~Schmerz II~

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Leere. Was ist es an das ein jener denkt, wenn er an die Leere denkt? Schmerz. Was ist es, dass ein jener mit ihm verbindet? Kann Leere Schmerz verursachen? Kann Schmerz der Grund für die Leere sein? Eijiro kannte die Antwort darauf nicht als in ihm langsam das Bewusstsein zurück kehrte.

Das warme Licht der Kerzen erhellte den Raum in rot-gelben Farben. Das Himmelbett warf einen großen Schatten auf die davor liegende freie Wand, an der er sonst immer gekettet war. Sein Körper war zu einem Igel zusammen gekugelt. Wie ein Embryo kauerte er sich auf dem weichen Bett zusammen. Sein Rücken war gezeichnet von den Bestrafungen seines Meisters. Das Blut hatte aufgehört zu laufen, und bildete allmählich eine dünne Kruste auf seinem Rücken. Sein Rücken war dem Licht der Kerzen zugewandt, und seine Augen waren noch immer geschlossen als er nach einigen Stunden aufwachte.

Er erinnerte sich wieder daran. An die Schreie, die Hiebe, das Feuer. An den Geruch, der schwer wie Blei in der Luft hing. Der Schmerz auf seinen Rücken erinnerte ihn wieder daran, wie betäubt er jeden einzelnen Schlag hingenommen hatte. Wie er sie stumm und leidend ertragen hatte.
Katsuki hatte ihn ausgepeitscht. Ganze 15 mal hatte er ihn mit der Lederpeitsche gefoltert gehabt.
Dadurch das er seinen Körper so überstreckte, spannte sein Rücken ziemlich, doch er hatte nicht vor etwas an seiner Stellung zu ändern.

Er dachte zurück an Mina. Hörte immer wieder ihre stummen Schreie. Ihr verzweifeltes Wimmern und Winseln, als man ihr den Mund stopfte und sie dann bei lebendigen Leibe verbrannt hatte.
Was war er doch für ein Waschlappen. Wie jämmerlich war er eigentlich? Hier lag er nun, und weinte stumm vor sich her. Was bildete er sich überhaupt ein!? Während er bloß 15 Hiebe ertragen musste, hatte sie gebrannt. Sie war tot! Und nur Gott weiß welche Qualen sie gehabt haben muss.
Was fiel es ihm also ein, überhaupt herum zu stöhnen? Er war es doch der jetzt noch lebte!! Und nicht sie! Ihre Qualen mussten doch viel schlimmer gewesen sein als die seine!

Also reiß dich gefälligst zusammen Eijiro Kirishima! Reiß dich für sie zusammen!

Immer wieder wiederholte er diese Worte in seinen Gedanken. Doch die Tränen wollten nicht aufhören. Sie liefen immer weiter an seinen Wangen herab.

Ich bin so erbärmlich. Ich konnte sie nicht einmal retten! Dabei hatte ich ihr doch versprochen ...
Ich hatte doch-...Scheiße verdammt!!

Ein kleines Schluchzen verließ seine Kehle, als die Wut über sich selbst ihn zu übermannen drohte. Wenn er nur könnte, würde er sich selbst weitere 15 Hiebe verpassen!

„Du bist wach...", kam es leise genau neben ihn. Er spürte wie sich die Matratze unter ihm bewegte. Scheinbar lag Katsuki genau neben ihn. Doch er wollte ihn nicht ansehen. Er konnte nicht. Er konnte den Hohn darin nicht ertragen. Es wäre zu viel des Guten gewesen, wenn er jetzt auch noch einen Blick in diese kalten, hasserfüllten, Blutroten Augen werfen müsste, die ihn nur daran erinnerten dass er ja selber Schuld an seiner Situation war. Also behielt er die Augen geschlossen. Er unterdrückte einen weiteres schluchzen doch die Tränen wollten nicht aufhören zu laufen.

„Wir müssen deinen Rücken behandeln bevor es sich entzündet."

