Kapitel 20

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Kelly

 "Da ist ja mein Superstar! Und ich dachte schon, du hättest unsere Verabredung für heute vergessen. Ich schließe schließlich nicht umsonst einfach früher." Ich werde direkt in eine von Mo's väterlichen Umarmungen gezogen, nachdem er mit seiner Begrüßung hinter dem Tresen hervor gekommen ist. Danach tauscht er mit Harvey einige Blicke aus, welche ich allerdings nicht deuten kann, als sie sich mit einem Handschlag begrüßen. 

"Tut mir leid, dass ich so spät bin. Aber findest du nicht, dass du da etwas übertreibst, wenn du Superstar sagst?", antworte ich dem älteren Mann mit einem Lächeln auf den Lippen, ehe meine Augen zu Harvey schweifen, der sich ganz offensichtlich versucht, ein Grinsen zu verkneifen. 

"Ich finde nicht, dass er übertreibt.", gibt Harvey ihm mit einem ernsthaften Lächeln in meine Richtung recht. Ich gebe ihm mit einem ernsten, dennoch lächelnden Kopfschütteln zu verstehen, dass er ja ruhig sein soll. Dann wende ich mich wieder zu meinem Boss.

"Also, was hast du dir vorgestellt für heute?", wechsle ich das Thema, um endlich zur Sache zu kommen. Mo betrachtet mich kurz mit einem eindringlichen Blick, bevor er zu einer Antwort ansetzt. 

"Heute Abend soll sich alles um dich drehen. Ich habe Camyl und Ginger bereits gebeten, sich um ein vernünftiges Outfit für dich zu kümmern. Sie sind sofort, samt Arbeitsschürze ins Auto gesprungen." Etwas anders habe ich von den beiden auch gar nicht erwartet. Wenn es ums Shoppen geht, sind beide ohne Umschweife zur Stelle. Ich danke ihnen gedanklich, dass sie mir die Entscheidung der Klamotten abnehmen und ich mich nicht wieder Stunden mit Riley vor meinem Kleiderschrank herumquälen muss. Ich gebe Mo mit einem dankbarem Nicken zu verstehen, dass er weiter reden kann. 

"Ich würde mit dir gerne die Zeiten durchsprechen. Wann du spielst, was du spielst, wann du ungefähr die Pausen setzen möchtest und wie lange du gesamt bereit bist, zu spielen. Geht das für dich in Ordnung?" Mit so vielen Fragen auf einmal bin ich zuerst extrem überfordert, um überhaupt etwas zu erwidern. Hilfesuchend sehe ich zu dem großen Jungen neben mir. Ich weiß zwar nicht, wie er mir dabei helfen kann, aber er findet sicher eine Möglichkeit. Tut er immer. 

"Ich denke, dass geht klar. Ich würde euch auch ein wenig unter die Arme greifen, wenn das für euch okay wäre.", ertönt nun die Stimme besagten Jungens. Ich gebe ihm als Antwort ein schnelles Nicken, woraufhin er schmunzelnd zu Mo sieht und ganz neben bei unauffällig nach meiner Hand greift, um unsere Finger miteinander zu verschränken. Nur gut, dass er nicht neben oder hinter mir stehen wird, wenn ich spiele. Ansonsten würden eine Menge schiefer und falscher Töner bei rum kommen, da mich seine Nähe komplett aus dem Konzept bringt. 

"Gut alles klar. Coleman, ich würde mit dir gerne nochmal unter vier Augen sprechen wollen." Harvey nickt nur und lässt widerwillig meine Hand los, nachdem er einen kurzen Kuss auf meiner Wange hinterlassen hat.  Himmel! 

"Kelly, spiel dich doch schon mal ein wenig ein. Wir sind gleich zurück." Ruft mir Mo noch zu, ehe beide Männer in der Küche verschwinden. Na toll, vielen Dank auch! Seufzend ziehe ich meine Jeansjacke aus, lege sie auf den Tresen und setze mich dann ans Klavier. Ohne groß darüber nachzudenken, fliegen meine Finger nur so über die Tasten, geben die Töne von 'The River flows in you' wider. Ich kann nicht verhindern, dass die Bilder wieder vor meinen Augen auftauchen und somit meine Stimmungslage nach unten ziehen. Ich ziehe meine Finger von den Tasten zurück. 

"Ich kann das nicht.", flüstere ich eher nur zu mir selbst. An dem kläglichen Versuch, nicht zu weinen, scheitere ich Haus hoch. Verdammt!

"Ja, ich werde nichts sagen. Versprochen. Kels?...", höre ich nun die erst lachende, dann schlagartig besorgte Stimme der Person, die mir jetzt als einziges Trost spenden kann. Langsam hebe ich meinen Kopf, nur damit sich meine Augen sogleich in seinen wiederfinden. Er weiß sofort, was los ist. Schnellen Schrittes ist er bei mir, kniet sich vor mich und nimmt mich in die Arme. Ohne zu zögern gehe ich ebenfalls auf die Knie, um mein Gesicht besser an seiner Brust vergraben zu können. 

Find myself - A lie. A love. A mess.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt