Kelly
Alles was ich spüre ist Schmerz. Umgeben von kompletter Schwärze, versuche ich mich daran zu erinnern, woher die pochenden Kopfschmerzen sowie die Reglosigkeit meines Körpers kommen. Einzig und allein das helle Licht von den Scheinwerfern eines Autos kommen mir wieder in den Sinn. Das laute Knacken der Windschutzscheibe. Ein höllisch spitzer Schrei. Riley! Schlagartig kommen alle Erinnerunen zurück. Ich habe den Abend mit Riley verbracht, nachdem ich Harvey dazu überredet habe, mal wieder ein paar Stunden für seine Freunde übrig zu haben. Wir sind Essen und im Kino gewesen. Ich habe meine beste Freundin nach Hause fahren wollen. Lange hat die Autofahrt dann aber scheinbar nicht gedauert. Das Auto hat uns absichtlich von der Straße dringen wollen. Warum haben wir uns nicht gewundert und angehalten, als wir gemerkt haben, dass dieser schwarze Audi uns seit meiner Wohnung verfolgt? Das Pochen an meiner Schläfe wird schlimmer. Ich sollte nicht so viel darüber nachdenken. Vor allem, wenn ich es noch nicht einmal schaffe, meine Augen zu öffnen. Erst jetzt realisiere ich den warmen Atem, welcher in regelmäßigen Abständen über meinen rechten Arm streift und somit immer wieder eine wohlige Gänsehaut über meinen Körper schickt. Auch wenn ich ihn nicht sehen kann, es gibt nur eine Person, bei der mein Körper so sensibel reagiert.
"Harvey?" Innerlich mache ich Freudensprünge, da meine Stimme ganz offenschtlich nicht versagt hat. Trotz dessen, dass meine Stimme nicht mehr als ein leises Hauchen ist, vernehme ich augenblicklich eine Regung neben mir. Und anschließend seine raue, kehlige Stimme sagt mir, dass ich ihn mir nicht eingebildet habe. Er ist hier!
"Kels? Oh mein Gott, Kels! Du bist wach!" Ich weiß nicht, was größer ist. Seine Freude darüber dass ich ein Lebenszeichen von mir gegeben habe, oder die Sorge und Verzweiflung, dass er es schier für unmöglich gehalten hat, meine Stimme demnächst wieder zu hören. Nach mehreren Versuchen schaffe ich es dann tatsächlich, blinzelnd und unter enormer Anstrengung sowie immer heftigeren Kopfschmerzen, meine Augen aufzuschlagen. Endlich! Doch keine Sekunde später, kneife ich sie wieder fest zusammen, so sehr blendet das Licht, welches mich plötzlich umgibt.
"Du bist hier?" Es ist mehr eine Frage, als eine Feststellung. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, was dieses 'hier' überhaupt ist. Zählen tut einzig und allein, dass er nach wie vor an meiner Seite ist.
"Natürlich bin ich hier. Alle drei Tage, sechzehn Stunden, dreiunddreißig Minuten und zehn Sekunden." Mir fällt sofort sein amüsierter Unterton auf, so als könnte ich sein Lächeln schon fast hören, obwohl ich immer noch mit dem grellen Licht zu kämpfen habe.
"Könntest du..." Kurz muss ich Luft holen, da ein schrecklicher Schmerz meinen gesamten Körper durchzieht, sobald ich mich leicht aufsetzen will. "Könntest du bitte das Licht ausschalten?" Meine Stimme endet in einem krazendem Hustenanfall. Ich höre nur seine großen Schritte auf dem Boden und etwas, was sich anhört, als würde er irgendwelche Vorhänge zuziehen. Es ist also gar kein Licht an? Soll dieses brennende Licht etwa ausschließlich die Sonne gewesen sein, welche durch die Fensterscheiben gedrungen ist? Wie spät haben wir es denn überhaupt? Welcher Tag ist heute? Mühsam öffne ich erneut meine Augen und stelle erleichtert fest, dass ich mit dieser Art Helligkeit schon eher zurecht komme. Keine Sekunde, nachdem ich, oder besser meine Augen, sich an das nun spärliche Licht dieses Raumes gewöhnt haben, suche ich meine rechte Seite nach Harvey ab.
"Hey, ich bin hier. Okay? Ich bin immer noch hier." Ich verliere mich in seinen grünen Augen. Auch wenn das Licht nun nicht mehr das stärkste und hellste ist, erschreckt mich sein Anblick. Er muss sich mehr als einmal, wahrscheinlich viel zu oft durch die Haare gefahren sein. Seine smaragtgrünen Augen haben jeglichen Glanz verloren. Seine Lippen, die ich so gerne wieder auf meinen spüren würde, da ich das Gefühl habe, schon Ewigkeiten von ihm getrennt zu sein, sind trockener als je zuvor. Er trägt immer noch die gleichen Klamotten, wie als er mich an meiner Wohnung abgesetzt hat. Ich habe darauf bestanden, mit meinem Auto zum Kino zu fahren. Sein Gesicht ist eingefallen und wenn mich nicht alles täuscht, sind seine Augen noch leicht rot und gereizt, genauso wie das leicht stumpfe Schimmern auf seinen Wangen. Hat er etwa geweint? Er? Harvey? Mein Harvey?
DU LIEST GERADE
Find myself - A lie. A love. A mess.
Teen FictionKelly ist nun 19 Jahre und steckt mitten in ihrem Studium für Architektur. Als sie durch ihren Nebenjob jedoch ihre Leidenschaft für die Musik und den Gesang wieder aufleben lässt, treten ihr plötzlich Erinnerungen ins Gedächnis, welche sich allerd...