Kapitel 6

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𝚃𝚛𝚒𝚐𝚐𝚎𝚛𝚠𝚊𝚛𝚗𝚒𝚗𝚐

"Herr Budorovits" plärrt Jus Name aus dem Lautsprecher des Wartezimmers in der Notaufnahme. Wieder folgt Julien gemeinsam mit Rezo einem Arzthelfer in einen Raum. Prüfend wird Julien dort von einem Arzt angesehen, bevor er freundlich begrüßt wird. Die beiden Freunde sollen sich auf die Liege setzten. Dann beginnt der Fragenmarathon erneut, wie viel essen sie am Tag? Übergeben sie sich danach? Exzessiv Sport? Selbstverletzung? Und und und. Julien beantwortet alle Fragen wahrheitsgemäß, und so kommt es dazu, dass Rezo an diesem Tag nicht nur von Juliens Essproblemen erfährt, sondern auch noch von seinem Selbstverletzendem Verhalten. Der Arzt wird sofort ernst, als Julien den Ärmel seines Hoodies hochzieht. Sein ganzer Arm ist in Verbände gewickelt, an einigen Stellen schimmert Blut durch. "Ich nehme den Verband ab und dann schauen wir mal ob wir das versorgen müssen" Der Arzt lächelt Ju aufmunternd zu.

Kurz darauf ist der Verband ab und die ganzen Schnitte kommen zum Vorschein. Rezo atmet erschrocken ein und schaut Julien sofort erschüttert an. Kurz darauf zieht er seinen besten Freund in eine liebevolle Umarmung. Rezo würde ihm gerne all seine Kraft schenken, aber das geht ja leider nicht. Also behält er seinen zitternden Freund im Arm, während die Schnitte versorgt und teilweise genäht werden. Spätestens jetzt ist sich Rezo sicher mit der Vermutung, dass Ju keine Kraft mehr übrig hat. Still kullern dem eben genannten Tränen über die Wangen, Jus Maske ist schon ganz nass vor lauter Tränen.

Nachdem die Wunden versorgt sind, und Ju das Angebot eines Beruhigungs- und Schmerzmittels mehrfach abgelehnt hat, führt der Arzt die Untersuchungen fort. Erneut werden Juliens Lunge und Herz abgehört, die Reflexe werden überprüft, der Bauch abgetastet, ein erneutes EKG wird geschrieben, wieder auffällig, eine Blutgasanalyse wird durchgeführt und sein Langzeitblutzuckerwert wird bestimmt, zusätzlich werden seine Organe per Ultraschall untersucht.

Danach wird Julien stationär aufgenommen, sein Zustand ist zu schlecht um nachhause zu können. Er bekommt zwei Infusionen gelegt, um seinem Körper die dringend benötigten Kalorien zuzuführen und die entgleisten Blutwerte wieder in den Normalbereich zu bringen.

Am Abend bekommt Ju zum ersten Mal wieder Ruhe, erschöpft liegt er in seinem Krankenhausbett. Rezo hat sich auf die Bettkante gesetzt und beobachtet seinen besten Freund. Obwohl er geahnt hat, wie schlecht es ihm mittlerweile geht, wurde er trotzdem von der stationären Aufnahme erschüttert.

Die zweisame Ruhe wird erneut gestört, als das Abendessen vorbeigebracht wird und Ju zusätzlich zu den Infusionen auch noch an einen Überwachungsmonitor angeschlossen wird. Um sein Herz zu überwachen, erklärten die Ärzte den Monitor. Dann werden die beiden wieder alleine gelassen, ein neuer Kampf beginnt. Julien vs. Abendessen, wie Rezo die Situation belustigt betitelt. Er versucht die Situation mit Humor zu nehmen, um sich aber auch Ju ein wenig die Angst zu nehmen. Doch Ju ist nicht zu spaßen übrig, er findet die Situation alles andere als lustig, immerhin schreit alles in ihm danach das Abendessen nicht mal anzurühren. Kalorien und so. Gleichzeitig lässt ihn die Angst dann doch spuren, immerhin wurde ihm mit einer Magensonde und einer damit verbundenen Zwangsernährung gedroht, falls er das Essen verweigern sollte. Sein BMI ist nämlich deutlich zu niedrig, da sind sich alle einig. Nur Ju stimmt dem nicht zu, wenn es nach ihm geht ist sein BMI eindeutig zu viel, er wiegt viel zu viel. Dass er sich nur durch den verzerrten Blick der Essstörung wahrnimmt, hat Julien noch nicht begriffen. Genauso wenig wie er begriffen hat, dass das Abendessen nicht nur gegessen werden muss, sondern auch drinbleiben muss. Jene Diskussion endet letztendlich in einem Streitgespräch zwischen ihm und Rezo. Als auch noch eine Ärztin hinzukommt, begreift Julien die Situation endlich. Bleibt das essen nicht drinnen, wird eine Magensonde gelegt. Folgendes wurde ihm noch einmal mehr als deutlich von der Ärztin klargemacht. So ist es die Angst vor der Magensonde und den damit verbundenen Konsequenzen, die Julien letzten Endes daran hindert das Essen wieder zu erbrechen. Gemeinsam mit den Ärzten der Station entscheidet sich Rezo ebenfalls dazu, die Nacht im Krankenhaus zu verbringen. Um für Ju da zu sein, aber auch um ihn daran zu hindern nachts unbemerkt dann doch zu erbrechen oder ein Workout zu schieben.

𝚆𝚒𝚎 𝚑𝚊𝚝 𝚎𝚜 𝚎𝚞𝚌𝚑 𝚐𝚎𝚏𝚊𝚕𝚕𝚎𝚗?
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hold my hand // juzoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt