Die Trennung zu Janus machte mir mittlerweile wirklich zu schaffen. Ich konnte kaum noch eine Nacht ganz durchschlafen und quälte mich stattdessen weiter durch die Arbeit, um ein wenig Ablenkung zu haben. Leider Gottes hatte ich aber auch so viel Arbeit, dass ich wohl vierundzwanzig Stunden durcharbeiten könnte und trotzdem nicht einmal ansatzweise fertig werden würde. Ich erledigte eine Aufgabe und drei neue Aufgaben kamen gleich nach.
Frank griff mir selbstverständlich hilfreich unter die Arme, aber eigentlich war das hier mein Job und mein Vater hatte es immerhin auch irgendwie alleine beziehungsweise ohne so viel Hilfe von Frank geschafft.
Ich hatte nach nur zwei Wochen im Amt schon das Gefühl langsam zu versagen.Die Laune im Rudel war gleichbleibend hoch und auch jetzt trug noch immer jeder ein Lächeln auf den Lippen. Keiner hatte etwas an meiner Leitung auszusetzen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis auffallen würde, wie wenig ich mit meiner Arbeit hinterher kam. Das würde das Rudel an einem gewissen Punkt unweigerlich in den Ruin ziehen und das durfte nicht passieren.
Das würde erst recht zeigen, dass ich versagt hatte.Frank sah das alles nicht so eng, redete andauernd davon, dass es halb so schlimm war, wenn Arbeit liegen blieb und dass sich das mit der Zeit schon regeln würde. Es war selbstverständlich, dass ich gerade in der Anfangszeit noch langsamer arbeitete, was sich mit der Zeit und der Erfahrung jedoch ändern würde. Leider halfen mir diese Aufmunterungen kaum. Wenn überhaupt setzte er mich damit nur noch weiter unter Druck.
Durch die viele Arbeit hatte ich nicht einmal mehr die Zeit trainieren zu gehen und vernachlässigte an sich meine gesamte Bewegung. Ich verbrachte den lieben langen Tag nur in diesem Büro auf diesem unbequemen Bürostuhl. Das Höchste der Gefühle war der Weg in die Küche für eine Portion Essen oder meine abendliche Dusche.
Ein leises Klopfen riss mich aus einem Stapel Verträgen, die mir schon den halben Tag die Nerven raubten, wodurch ich überrascht den Kopf hob. Ich hatte nicht gehört, dass sich mir jemand genähert hatte.
„Hey", lächelte mein Bruder und hob ein Tablett auf seinen Armen zur Verdeutlichung etwas nach oben. „Ich habe dir einen Snack zubereitet. Du isst zurzeit so wenig." Kurz legte sich ein tadelnder Gesichtsausdruck auf seine weichen Züge, ehe er wieder zu lächeln begann und den Raum durchquerte.
Es war Balsam für meine Seele, Flynn so glücklich und sorgenfrei zu erleben. Das einzige, worüber er sich jetzt, wo unser Vater nicht mehr hier war, noch Gedanken machen musste, war die Farbe der Kinderzimmer und welchen Namen die zwei Racker bekommen würden.Nachdem unser Vater ihn jahrelang dazu verdonnert hatte, Tag ein Tag aus nur im Haus zu verbringen, dort für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen hatte und zwei Mal am Tag ein warmes Essen auf den Tisch bringen musste, hatte ich Flynn die freie Wahl gelassen, was er nun tun wollte.
Es wunderte mich nicht kaum, dass er sich dazu entschied, seinen Putzjob an den Nagel zu hängen und sich stattdessen aktiv ins Rudel einbringen wollte. Seit einer Woche kümmerte er sich nun mit einer anderen Omega und zwei Deltas um die jungen Wölfe im Kindergarten und blühte dabei noch weiter auf. Flynn war wirklich für die Arbeit mit Kindern geschaffen und zu sehen, wie liebevoll er mit den Welpen umging, zeigte mir deutlich, dass es auch seinen eigenen Kindern nie an etwas fehlen würde.
Mehrmals täglich für uns zu kochen und mit Kuchen und Torten aller Art zu verwöhnen, wollte er sich trotzdem nicht nehmen lassen.Sein Bauch hatte in den letzten zwei Wochen wieder deutlich an Umfang zugenommen, was man jedoch nur erkannte, weil Flynns Körper so schmächtig war und er noch dazu gerne enge Oberteile trug. Er war stolz auf seinen Babybauch und das zeigte er auch deutlich.
Ich war so froh, dass er sich nicht weiterhin einen Kopf darum machen musste, seine Schwangerschaft irgendwie zu verstecken und er sie stattdessen in vollen Zügen genießen konnte. Das allein war die ganze Arbeit, die ich mit der Rudelübernahme nun hatte, schon fast wieder wert.
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wild wolf ✓
WerewolfDer junge Alpha Iacob ist noch nicht bereit dazu, den Posten des Rudeloberhaupts zu übernehmen und bis Ende des Jahres, im November plant sein Vater seinen Rücktritt, erst recht nicht. Auf der Suche nach etwas Freiraum begegnet Iacob zufällig einem...