Kurz überlegte ich noch, ob ich nicht zuerst Janus suchen sollte, aber der Schock über das Geschehen saß momentan noch zu tief. Dank Neo konnte ich jetzt zumindest ein wenig verstehen, warum Janus so gehandelt hatte, wodurch ehrlich gesagt mein Groll auf ihn ein wenig nachließ. Immerhin durfte ich schlussendlich nicht vergessen, dass er doch ein wildes Tier war und daher nicht wusste, was richtig und falsch war. Ja, er hätte merken müssen und hat auch sicherlich gemerkt, dass es von meiner Seite aus nicht freiwillig war, aber ob er das überhaupt richtig einordnen konnte?
Ich versuchte mir gerade nicht allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen. In erster Linie musste ich mich auf den bevorstehenden Kampf mit meinem Vater konzentrieren.
Neo hatte vollkommen Recht. Wenn Janus Macht nachließ, bevor ich sie sinnvoll genutzt hatte, dann wäre das alles umsonst gewesen und das sollte es wirklich nicht sein.Außerdem konnte Janus meine Gefühle nun spüren und ich wollte ihn nicht allzu sehr das Gefühl geben etwas falsch gemacht zu haben, um ihn nicht noch von mir wegzujagen. Ich konnte nicht einschätzen, wie sein tierisches Ich auf meine momentan sehr verschobene Gefühlswelt reagierte, weshalb ich es lieber nicht darauf ankommen lassen wollte.
Ihn jetzt auch noch ganz zu verlieren, das würde ich wohl nicht überleben. Als er sich damals von mir fern gehalten hatte, war es schon schlimm genug. Nun waren wir aber im Gegensatz zum letzten Mal zumindest durch eine einseitige Markierung aneinander gebunden, wodurch es nur noch schlimmer werden würde.Noch am See verwandelte ich mich in meine Wolfsgestalt. Dabei spürte ich seltsamerweise wieder die Schmerzen, die vor allem junge Wandler bei ihren ersten Verwandlungen spürten. Für einen Moment fühlte ich mich regelrecht in die Vergangenheit zurückversetzt.
Meine Sehnen spannten unangenehm, meine Knochen knacksten laut und auch so dauerte die Verwandlung länger als gewohnt.
Mit einem Blick in die spiegelnde Seeoberfläche konnte ich auch schnell feststellen, warum.Obwohl ich keinen direkten Vergleich hatte, sah mein Spiegelbild deutlich größer und massiger aus, als erst gestern noch. Außerdem sah man in meinem dunkelbraunen, fast schwarzen Fell Janus Biss hell heraus leuchten. Den Biss konnte man auf der nackten Haut eines Menschen immer sehen und würde man das Fell eines Wolfes beiseite ziehen, würde man auch direkt auf der Haut die Narbe des Bisses sehen können. Dass sich das Fell an der Stelle, an der der Biss saß, plötzlich veränderte, hatte ich noch nie erlebt, aber direkt zwischen meinem Hals und meiner rechten Schulter waren nun die zwei, fast halbmondförmigen Gebissabdrücke von Janus Maul in strahlendem Weiß zu sehen und stachen durch mein dunkles Fell stark heraus.
Trotz der unschönen Umstände unserer Markierung verspürte ich stolz.
Ich war stolz darauf, einen so kräftigen Alpha an meiner Seite zu haben und Mein nennen zu können. Dass ich nun auch noch sein Mal tragen durfte und zwar nicht nur auf meiner Haut, sondern auch auf meinem Fell, erfüllte mich mit Stolz und stärkte mein Selbstbewusstsein ungemein.
Wenn Janus nun auch bald mein Mal auf seiner Haut und hoffentlich dann genauso auf seinem Fell trug, würde es mir gleich deutlich besser gehen.Schlussendlich hatte ich Janus Revier schneller als sonst durchquerte. Mit jeder Bewegung spürte ich das kräftige Arbeiten meiner Muskeln und Sehnen unter meiner Haut. Meine Schritte waren plötzlich viel kraftvoller und stärker. Meine Lunge atmungsaktiver und leistungsstärker und durch meine veränderte Körpergröße erschienen sonst weite Sprünge nun kinderleicht.
Ich hatte sogar das Gefühl, als hätte ich plötzlich mehr Kontrolle über meinen eigenen Körper als vorher.Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich wirklich, als wäre ich derjenige am längeren Hebel und als hätte ich wirklich eine reelle Chance gegen meinen Vater.
Ich wusste, dass es trotz allem ein harter Kampf werden würde und dass ich mir nicht allzu große Hoffnung machen durfte, aber ich war mir jetzt zumindest relativ sicher, dass der Kampf keine direkte Blamage werden würde, da ich dank Janus Kräften nun ein ebenbürtiger Gegner war.
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wild wolf ✓
WerewolfDer junge Alpha Iacob ist noch nicht bereit dazu, den Posten des Rudeloberhaupts zu übernehmen und bis Ende des Jahres, im November plant sein Vater seinen Rücktritt, erst recht nicht. Auf der Suche nach etwas Freiraum begegnet Iacob zufällig einem...