3. Bucky

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Als ich wieder zu mir komme befinde ich mich wieder in derselben Zelle, wie zuvor. Kurz blicke ich mich um, wobei ich in einer Ecke ein schwarzes Stoffbündel entdecke. Mühsam rapple ich mich auf und torkle erschöpft darauf zu, bevor ich mich wieder setze und beides vorsichtig aufhebe. Es ist eine schwarze Hose und ebenso schwarzes T-Shirt. Der Stoff fühlt sich schützend dick und robust an, ist jedoch trotzdem sanft und weich auf der Haut. Ich blicke kurz zur Zellentüre, doch es scheint gerade niemand in der Nähe zu sein. Eilig reisse ich mir meine alten Kleider, welche immer noch eklig nass an mir kleben, vom Leib und schlüpfe in die frischen. Beides sitzt perfekt und der Baumwollstoff schmiegt sich angenehm an meine Haut an.

Ich setzte mich zurück in die Ecke der Zelle und kauere mich zusammen, wo ich angespannt vor mich hindöse, jedoch ohne richtig einzuschlafen. Stumm frage ich mich, ob ich hier wohl je wieder herauskommen werde und was diese Typen noch alles mit mir vorhaben. Ab und zu nicke ich dann schliesslich doch ein, schrecke jedoch gleich wieder auf, sobald Bilder aus der Vergangenheit und möglichen Zukunft, auf mich einströmen.

Nach einigen Stunden erscheinen wieder die zwei Typen von gestern in meiner Zelle und führen mich wortlos weg. Diesmal versuche ich gar nicht erst mich zu wehren... Nachdem wir einige male abgebogen sind, schieben sie mich durch eine Tür in einen grossen Raum und schliessen hinter mir wieder ab.

In der Halle erkenne ich mehrere Trainingsgeräte und Waffen. Etwas weiterhinten in der Trainingshalle entdecke ich einen Mann, der kräftig auf einen Boxsack einschlägt, während ich ängstlich bei der Tür stehen bleibe und ihn beobachte. Mit Erstaunen erkenne ich, dass der linke Arm des Mannes aus silbernem Metall mit einem roten Stern auf der Schulter, besteht.

Urplötzlich dreht er sich zu mir um und starrt mich hinter seinen schulterlangen, dunkelbraunen Haaren hervor an. Seine blau-grauen Augen mustern mich emotionslos und ich versuche mich ängstlich hinter meinen langen, schneeweissen Haaren zu verstecken. Meine strahlenden, flussblauen Augen habe ich dabei auf die schwarzen Stiefel gerichtet, die mir einer der Typen vor dem Verlassen der Zelle zum Anziehen gegeben hat. Plötzlich steht der Mann vor mir, was mich erschrocken zurückwichen lässt, da ich ihn nicht habe kommen hören. Voller Angst presse ich mich mit dem Rücken gegen die Wand. «B-bitte, tu mir nichts...», hauche ich und versuche meine Angst zu zügeln. Meine Stimme zittert trotzdem leicht und ich spreche etwas höher als gewöhnlich. Aus dem Augenwinkel sehe ich das Gesicht des Mannes. Bei meinen Worten scheint sich etwas in ihm zu regen. Er zuckt leicht zusammen und sein Gesicht nimmt einen leicht verwirrten Ausdruck an, bevor er irritiert den Kopf schüttelt und etwas zurückweicht.

Augenblicklich entspanne ich mich etwas, doch meine Schultern habe ich noch immer abwehrend nach oben gezogen. Meine ganze Körperhaltung drückt aus, welche Angst ich habe. Erneut drohen mir Tränen hochzukommen, doch ich reisse mich zusammen und blinzle sie eilig weg. Mit Ausnahme des Zitterns, das meinen Körper in Wellen überrollt, bin ich wie erstarrt. Selbst wenn ich wollte, könnte ich mich keinen Millimeter bewegen.

Vorsichtig hebt der Mann seine noch menschliche Hand. Hektisch suche ich nach einem Ausweg, doch ich habe keine Chance an dem Mann vorbeizukommen. Ganz langsam kommt er nun wieder auf mich zu. Ein leises Wimmern verlässt meine Lippen und ich kauere mich leicht zusammen, woraufhin der Mann kurz innehält und dann ganz vorsichtig weiter auf mich zukommt. Als er direkt vor mir steht, lasse ich mich endgültig an der Wand heruntergleiten und beginne vor lauter Stress, leise zu schluchzen. Behutsam kauert er sich vor mich hin und hebt mein Kinn etwas an. Ich weiche seinem Blick aus, während er mich mustert. Heftiges Zittern schüttelt meinen zarten Körper.

Nach ein paar weiteren Augenblicken, schliesst er dann die Lücke zwischen uns und nimmt mich vorsichtig in seine Arme. Ich versteife mich kurz, erwidere dann aber zögerlich die Umarmung und schluchze leise an seiner Schulter. Einige Minuten lang hält er mich schweigend fest und ich beruhige mich langsam, zumindest ein wenig. Vorsichtig lässt er mich wieder los – beinahe so als würde ich zerfallen, sobald er mich nicht mehr zusammenhält. Gelassen setzt er sich vor mich hin, lächelt sanft und sagt dann zum ersten mal, seit ich den Raum betreten habe, etwas. «Hey, Kleine. Wie ist dein Name? Ich heisse Bucky...»

Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und murmle dann leise: «Raven... Mein Name ist Raven.» Aufmunternd blinzelt er mich an und fragt daraufhin: «Wie alt bist du?» «14», antworte ich schlicht. So genau weiss ich es nicht, da ich ja nicht wirklich jemanden hatte, der für mich hätte zählen können, ausser mir selbst. Kurz entgleiten ihm seine Gesichtszüge und ich sehe das Entsetzen in seinen Augen. Er hat sich jedoch schnell wieder gefasst und fragt stattdessen: «Und was hast du angestellt, dass du hier gelandet bist?» Ich höre den Sarkasmus in seiner Stimme und ein leichtes Lächeln huscht über mein Gesicht. «Meine Wunden heilten schon immer schneller, als bei anderen Leuten...», ich stocke kurz und fahre dann ebenfalls sarkastisch fort, «Tja, jetzt heile ich jedenfalls noch schneller.»

Ich sehe den Schmerz, der über sein Gesicht huscht. «Die Schreie gestern... das warst du», spricht er seine Gedanken laut aus. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Trotzdem nicke ich schwach. «Es tut mir leid, dass du, dass erleben musstest...», murmelt er leise. Wir sitzen beide eine Weile schweigend da.

«Wer sind diese Männer und was wollen die von mir?», frage ich schliesslich, was mich schon die ganze Zeit beschäftigt. Bucky blickt auf und schaut mich eine Weile schweigend an. Schliesslich antwortet er langsam und vorsichtig: «Die Typen gehören zu einer uralten und weltverbreiteten Organisation namens Hydra. Hydras Ziel ist die Weltherrschaft. Sie führen immer wieder illegale Experimente an Menschen durch und erfinden ständig neue, noch gefährlichere und noch tödlichere Waffen.»

«Und was wollen die ausgerechnet von mir?», hacke ich nach als Bucky keine Anstalten macht mir diese Frage zu beantworten. Er verzieht gequält das Gesicht. «Ich habe den Auftrag dir das Kämpfen beizubringen. Also nehme ich an sie wollen das du dasselbe tust, wie ich...» «Und was tust du?», hacke ich zögerlich nach. Bucky steht ruckartig auf und ich zucke reflexartig zusammen. Schuldbewusst reicht er mir die Hand und hilft mit dann ebenfalls auf.

Bittend blickt er mich aus seinen hellen Augen an und flüstert: «Bitte glaub mir, ich will das nicht. Sie zwingen mich dazu. Ich habe keine Wahl. Hydra ist einfach zu mächtig. Ich bin nicht ich selbst, wenn ich das tue...» «Was tust du?», frage ich verwirrt. Bucky blickt beschämt zu Boden. «Ich räume die Leute aus dem Weg die Hydra gefährlich werden könnten...» Ich ziehe scharf die Luft ein. «Sie wollen das ich Leute umbringe?!», keuche ich. Bucky sagt nichts, sondern blickt weiterhin zu Boden.

«Wie schaffen sie es, dich dazu zu zwingen?», will ich wissen, doch Bucky wirbelt bloss herum, drückt mir eine Pistole in die Hand und schiebt mich eilig zum Schiessstand. Keinen Herzschlag später fliegt die Tür auf und die zwei Typen kommen zurück. Ohne ein Wort nehmen sie mir die Pistole wieder aus der Hand und schleifen mich mit sich. Hilfesuchend blicke ich zu Bucky, doch dieser steht einfach nur dort und blickt mir traurig hinterher.

Meine Wächter bringen mich in einen ähnlichen Raum, wie gestern. Immer mehr komme ich mir vor, als hätte man mich in einen Albtraum gesteckt und vergessen wieder aufzuwecken. Gewaltsam drücken sie mich in einen Stuhl und fixieren meine Arme und Beine, wie bereits gestern am Tisch. Hinter einem der vielen Schaltpulte entdecke ich Rumlow und einige andere Männer. «Löscht ihr Gedächtnis...», befiehlt er ohne Umschweife, woraufhin einer von ihnen die Maschine startet. So zwingen sie ihn also dazu..., denke ich noch bevor ein brennender Schmerz mein Gehirn zerfrisst.

Shadow and Ice: Die Vergangenheit als Begleiter  (Loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt