Ich schlafe nicht wirklich ruhig. Meine Gedanken halten mich die meiste Zeit der Nacht davon ab und ich falle erst sehr spät morgens in einen leichten Schlaf.
Warum hat er mich so angesehen? Wollte er das ich mehr mache?
Ich rolle mich auf meinem schmalen Bett auf die andere Seite um ihn ansehen zu können und stelle fest, dass er noch am schlafen ist.
Er sieht wieder so niedlich aus und vereinzelte Sonnenstrahlen haben ihren Weg, am Handtuch vorm Fenster vorbei gefunden und scheinen ihm direkt ins Gesicht.
Seine dunklen Haaren glitzern und er wirkt wie ein Gemälde. Ich wünschte er würde sich nie wieder bewegen. Wir könnte für immer so bleiben ohne über irgendwas nachdenken zu müssen.
Doch leider bleibt mir dieser Wunsch verwährt, denn er öffnet langsam die Augen und blinzelt mehrfach um sich an das Licht zu gewöhnen.
Dann schaut er mich an. Genau wie ich ihn eben gemustert habe. Er streicht sich eine Strähne aus den Augen und stützt sich dann auf seinen Ellenbogen.
Ich tue es ihm gleich und so liegen wir einige Minuten schweigend gegenüber bis ich mich räuspere.
"Das gestern-" fange ich an und überlege wie ich das ganze formuliere.
"Das gestern war ziemlich dämlich von mir. Ich hätte nicht so viel trinken dürfen, das war allein meine Schuld. Danke das du... Dich um mich gekümmert hast. Das hättest du nicht tun müssen." Ich schenke ihm ein ehrlich dankbares lächeln und er nickt langsam.
"Mhm das hätte ich echt nicht machen müssen. Aber ich kann einen... Freund doch nicht einfach so im Stich lassen." Er zögert kurz bei dem Wort Freund und beißt sich auf die Unterlippe. Diesmal nicke ich.
"Danke, ehrlich." Jetzt zögere ich. Sollte ich das in der Kabine ansprechen oder ist ihm das dann wieder unangenehm? Ich seufze leise und mustere ihn einen Moment.
Er erwidert meinen Blick interessiert und scheint auf etwas von mir zu warten. Ich schlucke einmal und setze mich im Bett gerade auf, er folgt meinem Beispiel und wir sitzen uns Gegenüber.
"Das in der Kabine" ich zögere kurz und warte seine Reaktion ab, er hält die Luft an doch unterbricht mich nicht. "Hatte das... Hatte das irgendwas zu bedeuten?" Frage ich vorsichtig und sehe ihn an.
Er schweigt eine ganze Zeit lang und kaut auf seiner Unterlippe herum, bis sie fast wieder am bluten ist und ich habe schon Angst wieder etwas falsches gesagt zu haben. Dann senkt er den Blick.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht." Er schaut auf und sieht mir zögerlich in die Augen.
Vielleicht.
"Vielleicht?" Wiederhole ich seine Antwort und er nickt langsam.
"Vielleicht. Keine Ahnung. Es tut mir leid." Er atmet die angehaltene Luft aus und steht von seinem Bett auf. Dann geht er zur Tür der Lodge und bleibt kurz stehen. Er dreht sich nicht um.
"Ich geh auf Klo. Wir sehen uns beim Frühstück okay?" Er wartet gar nicht erst auf meine Antwort und verlässt die Hütte ohne ein weiteres Wort.
"Vielleicht" wiederhole ich seine Antwort erneut. Er hat vielleicht gesagt. Er hat vielleicht gesagt.
Ich gebe unwillkürlich einen innerlichen Freudenschrei von mir. Es war kein ja, natürlich, aber er war auch nicht vollkommen abgeneigt.
Das muss etwas heißen, oder? Ich fahre mir durch die Haare und grinse breit. Dann schaue ich rüber zu seinem Bett und grinse noch etwas breiter.
Ich wechsle die Hose von gestern gegen eine frische, aber ich weigere mich kyles Hoodie aus zu ziehen. Er riecht irgendwie nach ihm obwohl er ihn diese Freizeit noch nicht an hatte.
Vielleicht bilde ich mir das ganze auch einfach nur ein weil mein Gehirn dezent verrückt spielt, aber ich habe nicht die Absicht es davon abzuhalten.
Noch bevor alle anderen aufstehen und zum Frühstück kommen, sitze ich am Tisch unter den Dächern und scrolle etwas auf meinem Handy herum, als ich eine Bewegung hinter mir wahrnehme.
Ich gehe davon aus das es sich um Kyle handelt und schaue kurz lächelnd auf als die Person neben mir Platz nimmt, doch das Lächeln vergeht mir sofort als ich sehe wer da neben mir sitzt.
"Leandro." knurre ich leise und rutsche sofort ein stück von ihm weg. Er lächelt und nickt.
"Ganz genau, warum hast du aufgehört zu lächeln? Das steht dir doch so. Vor drei Jahren hast du noch jedes mal gelächelt wenn du mich angesehen hast, was ist daraus geworden?" Fragt er leicht höhnisch und mit einem entsetzten Unterton.
"Du weißt ganz genau warum ich dich so ansehe. Ich will nichts mit dir zu tun haben. Warum bist du überhaupt wieder hier?" Frage ich verächtlich, doch eine wirkliche Antwort will ich nicht von ihm erhalten.
Ich würde ihn am liebsten erwürgen. Ihn irgendwie leiden sehen. Ihn verletzen so wie er mich verletzt hat. Ich schnaube leise und wende den Blick von ihm ab.
"Ich verdiene hier immer noch mein Geld mit und ich mag es in Italien. Ist ein schönes Land und erinnert mich an meine Heimat weißt du?" Säuselt er vor sich hin und ich würde mich am liebsten übergeben.
"Du solltest nicht so einen Job machen." Erwidere ich trocken und mit einer leichten Drohung in meiner Stimme. Er lacht leise, was dafür sorgt das ich noch genervter werde.
"Wieso meinst du das? Wegen dem einen Vorfall mit dir? Sei ehrlich so schlimm war es nicht oder? Du wolltest es doch auch, gib es zu." Ich kann förmlich hören wie er grinst und ich balle meine Hand sichtbar auf dem Tisch zur Faust.
"Ich wollte einen scheiß. Und jetzt verschwinde verdammt nochmal sonst mache ich meine Drohung vom letzten mal wahr." Er gibt erneut ein lachen von sich, steht allerdings auf.
"Wir sollten irgendwann nochmal reden, in anderer Atmosphäre, unter anderen Umständen. Hab einen schönen Tag Simon." Er dreht sich um und geht, doch damit ist mein Tag, der so schön angefangen hat, vollkommen versaut worden.
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Sweet Little Summer Love
RomanceEs sollte eigentlich ein ganz normaler Sommer werden. Keine großen Veränderungen, einfach nur etwas Entspannung unter der heißen Sonne in Italien. Doch das Camp in das Kyle von seinen Eltern gesteckt wird, bringt ganz andere Erfahrungen mit sich.