14. Benno

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Anstatt nachmittags wie sonst mit Benno zu trainieren hatte ich mir zwei andere, etwas ältere Deltas gesucht, die mich auf dem Trainingsplatz etwas auf Trapp hielten. Ab und an war es schon ganz angenehm, mal gegen andere Wölfe zu kämpfen. Immerhin hatte jeder seinen ganz eigenen Stil und während ich Benno mittlerweile schon wirklich gut kannte, war es mit anderen Wölfen doch noch mal etwas anderes, was meine Fähigkeiten nur noch weiter steigerte.

Ich atmete schwer, wich einem Angriff von links aus und konnte nur noch gerade so einem weiteren Angriff von rechts entkommen. Gegen einen Wolf zu kämpfen, war immer nochmal deutlich einfacher, als gegen zwei oder sogar mehrere. Man musste plötzlich auf viel mehr achten und konnte sich nicht nur auf ein Ziel konzentrieren. Mir gefielen solche Herausforderungen.

Daher war ich auch keinesfalls böse, als sich mein Trainer Kaspar kurzerhand in den Kampf einmischte, sich mit den anderen beiden Deltas zusammentat und sie mich gemeinsam angriffen. Nur schwer konnte ich gerade so den Kampf gewinnen und mich als starken Alpha profilieren. Die beiden Deltas verabschiedeten sich mit einem respektvollen Kopfnicken, ehe Kaspar mich gleich mit Lob überhäufte.

Dein neuer Elan gefällt mir wirklich gut, Iacob. Mach weiter so und der Alpahposten ist dein. Sein Wolf strahlte mir mit hechelnder Zunge begeistert entgegen und stieß mit seiner Schulter gegen meine. Er war ein gutes Stück kleiner als ich, aber das kam dem wendigen Kämpfer nur zugute, da er sich problemlos unter anderen Wölfen hinweg ducken und ausweichen konnte.

Der Posten ist so oder so mein antwortete ich gespielt lustlos, obwohl mich sein Lob schon sehr freute.

Hingegen meinen Erwartungen stimmte mir der Delta jedoch nicht zu, sondern hielt in seiner Bewegung inne. Er hatte den Kopf etwas schräg gelegt, sah mir abschätzend entgegen und schüttelte denn den Kopf, sodass sein helles Fell in der Bewegung hin und her wehte.

Auch, wenn du der rechtmäßige Nachkomme bist, wirst du um deinen Posten kämpfen müssen, Iacob. Dein Vater wird ihn dir nicht ohne Weiteres überlassen.

Der tadelnde Tonfall gefiel mir überhaupt nicht, sodass ich nur die Nase rümpfen konnte. Mein Großvater hatte meinem Vater auch einfach so das Amt übergeben. Warum genau musste ich darum kämpfen, wenn mein Vater mich ohnehin in diese Postion drängen wollte?
Er konnte kaum verlangen, dass ich auch noch für etwas kämpfte, das ich gar nicht erst haben wollte.
Oder zumindest noch nicht wollte.

Mein Vater hat das Amt auch einfach so bekommen antwortete ich beinahe eingeschnappt und ließ mich beleidigt auf die Hinterläufe fallen. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein.

Ja, weil dein Großvater krank war und das Ergebnis dieses Kampfes sowieso auf der Hand lag. Die Gefahr, dass Alpha Ansgar dabei stirbt, war zu hoch. Er gähnte angestrengt. Dein Vater ist nicht krank und noch dazu kampferfahren. Er wird dich sicherlich nicht einfach so seinen Posten übernehmen lassen, Iacob. Ich weiß es nicht sicher, aber ich kenne deinen Vater gut genug, dass ich nicht daran zweifle.

Ich schnaubte verärgerte und schüttelte ungläubig den Kopf.
Das konnte einfach nicht wahr sein.

Außer gegen meinen Gefährten hatte ich noch nie gegen einen anderen Alpha gekämpft. Die wenigen Trainingskämpfe mit meinem Vater vor einigen Jahren konnte ich kaum dazu zählen, wodurch ich mich als sehr unerfahren im Kampf gegen einen Alpha bezeichnen würde. Wie sollte ich also einen Kampf gegen meinen Vater gewinnen, der es mir sicherlich nicht einfach machen würde?

Wie zum Teufel soll ich gegen meinen Vater gewinnen, wenn ich keine Erfahrung im Kampf mit einem Alpha habe?!

Ein fast schon beschwichtigender Ausdruck legte sich auf Kaspars Züge, als er sich mir gegenüber ebenfalls auf seinen Hinterläufen niederließ. Dafür musste ich nun auf den kleineren Wolf hinunter sehen, dessen Rute auf dem staubigen Boden hin und her rutschte.

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