27

115 8 5
                                    


Taehyung

Unsicher Schritt ich hinter Jungkook die Treppen in seine Etage empor. Ich war aufgeregt, wusste nicht was er mit mir besprechen wollen würde. Doch endlich war ich wieder mit ihm allein und konnte seine Anwesenheit genießen. Wenn er mit mir alleine war, war er so anders zu mir, viel vorsichtiger und mir zugewandter. Er beachtete mich wenn wir alleine waren. Ein Blick nach oben verriet mir, dass Jungkook bereits oben angekommen war, was mich dazu brachte etwas schneller zu gehen, um ihn nicht warten zu lassen.
Bei ihm angekommen legte sich ein Arm um meine Taille und führte mich zu dem großen Fenster, vor welchem wir bereits gestern standen. Die wohlige Wärme die mich durch seine sanfte Berührung erfüllte, ließ mich sogleich sicher fühlen.

Mit den Gedanken immernoch bei Jungkooks sanften Berührungen glitt mein Blick nach draußen, auf die Lichter der Stadt die den Raum, trotz der Entfernung, in ein warmes Licht tauchten. In diesem Moment erschien mir alles so perfekt. Ich stand hier vor dieser Wahnsinns Aussicht mit einer Person die gerade alles für mich war. Somit konnte ich es nicht verhindern, dass mir ein leises wohliges Seufzen entwich.
„Wusste ich es doch, dass du diese Aussicht gestern genossen hast. Daher dachte ich mir, dass es hier oben vielleicht etwas angenehmer ist zu reden, wenn du die Umgebung magst."
Jungkooks tiefe Stimme plötzlich zu hören ließ meinen Blick direkt zu ihm hinüber gleiten, hinüber zu den dunkelbraunen Rehaugen, die mich in diesem Moment so vorsichtig musterten, dass es mir einen leichten Rotschimmer auf die Wangen trieb.

„Taehyung ich würde dir gerne den genauen Grund nennen, weshalb du hier bist." Fast schon vorsichtig kamen diese Worte aus seinem Mund. Aber wollte ich es überhaupt wissen? Wollte ich mir meine Illusion, er hat mich zu sich geholt, damit ich bei ihm bin, wirklich zerstören? Nein das wollte ich bestimmt nicht. Mir reichte es eigentlich zu wissen, dass der Ausgangsgrund mein Bruder war. Aber würde es wohl nur er sein, dann hätte er mich doch bestimmt schon umgebracht, oder? Liegt ihm vielleicht doch etwas an mir? Nein ich wollte es nicht wissen!

Mir gehauchter Stimme wand ich mich an ihn. „Ich glaube ich will es garnicht so genau wissen, Jungkook." Wirklich vorsichtig kamen diese Worte aus meinem Mund. Ich wollte ihn nicht verärgern. Ängstlich vor seiner Reaktion senkte ich wieder den Blick, bis sich sanfte Finger unter mein Kinn legten und meinen Kopf wieder in die Höhe streckte.
Meine Tränen zurück haltend blickte ich ihm entgegen. „Wein nicht Taehyung. Ich werde dir nicht mehr weh tun das...verspreche ich dir. Du brauchst keine Angst mehr vor mir zu haben." Wie eine Melodie erklangen diese Worte in meinen Ohren. Er wollte mir nicht mehr weh tun. Nie mehr.

Vorsichtig nickend gab ich ihm das Siganl, dass ich mit der Aufklärung einverstanden war und sofort nahm er seine Hände von mir um sie an seinem obersten Hemdknopf anzulegen und einen nach dem anderen aufzuknöpfen. Durch die entblößte Haut die zum Vorschein kam, je weiter er sein Hemd aufknöpfte senkte ich beschämt meinen Kopf. Meine Gedanken gingen grade in eine komplett andere Richtung und das war mir extrem unangenehm. Erst als sich ein Daumen auf meine Unterlippe legte und diese von meinen Zähnen zog schmeckte ich den metallischen Geschmak von Blut, welches von meiner Unterlippe kam. Ein sanftes Lächeln zierte sein Gesicht, als ich zu ihm aufsah.

„Lass deine Lippe in Ruhe Taehyung. Du machst sie nur kaputt. Also...ich war früher sehr gut mit deinem Bruder befreundet. Wir waren Beste Freunde, doch leider änderte sich das von dem einen auf den anderen Tag.
In meiner Pubertät ist mir erst richtig bewusst geworden, dass ich mehr an Männern interessiert bin, als an Frauen und durch die sehr enge Bindung zu deinem Bruder, habe ich mit der Zeit angefangen Gefühle für ihn zu entwickeln, bis diese dann so stark waren, dass ich mich ihm gegenüber geoutet habe und ihm auch, auf den Rat eines sehr guten Freundes von uns beiden, meine Gefühle für ihn gestanden habe.
Ich glaube du kannst dir ungefähr vorstellen was dann bei uns los war. Sie haben mich jeden Tag erniedrigend, geschlagen und mich vor der gesamten Schule bloß gestellt. Ich habe das alles über mich ergehen lassen, bis zu dem Tag an dem das passiert ist..."

Geschockt über das gerade gehörte starrte ich immernoch in sein so schönes Gesicht, den kleinen Stich in meinem Herzen ignorierend. Erst die Hand auf meinem Kopf machte mir klar, dass das um was es ging etwas weiter unten zu finden sein würde. Peinlich berührt über den sich mir bietenden Ausblick blieb mein Blick dann doch an den deutlichen Narben auf seiner Brust hängen. Nicht fähig irgendwie zu reagieren legte ich einfach nur meine Hand auf meinen Mund um das Aufschluchzen, welches die aufkommenden Tränen begleitete, zu dämpfen. Meine andere Hand glitt vorsichtig zu den Narben und fuhr sanft über diese. Mir war bewusst wie grausam mein Bruder sein konnte, aber, dass er so weit gehen würde hätte selbst ich nicht erwartet.

„Hat er...er das gemacht?" wimmerte ich ehrlich betroffen und ließ meinen Blick wieder hinauf in Jungkooks Gesicht gleiten, der mich gerade so sanft lächelnd musterte. Mich fast in diesem Lächeln verlierend bemerkte ich trotzdem die kleine Narbe auf seiner Wange und ohne, dass mir Jungkook die Bestätigung geben musste, wusste ich, dass diese kleine Markierung ebenfalls etwas mit meinem Bruder zu tuen hatte. Fassungslos sah ich ihn an. „Warum hast du ihn nicht angezeigt Jungkook? Du hättest bestimmt etwas erreicht damit." Doch das sanfte Kopfschütteln signalisiert mir, dass ich lieber nichts dazu sagen sollte, weswegen ich meinen Blick wieder auf seine Brust senken ließ, wo noch immer meine Hand lag.

Nachdenklich musterte ich die Vernarbungen unter meinen Finger und ohne wirklich darüber nachzudenken nährte ich mich ihnen mit meinem Kopf, bis meine Lippen die Verletzte Haut berührten. Ich verharrte wenige Sekunden an dieser bis ich sie wieder löste und unsicher zu Jungkook empor sah, der mich verdutzt musterte. Leicht legte ich meine Hände an seine Wangen, um seinen Kopf etwas zu mir hinunter zu ziehen und meine Lippen ebenfalls auf die Narbe an seiner Wange zu legen. Diesen sanften Kontakt hielt ich jedoch nicht so lange wie den davor, denn ich konnte immernoch Jungkooks verwirrten Gesichtsausdruck auf mir spüren.
War ich zu weit gegangen? Beschämt nahm ich meine Hände komplett von ihm und senkte wieder meinen Blick.

Doch die erneute Berührung an meinem Kopf ließ ihn sich sofort wieder heben.
„Ich hatte mir erhofft ihm mit deiner Entführung so weh zu tun, wie er mir damals wehgetan hat und ja ich hatte auch wirklich vor dich zu töten, aber das kann ich jetzt nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, denn es würde rein garnichts bringen einen unschuldigen Jungen Mann wie dich zu töten. Ich habe mit all deinen Verletzungen einen großen Fehler begangen, den ich nie wieder rückgängig machen kann, aber ich hoffe, dass du mir das eines Tages verzeihen kannst."

Immernoch mehr als betroffen sah mir Taehyung in die Augen „Das werde ich bestimmt irgendwann. Ich möchte mich in aller Form für das entschuldigen was mein Bruder-" „Nein Taehyung. Du musst dich für garnichts entschuldigen, er wird schon seine gerechte Strafe dafür bekommen, was er mir...uns angetan hat."
Streng sah er von oben auf mich herab, weswegen ich geschlagen den Blick senkte und langsam nickte, was er mit einem Streichen durch meine Haare erwiderte.
„Mir hat schon deine überaus...sanfte Geste gezeigt wie sehr du mit mir fühlst und das bewundere ich wirklich sehr."

_____________________________________
Nächstes Capitel wird 🔥

~El💜

stockholm syndrome k.th.x.j.jk. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt