"Augen nach vorne, junger Kater!" Mit einem Knurren zwängte Blitz sich an Shadow vorbei, wobei sie ihn absichtlich anrempelte. Überrascht stolperte dieser beiseite.
"Entschuldigung.", rief er der gelben Kätzin mit der weißen Schwanzspitze nach, die ihn bewusst ignorierte. Enttäuscht und genervt wandte Shadow sich ab. Er hatte inzwischen begriffen, dass er sich nichts aus Blitz und ihrer Schwester Frost machen sollte. Jedes Training gaben sie ihm die härtesten Aufgaben und immer, wenn er gegen einen der anderen Lehrlinge verlor, musste er Moos sammeln oder die Jungen beaufsichtigen.
Plötzlich tauchte Dunkelheit an seiner Seite auf. "Shadow, kommst du?", miaute ihm die rotbraune Kätzin zu.
Shadow nickte heftig. "Natürlich."
Schnell eilte er über die Lichtung auf Rauch, Blut und Krähe zu, die bereits auf ihn warteten. Doch dann wurde er von Sichel aufgehalten. "Warte noch einen Moment.", flüsterte er ihm zu. Dann drehte der weißgrau-getigerte Kater sich zum Rest der Patrouille um. "Ihr müsst ohne ihn gehen. Düster hat noch eine weitere Trainingseinheit für ihn angeordnet."
Überrascht sah Shadow zu dem Kämpfer auf. Warum sollte Düster das tun? Hielt er ihn für zu schlecht?
Rauch seufzte, nicke aber, um ihr Einverständnis zu geben. Blut und Krähe warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu und die rote Kätzin mit den hellgrauen Tupfen zischte kaum hörbar, aber laut genug, damit Shadow es hören konnte: "Natürlich möchte er nicht, dass der Sohn seines Sohnes stirbt. So viel zu Gleichberechtigung!" Krähe antwortete zwar nicht, doch man konnte deutlich erkennen, dass er ihr zustimmte.
Shadow schien in seinem Pelz zu schrumpfen. Er hatte es sich nicht ausgesucht, mit Düster verwandt zu sein. Und außerdem brauchte er kein zusätzliches Training, er konnte auch so kämpfen. Als er Sichel das sagen wollte, hob der Kämpfer jedoch erneut zum Sprechen an. "Schleier wartet beim Felsen der sterbenden Sonne auf dich. Ich soll dich hinführen." Ohne auf eine Antwort zu warten, lief der weißgrau-getigerte Kater los und Shadow hatte Mühe, ihm zu folgen. Na toll, noch mehr Training...
Sichel gähnte ausgiebig, als die beiden Katzen das Lager verließen.
"Hast du schlecht geschlafen?", fragte Shadow höflich. Sichel schüttelte den Kopf.
"Gefühlt gar nicht." Er stockte, zögerte und warf Shadow dann einen bedeutungsvollen Blick zu. "Nicht nur ihr Lehrlinge habt Respekt vor den Aufträgen."
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Dicke Wolken zogen über den pechschwarzen Nachthimmel. Es waren weder Sterne, noch eine andere Quelle des Lichts zu sehen, es war Neumond. Aufgeregt tappte Shadow auf der Lichtung umher. Jeden Moment würde Düster ihnen den Befehl geben, auf die Jagd zu gehen. Auf die Jagd nach unschuldigen Katzen vom Stamm des Lichts. Was haben sie uns getan, dass wir jeden Mond eine Reihe ihrer Kämpfer und sogar Lehrlinge abschlachten? Gedankenversunken hielt der schwarze Kater an und betrachtete seine Stammesgefährten.
All und Tornado hatten die Köpfe zusammengesteckt. Offensichtlich sprachen sie über etwas, dass kein anderer hören durfte. Wahrscheinlich wieder einer ihrer verrückten Pläne., vermutete Shadow. So wie sie es jedes Mal am Neumond machen.
Weiter rechts standen Finsternis, Gewitter und Rauch. Während Gewitter erneut eine seiner Geschichten zum Besten gab, warfen Finsternis und Rauch sich gegenseitig einen Blick zu und rollten mit den Augen. Ganz hinten neben dem Lagereingang hockte Krähe, der sich verstohlen umsah. Auch er hatte jeden Neumond seine ganz eigene Strategie, um einen Mord zu begehen. Meistens waren sie unberechenbar und brutal.
Plötzlich ertönte Düsters Ruf und der Stamm der Nacht versammelte sich um die tote Esche. Shadow setzte sich etwas abseits hin, um nicht zwischen all den Katzen zur Seite gedrängelt oder weggeschubst zu werden. Düster hob zum Sprechen an: "Seit ewigen Blattwechseln lebt der Stamm der Nacht jetzt schon in diesen Gebieten. Unsere Vorfahren suchten nichts als ein Leben. Ein Leben, für welches es sich lohnte zu kämpfen. Und so sollte es sein. Wir führen ein Leben, so unvergleichlich schön wie die Nacht, doch sind wir nicht die einzigen, die es begehren. Der Stamm des Lichts versucht schon seit unserer Gründung uns unser Gebiet streitig zu machen und seit je her, müssen wir uns gegen sie behaupten. Doch was ist das Blut einer solchen Katze für ein Preis, wenn man dafür ein Leben in Frieden erhält?"
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Zeit der Wahrheit (Abgeschlossen)
Fanfiction"Es ist deine Bestimmung, Shadow! Je eher du das akzeptierst, desto schneller kannst du ihr Leben retten!" Sobald die Sonne untergeht, erwachen die Katzen der Nacht. Unter ihnen der junge Kater Shadow. Seine einzige Aufgabe ist es zu töten. Denn un...