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 Der beißende Geruch war nicht das schlimmste. Auch nicht die Kälte, die schon vor Tagen in ihre Knochen gekrochen war und sie seitdem nicht mehr loslassen wollte. Es war auch nicht der stechende Hunger, der sich in ein dumpfes Gefühl wandelte, ignorierte man den Schmerz lange genug, oder die trockene Kehle, die jeden Schluck zur Tortur werden ließ. Es waren auch nicht die wütenden Schreie, die ungehaltenen Schluchzer oder das verwirrte Gebrabbel, die durch die dicken Wände zu ihr drangen. Es war die Dunkelheit.

 Es war die ständige Dunkelheit, die einem das Zeitgefühl raubte. Die jedes leise Rascheln lärmig erscheinen ließ. Bei jedem Kratzen sprang sie im Schreck auf. Sie ließ einen paranoid werden. Die Dunkelheit fraß sich in die Seele und den Verstand, benebelte alle Sinne. Sie schien die Wände der kleinen Zelle aufeinander zu fallen zu lassen, der Raum wurde noch enger, als er es eh schon war.

Die wenigen Stunden, in denen zaghaft Licht durch den vergitterten Schacht über ihr fiel, vergingen viel zu schnell. Sie beobachtete wieder und wieder, wie das kleine, helle Rechteck sich von links nach rechts über den Boden schob, bevor es ganz verschwand. Das Fenster lag so hoch, das sie nicht hindurch sehen konnte, selbst wenn sie sich streckte und versuchte, sich an den Gitterstäben hinaufzuziehen. Vermutlich lag es zur Außenmauer hin, denn es waren keine Schritte zu hören, keine Stimmen, kein Hufgeklapper. Nur Stille und der Wind, der unnachlässig durch die Katakomben sauste.

Nach König Arthurs Besuch hatte Ethel beobachtet, wie der Lichtfleck von der einen Seite ihrer Zelle auf die andere gewandert war. Das nächste Mal, wenn es erschien, würde sie Königin werden. Oder sterben. Ihr Schicksal lag in seinen Händen.


 Es rumpelte vor der Tür ihrer Zelle. Sie schreckte auf. Noch war es dunkel, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Sie stand auf, die Schmerzen ihrer kalten, verspannten Muskeln ignorierend.

Metall klirrte, als sich ein Schlüssel im Schloss zu ihrer Zelle drehte. Dann öffnete sich quietschend die Tür. Das helle Licht einer Fackel blendete ihre Sicht, schützend hob sie den Arm vor die Augen. Die Lichtquelle wurde in die Halterung neben dem Eingang gesteckt. Erst jetzt konnte sie die Umrisse des Wachmanns erkennen, der langsam auf sie zu kam. Sie senkte den Arm.

Er reichte ihr einen Eimer mit Wasser, einige Kleidung. „Beeilt Euch.", sagte er nur, bevor die Tür hinter ihm wieder ins Schloss fiel.

 Das Wasser war kalt, als sie es sich in Gesicht und über die Arme liefen ließ. Sie sehnte sich nach einem richtigen Bad, um den Geruch von Krieg und Gefangenschaft von sich zu waschen. Sie flocht das Haar in einen Zopf, der ihr über die Schulter hing. Die Kleider waren einfach gehalten, aber sauber. Mit einem seltsamen Gefühl stieg sie aus ihrer ledernen Kampfausrüstung. Legte ein letztes Stück Heimat, Geborgenheit, mit ihr auf das staubige Stroh des Zellenbodens.

Ein Unter- und ein Überkleid. Ähnlich der, die sie in ihrer Heimat getragen hatte. Scheinbar war ihr Todestag heute nicht gekommen. Sie hatte den Tod nicht gefürchtet. Doch noch war auch sie nicht bereit, zu sterben. Der Wille, von dem ihr Geist in den letzten Tagen gezehrt hatte, kehrte in ihren Körper zurück. Ihre Bewegungen wurden ein wenig beschwingter.

 Sie zog gerade die letzte Schnur des Kleides zusammen, als sich die Zelle wieder öffnete. Die Wache hielt die Tür auf, wies ihr mit einem Nicken an, ihr Gefängnis zu verlassen.

Erst als sie den Obergrund erreicht hatten, die frische Luft in ihren Brustkorb drang, wurde ihr klar, wie stickig es in der kleinen Zelle gewesen war. Langsam ließ der Schmerz in ihren Schläfen nach und sie hob ihr Kinn ein Stück höher.

Der Mann führte sie durch Gänge und Treppen, auf verwinkelten Korridoren durch das große Schloss. Ethel versuchte, sich die Wege einzuprägen. Falls sie schnell entkommen musste. Rechts und links hielt sie nach möglichen Verstecken Ausschau. Nur falls Arthur Pendragon sich dazu entschloss, sie um ihrem Kopf zu erleichtern, sobald er ihr Erbe an sich gerissen hatte. Ein Risiko, dass sie tragen musste. Sie war das Schaf in der Löwenhöhle. Jeder Schritt, der sie eine Stunde länger am Leben erhalten würde, trat auf einem guten Weg. Und schaffte sie es nur für einen weiteren Tag oder zwei. Sie musste nur schlau und schnell genug zu sein. Sie würde überleben.

A Tale of Destiny and Doom (BBC MERLIN Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt