❁ Ava ❁

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Amelie ist wirklich sehr nett und geht behutsam mit mir um, als sei ich ein rohes Ei.

Sie führt mich in das riesige Badezimmer, in das auch gut und gern 20 Personen Platz finden würden.

Nach ein paar Fragen von ihr, wie ich heiße, welche Kleidergröße ich habe... Verlässt sie das Zimmer. Sie hat mir ein Bad eingelassen.

Meine Kleidung, so sagt sie, solle ich auf einen Stapel in die Ecke auf den kleinen Hocker legen.
Als ich mich also ausziehe, wird mir mehr und mehr bewusst das ich mich im Vorhof zur Hölle bewege. Doch was soll Ich tun?

Ich lasse mich in das dampfende Wasser in der Badewanne nieder, atme den Duft von Lilien ein und versuche mir einen Plan zurecht zu legen.

Nachdem ich die Badewanne verlassen habe, wickele ich mich in ein Handtuch ein und Amelie betritt den Raum. Sie greift nach meinen Klamotten auf dem kleinen Hocker, will sie gerade weg tragen als sie stehen bleibt und sich zu mir um dreht.

"Es tut mir sehr leid." sagt sie. Ich nicke ihr zu, wohlwissend das sie an meiner Situation nichts ändern kann ohne selbst Konsequenzen tragen zu müssen. Dann setze ich mich an den Schminktisch, der in einer Ecke des Raumes steht.

Amelie kommt wieder, stellt sich hinter mich und schnappt sich einen Fön. Sie beginnt spielend leicht meine Haare zu trocknen und legt sie in leichte Wellen ehe sie sich an mein Make-up macht.

"Sie sind sehr hübsch" flüstert sie. "Ich werde ihnen nicht viel Make-up auflegen. Ein wenig Wimperntusche und Eyeliner sollten genügen."

Sie macht sich sofort ans Werk und ehe ich mich versehe, bin ich fertig. Ein wenig wehmütig, weil die Zeit davon rennt, bin ich dennoch. Bevor sie meine Garderobe holt, öffnet sie eine der Schubladen am Tisch und sieht mich bedeutungsvoll an.

Ich sehe mir den Inhalt genau an. Es sind Haarnadeln. Manche davon mit spitzen Enden. Ich habe den Wink verstanden, greife nach einer nadel und verstecke sie in meinen Händen.

Amelie tritt herein und als ich das Kleid sehe welches sie bei sich hat, stockt mir der Atem. Es ist weiß und bodenlang, hat Spaghetti Träger und einen tiefen Ausschnitt. Um den Ausschnitt herum wurde mit feinster Spitze gearbeitet und ab der Taille verläuft sich das Kleid in teuerster Seide. Dazu hält sie die passenden Schuhe bereit.

Nachdem ich in das Kleid geschlüpft bin und die Schuhe an meinen Füßen habe, beginne ich zu weinen. Das hier ist doch eine einzige Farce.
Amelie streichelt mir den Rücken, sieht mich bedrückt an.

"Sie sind eine starke Frau. Jede andere wäre durchgedreht." flüstert sie.

"Was für eine Wahl habe ich... Selbst wenn ich fliehen kann, spätestens am Tor an der Einfahrt werden sie mich erschießen." sage ich, blicke ihr dabei direkt in die Augen.
Ich öffne meine Hand und zeige ihr die Haarnadel, bedanke mich stumm. Sie nickt.

Wenig später betritt der Fremde, der mich zuvor hierher gebracht hat das Zimmer. Seine leicht grauen Haare sind nach hinten gegelt und er trägt einen Anzug, der ihn fast wie ein Model aussehen lässt.

Er betrachtet mich still und suggeriert mir dann zu folgen.

Im Foyer angekommen, sehe ich, daß immer mehr Menschen den Raum füllen. Männer jeden Alters unterhalten sich gedämpft bei einem Glas Champagner, verstummen jedoch, als sie mich bemerken. Manche von ihnen nicken anerkennend, andere wiederum lecken sich die Lippen.

Wie ein Ausstellungsstück stehe ich herum. Es ist demütigend.
Dann sehe ich James und bin... Baff.

Er trägt einen schwarzen Anzug, mit weißem Hemd. Die obersten Knöpfe hat er offen gelassen, sodass man seine gebräunte Haut etwas sehen kann. Seine Haare sind gestylt und er trägt einen leichten Bartschatten. Er unterhält sich mit ein paar Leuten, ehe er mich entdeckt.

Er nickt den Leuten kurz zu, ehe er auf mich zu kommt. Ohne Aufmerksamkeit zu erregen flüstert er mir zu.

"Das Kleid steht dir wirklich ausgezeichnet."

Verdutzt sehe ich ihn an. In dieser wirklich schrecklichen Situation platziert er ein Kompliment?
Es ist so schräg, daß ich lächle und den Kopf schüttel.

"Tut mir leid wie ich im Hotel zu dir war." sagt James schließlich. Damit hätte ich nie gerechnet. Meine Hand berührt seine, drückt sie. Grün trifft auf Blau.

"Verehrte Gäste, ich heiße sie herzlich willkommen an einem wunderschönen Abend wie diesem."

James Vater zieht die Aufmerksamkeit aller auf sich.

"Wir befinden uns heute in einem weitaus intimeren Kreis des Vertrauens als sonst üblich und dies hat einen delikaten Grund.
Ich habe hier die junge, hübsche Ava de la Russo, 20 Jahre jung, blütenrein und die letzte der de la Russo Dynastie.
Lange Zeit galt sie als verschollen aber mit hochsensiblen Techniken und einer ausgezeichneten Beziehung zu der Justiz war es uns möglich, sie ausfindig zu machen.
Heute Abend gilt ihre Unberührtheit als Einsatz, also zögern Sie nicht und bieten Sie mit. "

Die Leute bejubeln diesen Mistkerl als hätte er die Welt gerettet. Mir wird übel. James hat sich unauffällig davon gemacht, steht jetzt in der Nähe seines Vaters. Sein Blick wirkt ernst, hart, fast so als gäbe er mir die Schuld für alles. Doch auch etwas weiches erkenne ich an seiner Haltung.

Viele der Männer treten an mich heran, begutachten mich als sei ich ein Gemälde das sie ersteigern können, manche davon berühren mich an Armen, im Gesicht, andere wiederum streifen unwirsch meinen Busen. Ich erdulde es, gerade so. Mein Blick wandert wieder zu James, der das ganze mit verfolgt. Sein Kiefer mahlt energisch.

Ich falte die Hände, schließe die Augen und schicke ein stummes Gebet gen Himmel.

Auf das mich jemand errettet.

Dark Temptation - Im Schicksal vereint Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt