Beerdigung

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Ihr Vater wurde zwei Tage später beerdigt. Es war ein stürmischer Tag und passte perfekt zu Marissas Gefühlen. Der Regen prasselte auf sie nieder, während der Pfarrer seine Rede hielt und der Sarg dann langsam in die Erde gelassen wurde. Marissa weinte nicht. Das hatte sie bereits genug getan, seit dem sie von seinem Tod erfahren hatte. In ihrer Verzweiflung hatte sie gefühlt das halbe Haus demoliert. Und dann nochmal, nachdem sie wieder aufgeräumt hatte.

Nun fühlte sie sich einfach nur leer, als sie klitschnass da stand und nichts anderes tun konnte, als sich an ihren weinenden Bruder zu klammern. Noch immer konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Es schien ihrem Papá doch wieder gut zu gehen, er war doch auf dem Weg der Besserung gewesen. Selbst Julieta hat gesagt, dass er wieder gesund werden würde. Doch wie es schien, war das nur die letzte Kraft vor dem endgültigen Ende gewesen.

Noch bevor die Beerdigung vorbei war, löste sie sich von Alejo und verließ den Friedhof. Sie spürte die Blicke der anderen Trauergäste auf sich, doch es war ihr egal. Sollten sie doch denken was sie wollen, reden wie sie wollten. Es machte ihr nichts aus. Sie wollte jetzt einfach nur allein sein.

Völlig in Gedanken und in ihrer Trauer gefangen ging sie nach Hause und schloss sich in ihrem alten Zimmer ein. Immer noch vollkommen durchnässt legte sie sich ins Bett und schloss die Augen. Immer wieder dachte sie an ihren Papá. An alles was sie zusammen erlebt haben. An alles was er ihr beigebracht hatte. Was sie bereit war für ihn zu tun. Sie dachte an die letzten Momente, die sie ihn lebend gesehen hatte. Und an den Moment, als Julieta mit ihr in sein Zimmer ging und sie ihm auf den Bett hat liegen sehen. Er hatte ausgesehen, als würde es schlafen. So friedlich. Komplett im Reinen mit sich und der Welt. Fast hatte es so gewirkt, als würde er jeden Augenblick aufwachen und sie noch völlig verschlafen anlächeln, so wie er es immer getan hatte, wenn sie ihn aus seinem Mittagsschläfchen wecken musste.

Marissa schluchzte in ihr Kopfkissen. Sie war verdammt nochmal nicht bereit dazu. Wie könnte sie das auch jemals sein. Es war doch ihr Papá. Ein Mann, der immer so stark war und scheinbar alles mit links meisterte, besonders nach dem Tod ihrer Mutter. Ein Mann, der sie auf den Schultern trug, als sie noch klein war und ihre Beine vom Laufen schmerzten. Ein Mann, der immer einen Tag doppelt so viel arbeitete, nur um am nächsten Tag zu ihrem Geburtstag extra für sie mehr Zeit zu haben. Jemand, der das ganze Dorf auf den Kopf stellte, weil sie sich plötzlich keinen Roller, sondern doch ein Dreirad zu Weihnachten wünschte. Zwei Tage vorher.

Wieder musste sie schluchzen und eine Träne ran auf ihr Kissen. Sie erinnerte sich daran, wie ihr Papá sie immer belehrte, dass Alejo und sie als Kinder doch nicht immer so viele Süßigkeiten essen sollten. Doch er versteckte sie auch jedes Mal wieder am selben Ort.

Die Erinnerung schnürte ihr die Kehle zu und nun weinte sie wieder hemmungslos. Es war einfach zu viel. Viel zu viel. Wie sollte sie jemals darüber hinweg kommen oder auch nur ansatzweise damit leben können?


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so, das kapitel ist an dieser Stelle erstmal vorbei.

Ich wünsche euch einen schönen Abend und hoffe, es hat euch mehr oder weniger dennoch gefallen :) nachher oder morgen kommt dann noch ein neues, je nachdem wie ich es schaffe



Nuestro milagro, Unser Wunder (Camilo xOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt