Kapitel 25

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Das kann nicht wahr sein! Feuer bricht aus, und ganz zufälligerweise sind beide Ausgänge abgeschlossen? Und als wäre das noch nicht genug, schien das Gebäude auch noch menschenleer zu sein - bis auf Lorik, Fisnik und mich. Natürlich wird mir als Erwachsene dieses Trios, die Hauptrolle zuteil. Ich werde das alles ganz cool meistern und uns ritterlich aus der brennenden Burg bringen. Vor dem Kindergarten erwartet mich dann eine nicht enden wollende Applauswelle.

Auf den Applaus würde ich wahrlich verzichtet können, aber uns hier heraus zu bringen ... ja. Ja, der Gedanke war nur allzu willkommen, denn hier stank etwas gewaltig, und damit meine ich nicht den Geruch von Verbranntem, der hier in der Luft hing.


„Egi, ich hab Angst", sagte Fisnik auf einmal.


Die Jungs. Ich musste mich konzentrieren. Aber sagt, wie sollte das gehen, wenn Lorik nicht aufhören wollte zu weinen und der Rauch unaufhörlich näher kam? Raus hier - so viel war klar.

Ich nahm die Jungs an der Hand, rannte zu den Schlafräumen und schrie entsetzt auf, als ich sah, dass es dort schon lichterloh brannte.

Bitte lieber Gott, mach, dass da niemand drinnen war, betete ich stumm.

Fisnik begann nun auch zu weinen. Ich wusste nicht wohin mit meiner Panik. Ich hatte auf die Fenster im Schlafraum gehofft, und da die Gruppenräume nur mit Kippflügelfenster ausgestattet waren, blieb uns nur noch die Küche.

Während wir dort hin rasten, fiel mir aus den Augenwinkeln ein merkwürdiger Schatten auf. Ich ignorierte das jedoch, da ich dachte, meine Sinne würden verrückt spielen - was mir in dieser Lage nun wirklich niemand verübeln konnte.


„Hört auf zu weinen, wir kommen hier raus", versuchte ich die Kleinen zu beruhigen.


Wir erreichten die Küche und gleichzeitig fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Schnell öffnete ich das Fenster, hievte die Kinder auf die Arbeitsplatte und stieg dann selbst hinauf.


„Das ist zu hoch", jammerte Lorik ängstlich und rieb sich die Augen.

„Gib mir deine Hände, ich lass dich langsam runter."

„Aber -"


Ich ließ ihn gar nicht ausreden, sondern griff nach seinen Händen und schenkte ihm ein mutmachendes Lächeln. Ein Meter fünfzig war für ein kleines Kind nicht ungefährlich, aber ich hatte jetzt keine Zeit zum Diskutieren, denn so langsam aber sicher füllte sich die Küche mit Rauch.

Die Jungs husteten. Meine Augen brannten. Unglaublich, dass ich es schaffte einen kühlen Kopf zu bewahren. Vorsichtig ließ ich Lorik nun runter. Er plumpste weinend ins Gras. Der Garten lag auf der anderen Seite des Gebäudes, hier führte nur ein schmaler Weg Richtung Eingang.


„Alles okay, Lorik?", fragte ich den Kleinen.


Er nickte schluchzend.


„Das hast du toll gemacht", lobte ich ihn.


Jetzt war Fisnik an der Reihe. Ich nahm seine Hände und wollte ihn herunterlassen, als mir jemand von hinten gegen die Knie schlug, sodass ich zusammenklappte.


„Du miese Schlampe."


In dieser Sekunde wurde mir bewusst, dass dieser Brand kein Zufall war. Lenas Vater schleifte mich vom Tisch. Er beachtete den brüllenden Fisnik nicht, sondern schien voll und ganz auf mich fixiert zu sein - Gott sei Dank.

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