Die Vision

53 6 0
                                    

POV Sofia

Sofia verließ am Tag nach Dolores' Hochzeit recht früh das Haus. Da ihr Mann für den Nachmittag irgendetwas mit ihr geplant hatte, wollte sie rechtzeitig mit allen fertig sein. Als erstes auf der Liste stand eine Frau, ungefähr in Sofias Alter, die erst vor ein paar Wochen ein Kind bekommen hatte. Doch das war nicht der Grund für ihren Besuch. Viel mehr hatte die junge Mutter die Vermutung wieder schwanger zu sein. Bevor dies jedoch nicht offiziell bestätigt wurde, sollte erst einmal niemand von dem Umstand wissen.

Sie winkte Marissa von weitem zu, die gerade ein paar Häuser weiter die Fensterläden der Backstube öffnete. Noch hatte sie nicht heraus bekommen können, was zwischen Camilo und der Brünetten vorgefallen war. Aber noch würde sie nicht aufgeben. Vielleicht wusste ja seine Schwester mehr. Sie sollte sie auf jeden Fall später dazu befragen.

Entschlossen, diesen Gedanken nachher in die Tat umzusetzen, betrat sie das Haus.

----

POV Marissa

Marissa hatte gerade das letzte Fenster geöffnet, da hörte sie leichte Schritte hinter sich. Innerlich hoffte sie, dass sie mit ihrer Vermutung falsch lag, doch sie wurde enttäuscht, als sie sich umdrehte.

"Was willst du hier?", fragte sie und verdrehte die Augen. Sie hatte heute bei weitem noch genug zu tun, als sich jetzt mir dem Madrigal auseinander zu setzen.

"Wegen gestern...", fing er an, wurde aber von ihr gleich unterbrochen.

"Ach vergiss es. Ich will es nicht hören.", fauchte sie ihn an und drehte sie sich wieder um. Weit kam sie jedoch nicht, da er sie am Arm fest hielt.

"Jetzt Lauf doch nicht weg.", fing er an, aber als sie sich wieder umdrehte, um sich anzuhören, was er zu sagen hatte, beachtete er sie gar nicht.

Stirnrunzelnd sah er einem Mann hinter her, der an ihnen vorbei, die Straße entlang lief und in einem der Häuser verschwand. Marissa dachte sich jedoch nichts dabei und wartete darauf, dass Camilo sie wieder an sah.

"Ich weiß auch nicht, was gestern in mich gefahren ist.", sagte er schließlich.  "Jetzt sei doch nicht immer so verdammt nachtragend."

Marissa schnaubte und ging rein, jedoch nicht ohne das Camilo ihr folgte.  "Das hätte nicht passieren dürfen.", flüsterte sie und schnappte sich einen Besen. "Du bist ein Dummkopf, Madrigal. Und ich habe keine Lust auf deine Spielchen." 

Der Lockenkopf verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete sie. Sagte daraufhin kein Wort. Marissa versuchte ihn zu ignorieren, doch immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie ihm einen Blick zu warf. 

"Hast du nicht irgendwas zu tun?", fragte sie schließlich genervt. "Dich vor kleinen Kindern lächerlich machen oder so?"

Doch als sie sich zu ihm drehte, bemerkte sie, dass er aus dem Fenster schaute. Wieder lief der Mann von grad eben vorbei, so, als sollte ihn niemand mitbekommen. Als hätte er irgendwas zu verbergen.

"Was ist mit ihm?", fragte sie schließlich und stellte den Besen wieder weg.

"Irgendwas führt er im Schilde...", murmelte Camilo und ließ ihn keinen Augenblick lang aus den Augen. "Nachdem Sofia ihn am Altar hat stehen lassen, hatte er ihr gedroht...."

"Das ist Sofias Ex?", fragte Marissa ungläubig und spürte Panik in sich aufsteigen. "Das Haus, in das er gegangen ist... Sie ist da drin."

Wie vom Blitz getroffen stürmte Camilo nach draußen.

----

Unschlüssig, was sie jetzt tun sollte, stand sie einen Moment lang da. Schließlich setzte sie sich aber doch in Bewegung und eilte dem Madrigal hinterher. Die Tür des Hauses stand offen und sie hörte ein Polstern von oben, also rannte sie förmlich die Treppe hoch. Dort befand sich ein langer Gang, der zu einem Zimmer führte. In der Tür zum Kinderzimmer blieb sie wie angewurzelt stehen. Geschockt hielt sie sich mit einer Hand den Mund zu um einen Aufschrei zu unterdrücken.

Sofia lag zusammengekauert auf dem Boden, ihre Kleidung verschmutzt und mit Blut befleckt. Ihr Haar verdeckte ihr Gesicht, doch Marissa war sich sicher, wie es aussehen musste. Das Baby lag in seinem Bettchen und meckerte ein wenig vor sich hin. Camilo hockte neben der Schwangeren und bettete ihren Kopf vorsichtig auf seinem Schoß. Die Brünette sah die Tränen, die ihm über die Wange liefen. Dies war auch der Startschuss für sie.

Marissa rannte nach draußen und, so schnell ihre recht kurzen Beine sie trugen, Richtung Casita. Sie konnte von Glück reden, dass sie heute wieder ihre Hosen trug. Ansonsten wäre sie in ihrem Kleid sicherlich mehrmals gestolpert. 

Völlig außer Atmen kann sie am Haus der Madrigals an und eilte in die Küche. Julieta, Camilos Tía, lächelte sie freundlich an. Man sah ihr an, dass sie noch ein wenig mühe war, vermutlich ging die Hochzeitsfeier gestern noch einige Stunden. Als sie jedoch Marissas Gesichtsausdruck bemerkte, legte sie die Schüssel mit dem frischen Obst, welches sie grade verarbeiten wollte, an die Seite. 

"Sofia.", hauchte die Brünette und hatte Probleme, Luft zu holen. Sie war bei Weitem es nicht gewohnt, einen solchen Sprint hin zu legen. 

Sofort ließ Julieta alles stehen und liegen und sammelte in Windeseile alles zusammen, was sie gebrauchen könnte. Schließlich wusste sie ja nicht, was sie erwarten würde.

"Was ist los?", fragte Félix, der gerade die Treppe herunter kam.

"Sofia.", sagte Julieta nur und eilte mit Marissa aus der Casita.

Ihr Schwager machte noch auf dem Absatz kehrt. Bruno musste sofort davon erfahren, was auch immer geschehen ist.

----

Zurück am Haus angekommen, in dem sich Camilo und Sofia befanden, blieb Marissa draußen stehen, während die ältere Madrigal rein stürmte. Die Brünette machte sich große Sorgen um die andere Frau, jedoch wusste sie, dass sie im Moment dort oben absolut nicht zu gebrauchen war. 

Immer noch außer Atem setzte sie sich auf eine kleine Bank, die vor dem Haus stand. Dort versank sie so in Gedanken, dass sie nur wie durch einen dichten Nebel hindurch mit bekam, was dann geschah. Die Mutter des Babys tauchte auf (wo war sie gewesen?) und ging mit ihrem Kind aus dem Haus. Dann kam Bruno, gefolgt von Pepa, Felix und Luisa. 

Marissa starrte eine ganze Weile vor sich auf den Boden, konnte sich einfach nicht erklären, wie es soweit kommen konnte. Sie kannte Sofias Ex nur flüchtig, hatte sie bei ihm am Stand doch schon hin und wieder frisches Obst für einen Kuchen geholt. Aber da kam er ihr immer freundlich rüber. Kaum zu glauben, dass er der schwangeren Madrigal jetzt so etwas antun konnte. Inständig hoffte sie, dass ihr nichts allzu schlimmes passiert war und es dem Baby gut ging.

Sie spürte, wie die Bank neben ihr ein wenig nachgab, als sich Camilo neben sie setzte. Als sie ihn ansah, konnte sie immer noch die Tränen sehen, die ihm nach wie vor über die Wange liefen. Ohne groß darüber nach zu denken, nahm sie ihn in den Arm und spürte wie er schluchzte. Es tat ihr weh, ihn so zu sehen, auch wenn sie nicht wusste, warum. Eine Weile lang saßen sie einfach nur da und Camilo ließ sich von ihr trösten. Schließlich richtete er sich wieder auf und wischte sich übers Gesicht.

"Wenn ich dieses Arschloch erwische....", schniefte er und atmete dann einmal tief durch. Man sah ihm die Wut deutlich an. Gerade wollte er fortfahren, da kam auch schon seine Tante aus dem Haus. 

"Wie geht es ihr jetzt?", fragte Camilo und sprang auf. 

Julieta seufzte und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. "Soweit ist sie stabil. Die Wunden heilen bereits. Ich würde mich dennoch wohler fühlen, wenn Señora Estevez sie sich noch einmal anschaut, nur um sicher zu gehen, dass es auch dem Baby an nichts fehlt."

"Ich hole sie und bring sie zur Casita.", sagte Félix, der hinter seiner Schwägerin aus der Tür kam. 

"Luisa bringt Sofia gleich nach Hause", fuhr Julieta unbeirrt fort. 

Camilo nickte. "Ich bleibe bei ihr.", sagte er und wollte schon wieder rein gehen, doch seine Tante hielt ihn auf.

"Bruno ist bei ihr.", sagte sie nur und Marissa fügte hinzu: "Du solltest dich vielleicht auch vorher noch ein wenig frisch machen." Sie zeigte auf deinen Poncho, an dem ein paar Blutflecken klebten, zweifellos von Sofia. 

Wie erstarrt sah er an sich runter und Marissa zog ihm sanft am Arm, damit er sich in Bewegung setzte. "Ich bringe ihn erstmal zu mir, da kann er sich erstmal beruhigen und ihr kümmert euch um deine Schwägerin.", rief sie Julieta noch zu, ehe sie mit Camilo Richtung Backstube verschwand.



Nuestro milagro, Unser Wunder (Camilo xOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt