämpfen. Sie würde einen Weg finden. Sie überlebte.

Das sagte sie sich, immer wieder, während sie ihre Armee sterben sah. Ihre Begleiter, ihre Freunde. Ihre Brüder und Schwestern. Sie sagte es sich, als sie kamen, um sie gefangen zu nehmen.

 Sie wehrte sich nicht. Selbst mit den wenigen Kriegerinnen und Kriegern, die noch im Lager warteten, würden sie keine Chance stehen. Es waren zu viele.

„Sieh an, wen ich hier gefunden habe!", rief einer der Ritter Camelots. „Wenn das nicht die Prinzessin des Nordens ist!"

Er studierte ihren Blick. „Wirst du versuchen, gegen mich zu kämpfen, oder dich einfach ergeben? Ihr habt keine Chance, Eure Majestät.", lachend verbeugte er sich vor ihr.

 Sie warf ihm ihren Bogen zu Füßen.

„Gutes Mädchen.", sagte er und nahm ihre ausgestreckten Handgelenke, um ein Seil darum zu binden. Er stank nach Schweiß, Blut und Matsch klebten ihm in Gesicht und braunem Haar.

 „Bringt es schnell hinter Euch.", zischte sie.

Er schmunzelte. „Das sagen sie normalerweise nicht zu mir."

Er beendete den Knoten, bevor er ihr in die Augen sah. „Ist das etwas, das ihr im Norden macht? Mögt ihr das?"

Mit dem Daumen wischte er sich über die nasse Stelle, rieb ihn dann an ihrem Ärmel trocken.

 „Lass gut sein jetzt.", rief ihm ein anderer zu. „Da sind noch ein Duzend mehr."

„Aber ich dachte einer Prinzessin schenkt man besonderer Aufmerksamkeit. Was soll ich mit ihr machen?"

Sie schnaubte.

„Bring sie einfach zurück ins Camp. Dort werden sie es schon wissen."

Sie waren nicht dumm genug, sie mit ihrem Gefolge sprechen zu lassen. Stumm schob man sie über das Schlachtfeld, zwischen den toten Körper ihrer Kämpfer hindurch, ließ sie darüber steigen. Über die feindliche Linie, in das Lager unter der roten Flagge. Sie biss sich in die Wange, bis sie Blut schmeckte. Man fesselte sie an einen Pfahl innerhalb eines Zeltes, zwischen Kisten und Fässern. Vielleicht, um sie vor Regen und Kälte zu schützen, vielleicht, um neugierigen Blicken fernzuhalten. 

Am nächsten Morgen war ihr Mund staubtrocken. Ihr Rücken schmerzte von der Nacht im Sitzen, ein dumpfer Schmerz durchzog ihre verspannten Schultern. Der Eingang des Zeltes öffnete sich. Ein Sonnenstrahl schlüpfte hindurch, blendete ihre Augen. Sie wandte den Blick ab. Sah die Umrisse der Männer erst, als sie vor ihr standen.

 „Steh auf!", blaffte einer.

Sie könnte es schaffen, einen zu überrumpeln. Seine Waffe ziehen, den anderen erstechen. Fliehen-

 Doch sie würde nicht weit kommen. Bis vor das Camp, wenn sie sich geschickt anstellte. Leise schlich. Oder schnell rannte. Wenn sie eines der Pferde nehmen konnte-

Sie zerrten sie auf die Füße. Sie schluckte den Knoten in ihrem Hals hinunter. Den Teil in ihr, der danach schrie, etwas zu tun. Zu rennen, zu fliehen, zu kämpfen - sich ihren Weg in die Freiheit zu schlagen und dabei das ganze Lager in Schutt und Asche zu legen. Aber wohin sollte sie noch gehen?

„Wir werden dich jetzt losbinden.", sagte einer der beiden Männer. „Und du wirst ganz brav mit uns mitgehen. Wir stellen dich vor deine Leute und du wirst das hier vorlesen."

Er drückte ihr einen Zettel in die Hand.

„Was, wenn ich das nicht tue?", fragte sie, die Stimme fest. 

 Der andere packte sie am Arm, zeigte ihr den Dolch, der in seiner zweiten Hand lag. „Ich fürchte, du wirst keine große Wahl haben."

Sie nickte. Die beiden Ritter flankierten sie, rechts und links, bereit, jederzeit zuzupacken. Sie traten aus dem Zelt. Einen breiten Weg entlang. Die Krieger, die am Rand standen, flüsterten, als sie an ihnen vorbeigingen. Manche schlossen sich der kleinen Gruppe an, hinauf auf eine Anhöhe.

Die Sonne stand am Himmel, trotzdem wehte ein kühler Wind. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht zu zittern. Setzte kraftvoll einen Schritt vor den anderen. Oben angekommen blickte sie auf die Männer hinab. Ihre Männer - gefesselt, geknebelt, gebrochen. Im Schlamm kniend unter der Flagge der Pendragons. Sie atmete tief durch. Zog das Papier hervor. 

„Hiermit erkläre ich-", las sie, „Prinzessin Ethel Ardeyn von Rafgard, diesen Krieg für beendet. Wir unterliegen den Streitmächten Camelots. Ich rufe alle meine Krieger dazu auf, ihre Waffen niederzulegen. Das nördliche Königreich hat diesen Kampf verloren." Ihre Hände zitterten. Wut durchdrang sie, bevor sie die nächsten Worte sprach. „Wir beugen unser Haupt vor König Uther und der Kraft Camelots."

Sie lies den Zettel los. Der Wind riss ihr das Papier aus den Fingern, wirbelte es hoch durch die Luft, bevor es langsam zwischen den Ritter hinabsank und vor ihren Füßen in den Schlamm fiel. 

A Tale of Destiny and Doom (BBC MERLIN Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt