Kelly
"Hey. Kann ich mich setzen?"
Ich zucke erst kurz zusammen, ehe ich aufsehe. Wie aus dem Nichts steht vor mir ein Mädchen mit hellbraunen Haaren, welche ihr offen über die Schultern fallen und ihr bis zur Höhe ihres Schlüsselbeins gehen. Bei ihrer hellen Haut kommt das Pastellgelbe Top, welches sie zu ihrer Jeans trägt, gar nicht wirklich zur Geltung. Auf den Lippen trägt sie ein freundliches, einladendes Lächeln. Kurz bin ich wie in einer Starre, weil ich mir mehrmals durch den Kopf gehen lasse, was sie mich so eben gefragt hat. Kann ich mich setzen? Diese vier Worte wiederhole ich immer wieder bis sie mich erneut aus meinen Gedanken reißt.
"Ist schon gut. Ich kann mich auch wo anders hinsetzen, wenn du lieber deine Ruhe haben möchtest. Ich dachte nur, weil du so..." Als ihre Worte an mein Ohr dringen, lasse ich ihr nicht die Zeit, ihren Satz zu Ende zu sprechen. Zum Einen, weil ich weiß, was sie sagen will und ich genau das eben nicht hören will. Zum anderen, weil ich möchte, dass sie sich zu mir setzt. Vielleicht könnte das der Anfang einer aufblühenden Freundschaft sein. Wo kommt dieser Optimismus auf einmal her?
"Nein. Also... Sorry. Eigentlich will ich sagen... setz dich doch bitte". Ich lächle sie an und sie erwidert es. Wobei, genau genommen ist ihr Lächeln die ganze Zeit über nicht verrutscht. Sie scheint ein sehr fröhlicher Mensch zu sein, was mir auf Anhieb gefällt. Sie nimmt neben mir Platz und stellt ihr eingepacktes Essen vor ihren Füßen ab, um sich in den Schneidersitz zu setzen. Dann nimmt sie das Essen und legt es auf ihren Beinen, in ihrem Schoß ab.
"Ich bin Riley. Erstes Semester in Architektur. Freut mich, dich kennenzulernen." Kurz. Knapp. Bündig. Und genügend Informationen, mir erneut ein Fragezeichen ins Gesicht zu zeichnen. Sie studiert auch Architektur? Ich versuche mich daran zu erinnern, sie im Kurs von vorhin gesehen zu haben, aber irgendwie scheint sie mir da nicht aufgefallen zu sein. Als ich merke, mich immer noch nicht vorgestellt zu haben, schüttle ich kaum merklich den Kopf, in der Hoffnung, sie nimmt meine Verwirrung nicht war. Ich konzentriere mich wieder auf das Wesentliche.
"Freut mich Riley. Ich bin Kelly. Ich studiere auch Architektur im ersten Semester." nutze ich ihre Vorlage, mich ihr vorzustellen. Den Satz 'Komisch, dass wir uns eben nicht gesehen haben.' schlucke ich nochmal rechtzeitig runter. Sie nickt nur heftig und schluckt ihre riesige Portion Gemüsepfanne herunter. Ich beschließe, auch endlich den Deckel der Styroporschachtel vor mir zu öffnen und mich meinem Essen zu widmen, was inzwischen sicherlich kalt ist. Riley will sich gerade eine Gabel mit aufgespießtem Hähnchen in den Mund schieben, als sie inne hält und mich verwirrt mustert.
"Du hast dein Essen ja noch überhaupt nicht angerührt!?" Es ist mehr eine Frage, als eine Feststellung, weshalb ich verlegen zögerlich nicke. Sie redet unbeirrt weiter. "Ich dachte, du wärst schon fertig und deshalb ist die Schachtel zu. Die Essensausgabe hat doch gerade zugemacht und ich hab dich da drin nicht gesehen. Wie lang sitzt du denn schon hier? Das ist doch bestimmt eiskalt und total widerlich!?" Dieses Mal überwiegt die Feststellung, wobei immernoch ein fragender Unterton in ihrer Stimme mitschwingt. Ich muss leise lachen, bei ihren vielen Fragen und Aussagen über mein, bis jetzt, unangerührtes Essen. Ihre direkte, unbekümmerte Art gefällt mir.
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Find myself - A lie. A love. A mess.
Teen FictionKelly ist nun 19 Jahre und steckt mitten in ihrem Studium für Architektur. Als sie durch ihren Nebenjob jedoch ihre Leidenschaft für die Musik und den Gesang wieder aufleben lässt, treten ihr plötzlich Erinnerungen ins Gedächnis, welche sich allerd...