eine endgültige Entscheidung

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"Sag mal, hast du den Verstand verloren??", platze Camilo, ohne anzuklopfen, in Marissas Zimmer. Nachdem seine Eltern ihm die großen Neuigkeiten überbracht hatten, ist er sofort los gerannt um seine Scheinverlobte zur Rede zu stellen.

Das Zimmer war klein und eher dunkel gehalten. Ein wenig chaotisch vielleicht. Doch das war gerade ja auch eher nebensächlich. Marissa saß am Fenster an einem kleinen Tisch und bürstete sich gerade die Haare. Sie wirkte, trotz seines plötzlichen Eintretens, ganz und gar nicht überrascht. Es war fast so, als hätte sie ihn bereits erwartet.

"Komm rein und schließ die Tür hinter dir.", sagte sie ruhig, doch eigentlich brauchte sie das gar nicht. Denn kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, fiel die Tür auch schon krachend ins Schloss.

"Bist du jetzt völlig verrückt geworden?", fragte er und wechselte vor Wut mehrmals die Gestalt.

Marissa atmete tief durch und stand auf. Erst jetzt bemerkte er ihre roten Wangen, die von einer verräterischen Feuchtigkeit überzogen waren. Schnell versuchte die Brünette, ihre Tränen weg zu wischen, doch es kamen immer wieder neue dazu. Sie konnte es einfach nicht verhindern. "Ich? War es nicht eigentlich dein Plan gewesen? Auch wenn er ja nun nicht ganz so lief wie gedacht. Wenn du mit den Konsequenzen nicht leben kannst, dann los. Ich werde dich nicht aufhalten, es allen zu erzählen." Wollte an ihm vorbei laufen, doch er stellte sich ihr in den Weg. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals und er war mehr als verwirrt, was das ganze hier sollte.

"Der Wünsch meines Vater ist es, dass ich verheiratet bin, versorgt bin, bevor er stirbt.", sagte sie leise und Camilo konnte erkennen, wie schwer ihr diese Worte fielen. Tief in sich drin konnte er ihr Verhalten auch ein Stück weit nachvollziehen. Sie waren sowieso "verlobt", daher lag es recht nahe. Aber sie hätte doch wenigstens mit ihm darüber reden müssen. Sowas war schließlich keine Entscheidung, die man einfach mal so über Nacht fällen konnte.

"Es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Wenn du es nicht bist, wird es sicher jemand anderes tun.", fügte sie hinzu. Ihre Worte waren nicht mehr als ein Flüstern, doch er konnte sie klar und deutlich verstehen. So deutlich, wie er den Stich fühlte, der durch sein Innerstes drang und ihn einen Moment erstarren ließ. Warum es ihn auf einmal so traf, wusste er nicht genau. Eigentlich könnte er ja froh sein, wenn er aus der ganzen Sache heil raus kommen würde. 

"Marissa.", sagte er schließlich und ging zu ihr hinüber. Er legte ihr beide Hände auf die Schultern und zwang sie, ihn an zu sehen. "Das ist keine Entscheidung, die du einfach so treffen solltest. Kein Spiel, aus dem du einfach so aussteigen kannst. Eine Hochzeit ist für immer."

Entschlossen erwiderte sie seinen Blick.  "Es ist etwas, womit ich leben kann.", meinte sie und schüttelte dann seine Hände ab. Die Brünette drehte sich um und setzte sich wieder an dem kleinen Tisch. Camilo konnte darüber nur den Kopf schütteln und drehte sich um, um den Raum wieder zu verlassen. Sie war doch vollkommen verrückt geworden. Familie hin oder her. Da würde er sich definitiv nicht mit hinein ziehen lassen. 

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Wenige Stunden später stand Camilo in seinem besten Anzug in der Kirche von Encanto und wartete darauf, dass er diese gleich wieder als verheirateter Mann verlassen würde. Er konnte immer noch nicht genau sagen, was ihn eigentlich umgestimmt hatte und dazu führte, dass er nun mit seiner ganzen Familie hier war. Vielleicht waren es die Schuldgefühle, dass er es war, der sie beide erst in diese Lange gebracht hatte. Vielleicht aber auch der unerträgliche Gedanke daran, dass Marissa bereit war, einen völlig Fremden zu heiraten, nur um ihren Vater diesen Wunsch zu erfüllen. 

Die Zeremonie war schlich und sehr kurz gehalten. Auf einen Kuss am Ende wurde verzichtet. Ebenso auf eine Feier. Marissas Vater konnte dank Luisas Hilfe zwar anwesend sein, wurde aber danach sofort von Julieta wieder ins Bett geschickt. Doch Camilos Familie wollte nicht darauf verzichten, wenigstens im engsten Kreis anzustoßen.

Und so stand er schließlich im Innenhof, inmitten seiner Familie, mit seiner frisch angetrauten Ehefrau an der Seite. Wie gern er jetzt einfach kotzen würde. Marissa schien es nicht anders zu gehen, auch wenn sie sich alle Mühe gab, halbwegs glücklich zu wirken. Sie stand gerade zwischen seiner Abuela und seinen Papá und musste sicher irgendwelche Geschichten über sich ergehen lassen.

"Wir sollten uns dann glaube langsam mal zurück ziehen.", erlöste er sie von den beiden und nahm sie am Arm. Auch wenn sie innerlich ziemlich froh darüber schien, so gab sie sich alle Mühe es nicht zu zeigen.

Schweigend ging das junge Ehepaar die Treppe hinauf zu Camilos Zimmer. Wenn er sich noch ein wenig unwohler fühlen konnte, als den ganzen Tag schon, dann lag es daran das ihnen 12 Augenpaare folgten. Schnell öffnete er die Tür und zog Marissa mit in den Raum. Krachend fiel die Tür zu.

Drinnen angekommen, konnte er nicht anders, als die Augen schließen und tief durchatmen. Er hörte, wie Marissa sich durch den Raum bewegte und öffnete die Augen. Sie stand vor einem seiner Spiegel und löste einige Haarsprangen aus ihrer Frisur. Auch wenn heute alles sehr schlicht gehalten würde, musste er ja zugeben, dass sie wirklich gut ausgesehen hatte.

Erst jetzt bemerkte er das zweite, kleinere Bett, welches neben seinem großen runden stand. Irritiert zog er eine Augenbraue hoch. Er hatte gar nicht mit bekommen, wie das denn hier rein kam?

Marissa sah seinen Blick und straffte die Schultern. "Wir sind zwar verheiratet, doch wir werden niemals Mann und Frau sein." Sie sprach so leise, daß er Mühe hatte sie zu verstehen. Aber er wusste wovon sie sprach. Nicht nur getrennte Betten, sondern auch getrennte Leben. Was hatte er auch anderes erwartet?


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Verzeiht die furchtbaren letzten Kapitel :( ich wusste einfach nicht, wie ich es anders am besten schreiben soll, um da hin zu kommen, wo ich letztendlich hin will :D wird ab jetzt besser... hoff ich

Nuestro milagro, Unser Wunder (Camilo xOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt