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Das wird schon, ja, das wird alles seinen Weg gehen und es wird alles gut gehen, versucht Ronja sich auf der Terrasse zu beruhigen.
Zwischendurch, jedoch nur so halbherzig, nimmt sie tiefe Atemzüge. Doch dabei wird sie immer wieder unterbrochen vom Anklopfen schlechter Gedanken, die sie stoppen will.
Es geht eigentlich alles seinen Gang, so wie es sein soll. Warum nur macht sie sich solche Gedanken? Viel lieber würde sie es genießen. Die Zeit mit ihrer kleinen Familie und ihren Freunden.
Kommt sie in eine Art Midlife-Crisis? Kann sie das überhaupt? Bekommen das nicht nur Männer? Was für ein bescheuerter Gedanke, denkt sie sich. Aber gibt es so etwas wirklich? Und falls, ist sie dafür dann nicht zu jung?
Ach, alles bekloppt, beschließt sie. Das wird schon, versucht sie sich nun entschlossener zu besänftigen.
Sie hört, wie sich Alice nähert und nimmt ihre Kraft zusammen.
„Na Al, schon fertig?"
„Ja, nimmst du heute eigentlich Nika mit oder wie ist das jetzt geplant mit einem Vormittag die Woche?"
„Ja stimmt. Ich werde heute keine lange Runde draußen machen. Aber trotzdem nehme ich Nika bis zur Arbeit, na klar."
„Ist alles in Ordnung?"
„Ja schon okay, wird schon."
„Wenn du reden willst, dann lass uns reden."
„Nicht jetzt, aber danke."
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Mit Nika im Tragegurt geht Ronja los. Die ersten Meter überlegend, ob sie zu Joe reingehen soll oder nicht. Aber wie soll sie sonst herausfinden, was los ist? Alice wusste auch nichts weiter. Sie fand seine Laune einfach unerträglich, aber denkt ebenso, dass ihn wohl etwas bedrücken würde.
Also drückt Ronja die Tür auf und sagt so wie immer „Hallo", was auch wie immer ganz normal erwidert wird. Als wäre nie etwas gewesen.
„Ach wieder mit der Nikamaus."
„Ja, Al und ich haben abgemacht, dass ich sie nun einen Vormittag zumindest bis zur Arbeit nehme, damit sie mehr Zeit für sich hat."
„Also bleibst du heute auch ein bisschen hier?"
„Eigentlich hatte Woody noch keine richtige Runde und ich bräuchte auch ein bisschen Bewegung. Von daher ..."
„Schon okay. Wenn ich das richtig beobachte, sehe ich dich am Donnerstag wieder, das passt dann schon."
„Okay. Dann hätte ich jetzt gerne meinen Café."
„Aber natürlich."
Sie verabschieden sich. Es kam kein Wort zu Sonntag, was Ronja noch mehr durcheinanderbringt. Vielleicht würde er ihr am Donnerstag mehr sagen. Sie geht mit ihrem Café weiter in den Park und so gut es geht, lässt sie bei jedem ihrer Schritte einen weiteren Gedanken los, der sie momentan belastet.
Am See setzt sie sich hin und versucht die Stille um sie herum zu genießen. Sie fokussiert sich auf Nikas Atem, der sie unglaublich beruhigt.
Als sie merkt, dass Nika unruhiger wird, macht sie sich auf den Rückweg.
◦◦◦◦◦◦
Zu Hause macht sie sich zunächst an das Aufwärmen der Milch und zieht dann Nika um. Nach dem Füttern legt sie sie ins Bettchen, Nika scheint sehr müde zu sein. Dann begrüßt sie Alice, die in ihrer Ecke im Schlafzimmer chillt und schlüpft selbst in ihre sogenannten Zuhauseklamotten und steckt sich das Babyphone an die Hose.
Klatsch. Die Fluruhr verrät ihr, dass es 12:27 Uhr ist. Okay, noch eine Stunde bis zur Arbeit.
Sie fragt Alice, ob sie ihr etwas bringen kann. Daraufhin kocht sie sich Café und Alice Tee, den sie ihr bringt, und verschwindet dann auf die Terrasse mit ihrem Laptop. Zum Malen kommt sie nun ohnehin nicht mehr, da sollte sie sich einen neuen Tag für suchen. Heute ist der 27.02. und Elmar wollte ihr heute eine Mail schicken. Lange haben sie nicht mehr regelmäßig geschrieben. Doch die aktuellen Geschehnisse ...
Hallo Ronja,
Du hast verstanden. Bisher hast du mich immer verstanden.
Nur einmal nicht. Am Anfang mit Alice und euch.
Aber das war deine Angst. Hast du noch Angst vor anderen Dingen?
So wie ich jetzt?
Hast du Angst vor Veränderungen wie ich?
Es ist ungewiss. Ich weiß nichts. So lange ich nichts weiß, hab ich Angst. Nicht nur Angst. Vielleicht weniger Angst als Sorge. Und Zweifel und viele Gedanken. Weil ich nichts weiß.
Wie ist das bei dir? Wie bei mir oder bin nur ich so?
Mit Frau Peters zusammen reden: Ja. Ich verstehe sie. Manchmal aber auch nicht. Weil ich dann andere oder zu viele Gedanken habe.
Dann hörst du auch zu. Und ich bin nicht allein.
Danke.
Meine nächste Mail schreibe ich am 03.03..
Bis morgen.
Von Elmar.
Hallo Elmar,
Ja, am Anfang hatte ich zu große Angst, als das ich es hätte verstehen können mit Alice. Das lag aber nicht an dir, sondern an mir.
Ich habe immer noch Angst. Manchmal.
Das liegt nicht an dir. Damit bist du auch nicht allein.
Es ist menschlich, Angst zu haben. Erinnerst du dich, dass wir das Thema schon einmal hatten?
Ich verstehe, hoffe ich, was du meinst, wenn du schreibst Angst oder Sorge.
Momentan habe ich auch ganz große Sorgen. Ich denke oder sage oft, dass ich Angst habe, aber ich habe viel eher Sorgen. Weil so viel ungewiss ist.
Machst du dann einen Termin mit Frau Peters aus und gibst mir Bescheid?
Ich komme gerne mit zu dem Gespräch. Diese Sorge möchte ich dir auf jeden Fall nehmen und nach dem Gespräch mit Frau Peters können wir überlegen, was zu tun ist. Und wie Alice und ich dir helfen können. Auch damit es klarer für dich ist.
Bis morgen.
Viele Grüße.
Von Ronja.◦◦◦◦◦◦
Nachdem sie die Mail abgeschickt hat, beginnt ihre Arbeitszeit. Während der Telefonberatungen hallen die Worte von Elmar noch nach. Angst und Sorge. Er hat recht, wie so oft. Sie macht sich eventuell ebenso zu viele Sorgen.
Ihr letzter Termin hat abgesagt und so kann sie bereits um 17:00 Uhr Feierabend machen. Sie schickt noch eine Mail an Oskar raus, damit er Bescheid weiß, dass sie heute etwas früher Schluss macht, nur für den Fall, dass er sie erreichen wollte.
Sie saugt die Luft noch einmal achtsam in sich auf und pustet sie bewusst langsam, jedoch bestimmt wieder aus.
Dann geht sie hinein, wo Alice mit dem Abendessen schon wartet. Beim Essen erzählt sie ihr von Elmars Mail – und dass es wohl erst einmal wieder regelmäßige E-Mail Korrespondenzen geben wird – sowie von dem – wann auch immer – anstehenden Gespräch mit Frau Peters. Alice befindet das als eine sehr gute Idee und möchte Bescheid wissen, falls sie etwas tun kann.
Um auf andere Gedanken zu kommen und weil Joe den Film vergessen hat, schauen die beiden sich den Film heute zu zweit an.
Ein wirklich trauriger, aber schöner Film. Ronja kann sehr gut folgen, da haben sie nicht den falschen Film prämiert.
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Impressionspunkte
Storie d'amore◇𝗥𝗼𝗺𝗮𝗻𝘁𝗶𝗸 & 𝗔𝗸𝘁𝘂𝗲𝗹𝗹𝗲 𝗟𝗶𝘁𝗲𝗿𝗮𝘁𝘂𝗿◇ Vier Menschen - alle mit ihrer ganz besonderen Impressionsweise - haben zueinandergefunden, wodurch einzigartige Bindungen zwischen Ronja, Alice, Elmar und Joe entstanden. Ab und zu gelangen...