Pläne schmieden

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Marissa saß noch spät in der Nacht auf einer kleinen Bank, unweit der Bäckerei. Zwar hatte sie versucht zu schlafen, doch schwirrten ihr so viele Gedanken im Kopf herum, dass es nahezu unmöglich war. Wie sollte sie das alles nur wieder hin bekommen? Verzweifelt vergrub sie das Gesicht in den Händen und schluchzte. Es würde ihren Vater das Herz brechen. Oh, warum hatte sie ihm nicht gleich die Wahrheit gesagt. 

"Alles ok?" Na klasse, der hatte ihr gerade noch gefehlt.  

"Hab ich nicht gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst? Ich will allein sein.", sagte sie, doch sah ihn dabei nicht an. Sie wollte nicht, dass er sie jetzt so sah, dass irgendjemand sie jetzt so sah. Vielleicht würde er einfach von allein wieder gehen, wenn sie ihn nur ignorieren würde. 

Anders als gehofft, spürte sie, wie die Bank neben ihr unter Camilos Gewicht leicht nach gab. Eine Zeit lang schwiegen sie und Marissa versuchte auszublenden, dass er überhaupt da war. Wegen ihm steckte sie doch erst in dieser Situation. Dieser verfluchte Madrigal. Warum konnte er sich nicht einfach aus ihrem Leben heraus halten. Sie hatte nicht um seine Hilfe gebeten und nun konnte man ja sehen, wohin es sie gebracht hatte. 

"Julieta sagte, dass es deinem Vater sehr schlecht geht.", murmelte Camilo schließlich und rutschte auf der Bank unruhig hin und her. Das Gespräch schien ihm mehr als unangenehm zu sein. Die Brünette nickte lediglich, also fuhr er fort. "Hast du es ihm erklärt?", fragte er vorsichtig und warf ihr einen kurzen Blick zu.

Wieder blieb sie stumm, schüttelte aber mit den Kopf. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Überrascht zuckte er ein wenig zurück. "Aber warum nicht?", wollte er wissen, war ihr deswegen aber nicht böse, wie es schien.

Marissa seufzte und sah endlich auf. Ihre Augen waren rot und versprühten eine Traurigkeit, die Camilo nur selten gesehen hatte. "Ich konnte einfach nicht. Ja, ich weiß, ich hätte es tun müssen, doch... Du hast ihn nicht gesehen. Er war so glücklich, ich konnte ihn einfach nicht so enttäuschen."

"Hm.", machte Camilo, während er die Arme verschränkte und sich gegen die Lehne der Bank fallen lies. "Du musst es ihm sagen."

"Ich weiß.", hauchte sie und lehnte sich ebenfalls an. 

Wieder schwiegen sie und Marissas Gedanken schweiften ab. Seit dem Sturz ihres Vaters begleitete sie die Angst, dass er sich nie wieder erholen würde. Sie erinnerte sich noch genau, wie es damals bei ihrer Mutter war, als wäre es gestern gewesen. Erinnerte sich an den Schmerz, der sich nach ihrem Verlust in ihrem Körper ausgebreitet hatte. Immer noch tief in ihr steckte. Das noch einmal zu durchleben, würde sie sicher gleich mit umbringen. Ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen. Wenn sie ihrem Papá über das Missverständnis aufklären würde, würde es ihm sicherlich das Herz brechen.

POV Camilo

Das einfachste wäre, Marissa zu heiraten, dachte er sich und lachte stumm auf.

"Ich hab mich wohl verhört.", fauchte sie und starrte ihn böse an. Erst da wurde ihm bewusst, dass er diesen Gedanken laut geäußert hatte. 

Kurz überlegte er. Die Gedanken rasten nur so in seinem Kopf hin und her. "Eigentlich ist es keine schlechte Idee.", meinte er dann und konnte sie grad noch aufhalten, ihm an die Kehle zu springen. "Jetzt überleg doch mal.", fuhr er fort und hielt ihre Hände fest, die bereit waren, sich um seinen Hals zu legen und ganz fest zu zu drücken. "Wir erzählen einfach, wir wollen uns verloben. Dein Papá ist glücklich und kann sich auf seine Genesung konzentrieren. In der Zeit helfen wir dir in der Bäckerei. Wenn es ihm dann wieder besser geh, verkünden wir, dass es zu keiner Hochzeit kommt, weil wir einfach zu verschieden sind."

Camilo grinste von einem Ohr zum Anderen und sah sie erwartungsvoll an. Die Brünette konnte über diesen Plan jedoch nur den Kopf schütteln und entzog ihm ihre Hände. "Du bist verrückt. Vollkommen wahnsinnig geworden.", murmelte sie und stand auf. "Das kauft uns niemand ab.", sagte sie schließlich etwas lauter.

"Dein Papá wird es glauben, und das ist die Hauptsache.", erwiderte er schlicht und stand ebenfalls auf. "Was meine Familie angeht, da kümmere ich mich schon drum." Er hielt es für das Beste, ihr vorerst nichts von dem Gespräch mit Abuela zu erzählen. Alle anderen.... würden es sicher verstehen, wenn er ihren die Situation in Ruhe erklärt. Klar, seine Mamá würde erstmal ausrasten, aber es dennoch nachvollziehen können. Immerhin würden sie ja nicht wirklich heiraten und es diente ja einem guten Zweck.

"Das ist vollkommen verrückt.", murmelte sie wieder und schüttelte den Kopf. "Dafür werden wir beide in der Hölle landen."

"Das heißt....?", wollte Camilo wissen und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Warum ihn das alles so fröhlich machte, konnte er selbst nicht genau sagen. Aber die Idee war an sich keine schlechte. Sie mussten es nur richtig anstellen.

POV Marissa

"Ja.", seufzte sie und ließ den Kopf hängen. "Wir machen es. Aber nur bis es Papá wieder besser geht."

"Gut.", erwiderte der Lockenkopf klatschte sich einmal in die Hände. "Dann komm morgen vorbei, damit wir es verkünden können."

Marissa seufzte wieder, nickte aber. Und schon war der Madrigal auch wieder verschwunden. Wie sollten sie da nur wieder raus kommen, dachte sie sich und lies sich wieder auf die Bank plumpsen. Die ganze Welt schien sich zu drehen. Camilos Plan hielt sie immer noch für völlig absurd, niemand würde ihnen das abkaufen. Abgesehen davon war zwischen ihnen immer noch einiges ungeklärt, besonders was den Kuss betraf. Nicht, dass sie überhaupt darüber reden wollte. Doch es würde schwer werden, mit ihm auf glückliches Paar zu machen, auch wenn es ihrem Vater zuliebe war. Camilo und sie... das war einfach absolut keine gute Idee. 

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So, nach einer kleinen, unerwarteten Pause geht es nun endlich weiter 😁

Nuestro milagro, Unser Wunder (Camilo xOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt