Harvey
Ich muss schlucken und blinzeln, um zu verdauen, was Kels mir gerade anvertraut hat. Sie hat Gefühle für mich. Ersthafte Gefühle. Doch es ist nicht allein ihr Geständnis, welches mich komplett aus der Fassung bringt. Viel mehr ist es ihre letzte Frage, die sie an mich gerichtet hat.
"Oder bin ich nur ein Zeitvertreib für dich?"
Denkt sie wirklich so von mir? Ich habe gehofft, nein ich bin mir sicher gewesen, dass es nicht so ist. Dass sie in mir nicht den Typen sieht, welcher mit den Herzen der Mädchen spielt. Als der Weiberheld, so wie mich alle sehen, selbst meine Freunde, auch wenn sie es vielleicht nicht zugeben wollen. Doch bei Kelly habe ich wirklich ernsthaft glauben wollen, dass sie anders ist. Dass sie sich nicht von Worten anderer beieinflussen lässt. Doch scheinbar habe ich mich in ihr getäuscht. Ich schüttle den Kopf, um wieder aus meinen Gedanken in die Wirklichkeit zu kommen und ihr eine Antwort, oder besser gesagt, eine Gegenfrage zu geben.
"Siehst du mich so? Ist es das, was du von mir denkst? Wirklich?" Ich beherrsche mich um einen ruhigen Ton, da ich es einfach nicht glauben will. Tränen glitzern in ihren Augen, was mir einen Stich ins Herz verstetzt. Ich hasse es, sie traurig zu sehen. Vor allem, wenn ich, wie jetzt, der Grund dafür bin.
"Ich weiß es nicht." Ihre Stimme ist nur ein Flüstern, ein Hauchen beinahe. Normalerweise wäre ich jetzt aufgesprungen und hätte ohne weitere Umschweife die Wohnung verlassen. Doch ich will sie nicht aufgeben. Ich kann sie nicht aufgeben. Zu gern würde ich ihr jetzt einfach sagen, dass ich all ihre Gefühle erwidere. Dass es mir nicht anders geht, als ihr. Dass ich es kaum aushalte, wenn sie auch nur eine Sekunde nicht in meiner Nähe ist. Dass mein ganzer Körper in Flammen steht, wenn ihre weichen Lippen auf meinen liegen. Dass ich die Beherrschung verliere und am liebsten über sie herfallen würde, wenn sie an ihrer Unterlippe kaut, weil sie nervös ist. Dass ich ihre tiefen, meeres- nein ozeangleichen Augen sowie ihre rosigen Wangen, welche sich bei jedem Kompliment, das ich ihr mache, in ein unsagbar einzigartiges, wunderschönes rot färben, jeden Morgen als erstes sehen will, wenn ich die Augen aufschlage und als letztes, wenn ich sie wieder schließe. Dass sie die Einzige ist, die ich möchte. Dass sie die Einzige ist, die ich brauche. Die Einzige, die ich verdammt nochmal liebe. Sie! Niemand sonst. Ich will ihr all das und so viel mehr sagen. Aber ich kann nicht.
"Ist das alles? Du weißt es nicht? Kels, verdammt! Ich bin mit dir zu diesem bescheuertem Haus gefahren, weil ich dir helfen will. Weil du mir wichtig bist. Ich komme jedes verfickte Mal beinahe um, wenn ich immer mitansehen muss, wie traurig du beim Klavierspielen bist. Ich habe dir gesagt, dass wir zusammen herausfinden werden, was das für Zeitungsartikel und Fotos sind. Denkst du allen ernstes, ich würde das für dich tun, wenn du nur ein Zeitvertreib für mich wärst?"
Ich merke, kurz davor zu stehen, dass mir alle Sicherungen durchbrennen und ich tatsächlich aufstehe und verschwinde. Doch ich will ihr eine Chance geben. Das sie wieder die ist, für die ich sie gehalten habe. Für die ich sie immer noch halte. Meine Reaktion hängt ganz allein an ihrer nächsten Antwort.
"Ich... Harvey, wir kennen uns erst seit einem Monat. Ich habe einfach zu viel mitgemacht, als dass es anders sein könnte. Ich kann dich nicht länger einfach so küssen, ohne zu wissen, was das für dich ist. Verstehst du?" Ihre Stimme hat einen ruhigen, aber dennoch verzweifelten Ton angenommen. Für mich ist das jedoch Antwort genug. Mehr brauche und will ich nicht hören.
"Ja, allerdings. Ich verstehe, sehr gut sogar! Ich habe echt gedacht, dass du anders wärst als die anderen." Und mit diesen Worten erhebe ich mich schnell von der Matraze, auf der wir bis eben noch beide gesessen haben. Gott! Wer weiß, wie weit wir gegangen wären, hätte sie mich nicht aufgehalten. Ich schlage die Tür hinter mir zu, nachdem ich noch ein verzweifeltes "Harvey, bitte." von ihr gehört habe und renne das Treppenhaus nach unten. Ich brauche so schnell wie möglich frische Luft.
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Find myself - A lie. A love. A mess.
Teen FictionKelly ist nun 19 Jahre und steckt mitten in ihrem Studium für Architektur. Als sie durch ihren Nebenjob jedoch ihre Leidenschaft für die Musik und den Gesang wieder aufleben lässt, treten ihr plötzlich Erinnerungen ins Gedächnis, welche sich allerd...