Seinen Rücken behandeln? Wozu? Wozu sollte er das tun, wo er es doch war der ihm diese Wunden zugefügt hatte. Eijiro reagierte nicht, doch er konnte spüren wie die Matratze sich erneut bewegte. Er konnte hören wie sich Katsuki langsam entfernte. Schritte von nackten Füßen auf Holz waren zu hören, als dieser zum Badezimmer ging. Er hörte das leise knarzen der Türe als sie geöffnet und etwas später wieder geschlossen wurde. Das alles dauerte höchstens ein paar Minuten.

Eijiro war es egal was Katsuki vor hatte. Sollte er doch tun was er wollte mit ihm. Was hatte er denn schon zu verlieren. Mina hatte Recht, früher oder später würden sie alle hier sterben.
Also worauf wartete der Vampir noch? Sollte er ihn doch fressen! Sollte er ihn aussaugen bis zum letzten Tropfen! Er war es leid, er wollte nicht mehr.

„Los steh auf...", kam es plötzlich hinter ihm weg. Seine Stimme war ruhig, trotz des fordernden Untertons.

Was wenn ich es nicht tue? Bringt er mich dann endlich um? Oder foltert er mich nur weiter?

Eijiro zog es wirklich in Betracht einfach nicht zu gehorchen.

„Kirishima...", knurrte er seinen Namen. Eine leichte Gänsehaut legte sich über seinen Körper als der Prinz seinen Namen aussprach. „Steh auf, los. Wir müssen uns um deine Wunden kümmern."

„Mmh...", kam es nur von Eijiro. „Mir egal...", er sprach so leise dass er nicht wusste ob der Prinz ihn verstanden hatte.

„Das war keine bitte. Das war ein Befehl!" Diesmal klang er wieder wie er selbst, gereizt.

„Will nicht...", erwiderte er monoton.

„Das ist mir sowas von scheiß egal was du willst! Und wenn ich deinen Arsch dahin schleife, mir auch egal!"

Eijiro ließ es drauf ankommen. Dann sollte er ihn eben dahin schleifen. Das wäre wohl in Anbetracht seiner Situation das kleinere Übel.

„Mrgh. Du verdammter...-" Im nächsten Moment spürte er auch schon wie er am Arm hoch gezogen wurde. Sein Rücken schmerzte schon bei der kleinsten Bewegung. Er zischte vor Schmerz leicht auf.

Aus Reflex schlug Eijiro die Augen auf. Jedoch blickte er nicht zu ihm hoch. Wortlos ließ er sich am Arm ins Badezimmer schleifen. Seine Füße kamen bei Katsukis Tempo gar nicht hinterher, weshalb er zwei Mal fast über den Boden stolperte.

Im Badezimmer angekommen, bemerkte er direkt dass Rauschen der Badewanne. Scheinbar hatte der Prinz sich Wasser eingelassen. Vielleicht wollte er auch bloß wieder den Rücken gewaschen bekommen.

„Los ausziehen."

Was? Wollte er ihn jetzt vergewaltigen? Oh Scheiße. An so etwas hatte er noch gar nicht gedacht. Okay es konnte in der Tat noch schlimmer werden.

„B-Bitte ich..-"

„Zieh dich aus und steig in die verdammte Wanne!", herrschte er ihn an. Eijiro zuckte vor seiner Lautstärke zusammen. Er brauchte gar nicht hinsehen um zu wissen dass Katsuki ihn wütend an funkelte.

Er will das ich Baden gehe?

Unsicher blickte er zur Badewanne die sich mit klarem warmen Wasser füllte.
Doch plötzlich fiel ihm etwas anderes wieder ein. Die Bissspuren! Scheiße nein. Er konnte sich unmöglich vor dem Prinzen ausziehen. Wenn dieser die Bissspuren sehen würde, würde er ausflippen. Panik machte sich in ihm breit. Was sollte er tun? Auf der einen Seite konnte es ihm doch eh egal sein, doch auf der anderen Seite machte sich die Sorge breit dass er womöglich einfach nur weiter gefoltert werden könnte, statt erlöst zu werden.

