Dark Temptation - Im Schicksal vereint

❁ Ava ❁

Es sind Monate ins Land gezogen, seit ich James Vater erschossen habe.

Ich stehe mit einem Kaffee in der Hand am Fenster und schaue hinaus, als James zurück von seinem Lauf auf mich zu kommt, mir von hinten seine Arme um die Taille legt und sein Kinn auf meiner Schulter ablegt. Er sagt nichts, genauso wenig wie ich. Gemeinsam schauen wir hinaus.

Die Sonne küsst die Hügel und stellenweise sogar die Täler, die sich vor uns erstrecken. Hier auf den Syrbil Inseln inmitten des Atlantiks haben wir, gemeinsam mit Bob, Alan und Nikki Zuflucht gefunden.

Unser Haus gleicht einer Festung, mit Sicherheitskameras an jeder Ecke, einem extrem sensiblem System, welches Alan direkt nach unserer Ankunft installieren ließ. Eigentlich sollte ich froh darüber sein, das wir abgesichert sind, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl dass unser Leben nie wieder normal sein wird.

Ich atme hörbar aus und James greift nach meiner Tasse.

"Du denkst schon wieder zu viel nach." flüstert er dicht an meinem Ohr. "Lass mich deine Gedanken für eine Weile vertreiben."

Langsam schiebt er meine Haare zur Seite, küsst meine Schulter und fährt mit der Zunge über die empfindliche Haut.
Sein Geruch nach frischer Minze und Schweiß vom Lauftraining dringen in meine Nase. Es ist betörend.

Ich drehe mich um, sehe ihm in die Augen und lasse es zu, daß seine Lippen meinen Mund erobern. Seine Zunge plündert meinen Mund, führt einen energischen Tanz mit meiner eigenen auf. Seine Hände wandern meine Arme hinab, streicheln mich auf ihrem Weg, immer weiter hinab.

Ein räuspern lässt uns auseinander fahren.

Nikki steht an der Tür, schaut schüchtern zu uns herüber. Seit wir sie aus den Fängen ihres Zuhälters gerettet haben, haben wir alles daran gesetzt das er sie nicht findet. Sie hat sich schnell an ihre Freiheit gewöhnt, tanzt und lacht durchs Haus und ich vermute, das Alan sich in sie verliebt hat.

"Ich wollte nicht stören, aber es gibt Neuigkeiten. Alan sagt ich soll euch holen." sagt sie schüchtern, lächelt dann und dreht sich herum, um uns allein zu lassen. Ihr rotes Sommerkleid mit weißen Punkten schwingt ihren Bewegungen hinterher.

James greift nach meiner Hand, führt sie an seine Lippen und liebkost jeden einzelnen Finger, ehe er mich wieder ansieht. Gemeinsam schlendern wir aus dem Haus, schlagen den kleinen Kiesweg ein der direkt zu einem großen Pavillon, mitten auf dem Hügel führt. Der cremefarbene Stoff passt perfekt zu den dunkelbraunen Möbeln, die darunter Platz finden.

Bob liest die Tageszeitung, die er sich extra jeden Tag liefern lässt um auf dem laufenden zu bleiben. Er hat Nikki praktisch genauso wie mich aufgenommen, sieht sie mittlerweile als Tochter an und tadelt sie hier und da. Lächelnd beobachte ich den alten Mann, der mich und mein Leben stets beschützt hat.

Alan hat nur Augen für Nikki.

James lässt sich neben Bob auf einem Clubsessel nieder, zieht mich auf seinen Schoß und wartet bis Alan das Wort ergreift. Selbst er kann sich ein schmunzeln nicht verkneifen als er Alan und Nikki beobachtet, die etwas enger als sonst beieinander sitzen. Schließlich räuspert er sich um Alans Aufmerksamkeit zu bekommen.

"Äh, oh... Ja! Also..." beginnt Alan. Er wirkt total zerstreut. "2 Sachen... Ähm... Die gute oder die schlechte zuerst?"

James versteift sich unter mir. Wenn es um schlechte Nachrichten geht wird er immer direkt sehr wachsam und aufmerksam. Ich verstehe es. Kurz nachdem ich seinen Vater getötet habe und wir geflohen sind, offenbarte er mir das seine Erinnerungen allesamt wieder zurück gekommen sind. In jener Nacht weinte er, mit dem Kopf auf meinem Schoß gelegen, während ich immer wieder mit der Hand durch sein Haar strich.

"Jetzt sag schon...." murmelt Er Alan entgegen.

Alan fährt sich durchs Haar, ehe er spricht.

"Kurz nachdem.... Du weißt schon... Hab ich mein Sicherheitsteam angewiesen mal etwas in der Vergangenheit deiner Familie herum zu stochern. Ich weiß, du wolltest das nicht, aber ich wollte das wir vorbereitet sind auf... Naja alles." Nervös trommelt er mit den Fingern auf dem Tisch.
"Sie haben was gefunden. Etwas das ich erst nicht glauben konnte, bis ich die Beweise schwarz auf weiß vor mir hatte."

Er tastet die kleine Ablage ab, die sich rundum dem Tisch befindet und holt eine Akte hervor.

"Ich geb dir das. Aber nur wenn du versprichst, erstmal nichts zu unternehmen und das wir darüber reden." fordert Alan, blickt James dabei fest in die Augen.

James Gesichtsfarbe wirkt direkt bleich, als hätte er etwas verdorbenes gegessen. Bob sieht ihn mitleidig von der Seite an weil er es offenbar schon weiß. Ich kommentiere es nicht, lege meine Arme stattdessen um James Nacken und presse seinen Kopf an meine Wange.

Als die Akte über den Tisch geschoben wird räuspert Alan sich noch einmal. Widerwillig greift James danach, öffnet die Akte aber nicht gleich. Er betrachtet sie vorsichtig, legt seine Hand darauf.

"Ich bin da." flüstere ich, will ihn ermutigen.

Als hätte er diesen Anstoß von mir gebraucht, öffnet er langsam die Akte und starrt auf das erste Blatt, welches ganz oben liegt. Darauf sind lediglich die Initalien der Devill Familie zu sehen, sowie das Familienwappen. Ein Vogel, der mich stark an einen Phoenix erinnert der aus der Asche empor steigt, umgeben von Dornenranken und Blumen.

Hörbar atmet er aus, schiebt das Blatt dann zur Seite und starrt auf ein schwarz weiß Foto, welches 2 Frauen zeigt. Sie wirken müde auf dem Foto. Äußerlich sind sie fast nicht zu unterscheiden. Beide haben dunkle Haare und offenbar helle Augen.

James Herz pocht so stark, daß ich es durch den dünnen Stoff meines weißen Kleides spüren kann.

"Was...?!" bekommt er gerade noch so heraus, ehe seine Stimme versagt.

"Das...." sagt Alan... "Das sind Mary und Ele. Kurzform für Eleonore."

Er lässt eine Worte wirken, schaut sich in der Runde um. Ich bin verwirrt, verstehe kein Wort, genauso wenig wie Nikki. Bob senkt den Blick.

Dann steht Alan auf, dreht sich um und schaut aufs offene Meer hinaus. Als er wieder spricht wirkt er, als wolle er die Tränen unterdrücken die sich siegessicher ihren Weg an die Oberfläche bahnen.

"Mary und Eleonore Devill."