22. Frank

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„Dad darf davon nichts erfahren." Meine Stimme klang so streng und eisig, dass ich selbst davon überrascht war.

Frank hatte mich zum Mittagessen geweckt und obwohl ich ihm ansehen konnte, dass es ihm lieber wäre, wenn ich noch weiterschlafen würde, forderte er mich zum Essen auf. Er hatte tatsächlich Pizzaschnitten gemacht. Der Duft erinnerte mich an meine Kindheit und wie Frank die Schnitten immer mit Benno und mir zusammengemacht hatte. Und das so oft, dass ich das Gericht wohl sogar im Schlaf kochen könnte.

Mein Körper schmerzte noch immer. Blaue Flecken zierten so ziemlich jeder Stelle an meinem Oberkörper und mein Handgelenk war höchstwahrscheinlich verstaucht. Frank hatte mir Klamotten von sich gegeben, die zum Glück so groß waren, dass sie alle pikanten Stellen verdeckten und keine blauen Flecken durchblitzen ließen.

Frank sah von seinem Teller auf. Der unlesbare Ausdruck auf seinen Zügen ließ mich schon befürchten, dass er damit nicht einverstanden war, aber dann nickte er.
„Wenn du mir erzählst, was passiert ist."

Ich stockte augenblicklich und schüttelte abrupt den Kopf. „Das kannst du nicht verlangen."

„Das kann ich", antwortete der Beta ruhig und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Iacob, du bist für mich wie mein eigener Sohn und da kann ich nicht einfach wegsehen, wenn ich dich ohnmächtig und verletzt im Wald finde."

Ich schnaubte verärgert und wandte mich stattdessen lieber wieder dem Essen zu.

„Dein Vater wird von nichts erfahren, Iacob. Niemand wird etwas davon erfahren, was du mir sagst. Du hast mein Wort."

Ich hob meinen Blick wieder. Diesmal sah er mir nicht mehr ernst entgegen, diesmal stand ihm die Sorge praktisch aufs Gesicht geschrieben. Der Anblick war so ungewohnt, dass ich nervös schlucken musste und beschämt den Blick wieder senkte.

Frank sorgte sich um mich. Das hatte er immer.
Und das Wissen, dass es jemanden gab, der sich trotz allem noch wirklich um mich sorgte, sich für mich interessierte, ließ meinen Damm beinahe brechen. Die Tränen brannten bereits in meinen Augen und es kostete mich meine ganze Kraft, um nicht los zu heulen.

Ich atmete tief durch, ließ meinen Blick weiterhin auf meinem Teller gesenkt, während meine Finger mit der Tischdecke spielten.

„Ich habe meinen Gefährten gefunden."

Da war es. Mein Geheimnis, das ich so lange vor jedem verheimlicht hatte.

„Das ist doch super!", strahlte Frank daraufhin gleich. Seine Sorge war zwar noch zu sehen, wurde aber von seiner Freude deutlich überdeckt. „Einen Mann also? Einen Omega?" Das klang schon nicht mehr so enthusiastisch, aber ich wusste, dass es nicht daher rührte, dass Frank an sich ein Problem mit Omegas hatte, sondern, weil er nunmal wusste, wie mein Vater reagieren würde.

Dad würde durch die Decke gehen, wenn ich einen Omega nach Hause bringen würde.

Wobei ein Alpha sicherlich auch nicht besser war.

„Ein Mann, ja...", antwortete ich zögerlich. „Aber kein Omega."

Frank zog überrascht die Augenbrauen nach oben und legte den Kopf etwas schief. Seine Freude von eben war nun weit gefehlt. Er zögerte sichtbar einen Moment und sortierte offenbar seine Gedanken. Er hatte damit nicht gerechnet, das konnte ich ihm ansehen.
Damit hatte wahrscheinlich niemand gerechnet. Nicht einmal ich.

Bevor Frank jedoch etwas sagen konnte, redete ich weiter.
„Und so super ist es nicht, weil ich ihm das hier zu verdanken habe." Ich zeigte mit einer Handbewegung über meinen Körper hinunter und deutete damit auf meine Verletzungen hin. Frank verstand sofort, worauf ich hinauswollte und riss die Augen schockiert auf.

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