„Bitte umdrehen...", nuschelte er leise. Vielleicht wenn er nicht hinsehen würde, und Eijiro schnell genug in der Badewanne saß, könnte er so seine Bissspuren verdecken. Katsuki neben ihm stöhnte genervt auf.

„...wie ein Mädchen", hörte er ihn genervt sagen ehe er seufzte und bemerkte wie Katsuki den Raum verließ. „Jetzt mach schon!", rief er ihm hinterher. Erleichtert atmete Eijiro auf und zog sich aus, ehe er mit den Beinen voran in die Wanne stieg. Ganz vorsichtig ließ er sich in die große Wanne herab sinken. Zischte jedoch direkt schmerzverzerrt auf als das Wasser auf seinen Rücken traf. Es brannte höllisch, als würde ihn jemand die Blutkrusten abreißen. Mit gequälter Miene setzte er sich in die Wanne und zog die Knie an die Brust. Kurz darauf hörte er wie Katsuki zurück ins Badezimmer kehrte. Eijiro linste etwas über die Schulter um zu schauen was er tat.

Der Blonde Prinz schnappte sich einen der Waschlappen ehe er zu Eijiro zurück kehrte. Was hatte er vor? Wollte er ihm beim Baden zu sehen? Geilte ihn so was womöglich auf? Aber er hatte doch davon gesprochen dass die Wunden behandelt werden müssten. In Eijiros Kopf herrschte Chaos.

„Rutscht ein Stück nach vorne", wies der Blonde ihn an. Eijiro gehorchte. Er hörte wie Katsuki den Lappen hinter ihn in die Wanne tunkte. Hörte das plätschern des Wassers. Er wollte gerade etwas sagen als ihm im nächsten Moment auch schon das Wasser über dem Kopf ausgewrungen wurde und er die ganze Ladung Wasser ins Gesicht bekam. Wie ein begossener Pudel sah er nun aus. Mit gerunzelter Stirn wischte er sich seine Haare aus der Stirn.

„Wieso werden deine Haare am Ansatz schwarz?", kam es plötzlich von Katsuki. Oh ja stimmt. Mittlerweile musste er bestimmt einen starken Ansatz haben. Er war ja nun schon eine ganze Weile hier, und hatte keine Möglichkeit sich die Haare zu färben. Mina durfte ihn ein einziges Mal in Anwesenheit von Keigo die Haare etwas kürzen. Und er durfte sich hin und wieder mal rasieren, worüber er wirklich dankbar war. Denn ein gepflegtes äußeres war dem Rotschopf schon immer wichtig gewesen.

„Das ist meine Naturhaarfarbe...", murmelte Eijiro monoton. Sein Blick war leer.

„Naturhaarfarbe? Und was ist das Rot dann?" Eijiro verstand die Frage nicht ganz.

„Ich hab sie mir immer gefärbt..."

„Man kann seine Haarfarbe ändern? Dauerhaft?"

„Ja..." Kannte Katsuki dass etwa nicht?

„Und sie wächst dann quasi heraus?"

„Mhm...", summte Eijiro. Wieder ließ er Wasser über seinen Kopf laufen. Er spürte wie es seinen Rücken runter lief, und wieder leicht brannte.

„Das wird jetzt weh tun. Ich wasche das getrocknete Blut etwas ab.."

Eijiro nickte nur stumm und starrte auf das Wasser vor sich hin während Katsuki den Waschlappen erneut tränkte ehe er vorsichtig damit begann das alte Blut abzuwaschen. Bei jeder Berührung zuckte er heftig zusammen. Es brannte und an einigen Stellen trat erneut frisches Blut heraus als sich ein paar Krusten lösten.

„Gleich geschafft..."

Es war irgendwie seltsam. Eijiro verstand nicht ganz wieso der Prinz dass alles nun tat. Spürte er gerade so etwas wie Reue? Das konnte er sich kaum vorstellen. Doch wieso sollte ein Prinz sich die Mühe machen seinen Sklaven zu waschen. Die einzige Erklärung die er für dieses Verhalten hatte war, dass er wahrscheinlich einfach nicht wollte das Eijiro vielleicht eine Blutvergiftung oder eine Infektion der Wunde bekam. Bestimmt versaute so etwas das Blut, oder machte es ungenießbar.
Das klang für ihn logisch. Bestimmt tat er es deshalb. Aber getrunken hatte er bis her auch noch nicht von ihm. Automatisch fragte er sich wann er es wohl tun würde.

„Ich werde dir gleich einen Verband umlegen, damit kein Schmutz in die Wunde gelangt."

Wieder nickte Eijiro nur.

„Was ist? Du bist ja gar nicht so gesprächig wie sonst...", bemerkte Katsuki.

Ach, woran das wohl liegt..., dachte Eijiro grimmig.

Als Antwort zuckte er nur die Schultern. Er würde sich nicht rechtfertigen. Er würde ihm seinen Kummer und seinen Schmerz auch nicht auf die Nase binden. Das wusste er bestimmt schon zu genüge, immerhin hatte er ihn weinen gehört. Eijiro war einfach müde. Nichts wollte er gerade mehr als die Augen zu schließen und zu schlafen. Und am besten nicht mehr aufzuwachen.

„Ich kann es dir nicht verübeln dass du sauer bist. Ich verstehe deinen Wut", fuhr er fort. „Aber ich möchte es dir trotzdem erklären...Mir ist es wichtig dass du verstehst warum ich so handeln musste."

Musste? Warum er es tun musste? Das er nicht lachte. Eijiro glaubte ihm kein Wort. Sie waren allesamt Monster. Er hatte es bestimmt genossen Eijiro auszupeitschen während dieser mitansehen musste wie seine Freundin verbrannt wurde. Das gefiel ihnen doch. Folter und Qualen. Eijiro schnaubte nur. Sollte er doch sagen was er wollte...

„Du und deine kleine Freundin habt die Regeln gebrochen. Du hast nicht nur meine Befehle ein zweites Mal missachtet, du hast auch noch ernsthaft versucht mit ihr von hier zu fliehen. Obwohl ihr beiden wusstet dass es hier keinen Weg hinaus gibt. Bevor ich dir erkläre wieso ich es tun musste, will ich dir erst Mal etwas über diesen Ort erzählen.." Seine Stimme war seltsam ruhig als er sprach. „Dieses Schloss...oder eher gesagt dieser ganzer Ort hier, existiert nicht in eurer Welt. Wir befinden uns nicht in eurer Dimension."

Eijiros Augen weiteten sich. Wovon sprach er da? Andere Dimensionen?

„Wie ich dir bereits erklärt hatte, besitzen einige von uns spezielle Fähigkeiten. Und nur anhand dieser Fähigkeiten, ist es uns Vampiren überhaupt möglich zu euch in die Menschenwelt zu gelangen." Er spürte wie Katsuki den Waschlappen vorsichtig über seine Schultern fahren ließ. Fast schon sanft.

„Kurogiri. Der Wächter zwischen unserer und deiner Welt, besitzt diese Fähigkeit. Er ist ein untergebener meiner Eltern. Und nur durch ihn, gelangst du zurück in deine Welt. Eine Flucht von hier, hätte also nur euren sicheren Tod geheißen."

Das heißt, selbst wenn er es aus dem Schloss hinaus schaffte, dort draußen befand sich eine Welt die ihm genauso unbekannt war wie dieses Wesen hinter ihm. Sie hätten niemals gewusst wohin sie laufen sollten. Vielleicht wären sie draußen sogar verhungert oder verdurstet. Wer weiß was es noch für Kreaturen da draußen gab. Eijiro biss sich auf die Unterlippe. Hätte er dieses Wissen doch nur eher gehabt. Hätte er ihm dass nur etwas früher erzählt, dann hätten Mina und er doch niemals versucht zu fliehen.

Your Blood is my DrugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt