Gründungsfeier

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Stirnrunzelnd schaute sich Marissa um. Von überall aus dem Dorf kamen, wie schon gedacht, die Menschen nur so in Scharen an. Doch das merkwürdige war, dass alle ihrem Mann und ihr einen dieser komischen Blicke zu warfen, als würden sie irgendwas erwarten. 

"Liebe Gemeinde!", ergriff Abuela Alma das Wort und lächelte die Anwesenden freundlich an. "Ich möchte euch danken, dass ihr auch in diesem Jahr wieder so zahlreich erschienen seit. Ein Jahr, in dem bereits so viel gesehen ist. Gutes und Böses. Und im Zuge dessen haben meine reizende Enkelin Dolores und ihr Mann Mariano noch eine Ankündigung zu machen."

Marissas Blick richtete sich auf das junge Paar, welches sich nun direkt neben Alma stellte. 

"Nun ja, wo soll ich anfangen.", hauchte Dolores und schien sichtlich nervös, nun alle Aufmerksamkeit zu bekommen. Mariano dagegen strahlte jedoch bis über beide Ohren und die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus: "Wir werden Eltern!"

Jubel brach unter den Anwesenden aus und jeder schien sich darüber zu freuen, dass es bald noch mehr Nachwuchs im Hause Madrigal geben würde. 

"Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich sage, wie sehr wir uns für euch freuen und euch nur das beste wünschen!", ergriff Abuela wieder das Wort und lies dann ihren Blick suchend durch die Menge schweifen. Als sie Marissa erblickte, schlich sich ein kleines Lächeln auf das Gesicht der Älteren. "Ich hoffe sehr, dass auch das kommende Jahr für uns alle solch Segnungen und guten Nachrichten bereit hält."

Marissa verschluckte sich vor Schreck an ihrem Wein und musste mehrmals Husten. Natürlich wusste sofort, worauf Camilos Großmutter hinaus wollte. Mühsam beruhigte sie sich wieder und nahm eilig noch einen Schluck. Dabei war sie darauf bedacht, Camilo jetzt nur nicht an zu sehen.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Brunos Frau den beiden zukünfigen Eltern selbst noch einmal persönlich gratulierte und dann zu Milo und Marissa hinüber kam. Die Brünette verstand sich mit ihr eigentlich recht gut und sie konnte verstehen, warum Camilo und Sofia sich so gut verstanden. Sie war wirklich eine sehr herzliche Person, manchmal ein wenig voreilig, aber daran störte sich kaum jemand. Marissa kam nicht umhin zu bemerken, dass der Bauch der jungen Frau in den letzten Wochen schon um einiges gewachsen zu sein schien.

"Hey, ihr Beiden.", rief sie und wackelte grinsend mit den Augenbrauen. Erst als diese vor ihnen stehen blieb, bemerkte Marissa das Glas und den Löffel in Sofias Hand.

"Ist das Apfelmus?", wollte sie ein wenig irritiert wissen, was bei der Schwarzhaarigen jedoch vor ein leisen Lachen sorgte. "Schwanger.", erwiderte die Angesprochene, als wäre das die Erklärung für alles. 

"Wie gehts dir?", fragte nun Camilo und umarmte seine beste Freundin kurz. 

"Ich sollte mich wohl nicht beklagen.", erwiderte sie darauf und seufzte dann leicht. "Aber um ehrlich zu sein, macht mir alles immer noch ein wenig zu schaffen."

Verständnisvoll nickte Camilo. "Keiner würde es dir übel nehmen, wenn du zu Bett gehst.", meinte er und Sofia stimmte ihm mit einem Nicken nur zu. "Soll ich dich hoch bringen?"

"Ich denke, dass schaffe ich schon noch allein." Die Schwangere lachte und verabschiedete sich dann auch schon wieder von den Beiden. 

Beiläufig bekam Marissa mit, wie Bruno an kam und seine Frau hoch in ihr gemeinsames Zimmer begleitete. Kurz  nippte sie wieder an ihren Wein und warf einen Blick auf die Uhr, die nur ein wenig entfernt von ihnen an der Wand hin. Irgendwie hatte sie die Hoffnung, dass das ganze hier schneller vorbei ging und sie endlich selbst auch abhauen konnte. Doch leider musste sie feststellen, dass der größte Teil des Abends noch vor ihr lag. 

Ohne ein Wort zu verlieren, verließ Camilo sie und ging zu Isabela hinüber. 

Ein wenig enttäuscht musste die Brünette feststellen, dass ihr Glas bereits leer war, als sie den letzten Schluck nahm, und machte sie auf den Weg, es wieder auf zu füllen. Sie dachte daran, an wie vielen Feierlichkeiten sie noch teilnehmen müssen würde, jetzt da sie eine Madrigal war und stöhnte innerlich genervt auf. Das würde vermutlich ihre Strafe dafür sein, dass Camilo und sie diesen absolut dämlichen Plan gehabt hatten. Gotts Rache. Ja, so musste es sein. 

Die nächsten Stunden verbrachte Marissa damit, die tanzenden Paare zu beobachten und noch zwei, oder mehr, Gläser zu leeren. In ihre breitete sich eine angenehme Wärme aus und alles wirkte ein wenig leichter, die Wirkung des Alkohols, eindeutig. Die Feier schien nun ihren Höhepunkt zu erreichen und überall wurde ausgelassen gesungen, getanzt und gelacht. Selbst Abuela Alma wagte sich auf die Tanzfläche und lies sich abwechselnd von ihren Schwiegersöhnen führen, bevor sie schließlich an der Hand eines älteren Mannes endete. Sofias Vater, wenn Marissa nicht alles täuschte. Sie hatte mit ihm bis jetzt nicht wirklich viel zu tun gehabt, hier und da ein paar Worte gewechselt, wenn überhaupt. Verwirrte beobachtete sie, wie sie eine scheinbar verräterische Röte auf den Wangen der Älteren ausbreitete. Doch noch bevor sie überhaupt genauer darüber nachdenken konnte, stand auch schon ihr eigener Mann wieder neben ihr. 

Ohne ein Wort zu sagen, nahm er ihr das Weinglas weg und stellte es an die Seite. 

"Hey!", protestierte sie auch sofort und warf ihm einen bösen Blick zu. "Gib es mir zurück!"

Der Lockenkopf ignorierte ihren Einwurf und grinste sie stattdessen nur an, während er ihre Hand nahm. "Komm schon, Schatz, tanz mit deinem Mann."

"Definitiv nicht, Schatz.", entgegnete sie und ließ es wie eine Beleidigung klingen.

"Ein Tanz.", bestand er drauf und sah sie mit großen Augen an. "Man erwartet es, das weist du."

Innerlich verdrehte sie die Augen und zwang sich schließlich zu einem Lächeln. "An deiner Stelle, würde ich die Nacht mit offenen Augen schlafen, ansonsten kann es gut sein, dass ich morgen Witwe bin.", raunte sie ihm zu, sodass nur er es hören konnte und lies sich von ihm auf die Tanzfläche führen. 

"Ach, Schatz.", sagte er ebenso leise, aber grinsend. Er wusste sehr gut, wie sehr sie dieses Wort aus seinem Mund hasste. "Wenn das so ist, dann werde ich schlafen wie ein Baby." Um ihre Wut noch ein wenig zu schüren, zog er sich enger an sich heran, als nötig gewesen wäre. Wie sehr er es doch liebte, sie auf die Palme zu bringen und zu wissen, dass sie genau jetzt absolut nichts dagegen machen konnte.

Zusammen begannen sie sich im Takt der Musik zu bewegen und dabei trat die Brünette ihrem Mann hin und wieder nur zu gerne auf die Füße. Ein leiseres Lied begann und anstatt sie nun los zu lassen, zog Camilo sie noch näher an sich heran, wenn das überhaupt möglich war. Etwas, was sie nur noch mehr ärgerte. Aber nicht mehr, als die Tatsache, dass sie gegen einen zweiten Tanz überhaupt nicht widersprochen hatte. Auch Camilo schien das zu bemerken und sein Grinsen wurde nur noch breiter. 

"Sag bloß, du hast Gefallen daran gefunden?", fragte er und musste sich ein Lachen unterdrücken. 

"Verzeih, ich war zu sehr in Gedanken daran, auf welche Art und Weise ich dir am liebsten Schmerzen zufügen will. Schatz.", meinte sie, doch innerlich wusste sie, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach. 

Völlig in ihren gegenseitigen Sticheleien gefangen, bekamen sie gar nicht mit, wie jemand zu Julieta eilte und diese schließlich hektisch die Feier verließ. 



Nuestro milagro, Unser Wunder (Camilo xOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt