25. Die Sprache der Männer

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Wie kann man denn nur so dreist sein?
Ich konnte es mir einfach nicht erklären, was mit Anita los war. Klar, die ehrlichste war sie noch nie, aber so offensichtlich zu lügen sah ihr eigentlich nicht ähnlich.
Und Mike musste darunter leiden. Es wäre schon schlimm genug gewesen, wenn er sich auf das ewige hin und her mit Anita einlässt, aber sich so dreist von jemanden, in den man verliebt ist, anlügen zu lassen, tat wahrscheinlich echt weh.

Deshalb beschloss ich auch Mike zu fragen, wie es ihm ginge.
Die Antwort war jedoch mal wieder typisch Mann:
Ein knappes "Alles gut!"
Mehr nicht. Aber heißt wohl so viel wie 'lass mich in ruhe ich will nicht wie ein Weichei über meine Gefühle sprechen!'
Ja, auch Männer hatten ihre ganz eigene Sprache, nicht nur Frauen.
Da man dagegen sowieso nichts tun konnte (der männliche Stolz ist mindestens so unantastbar wie die Würde des Menschen) antwortete ich einfach nur ein 'okay...' und ließ es erst einmal darauf beruhen. Morgen würde ich ihn persönlich sehen, da konnte er nicht mehr verstecken, wie es ihm wirklich geht.

Da es schon ziemlich spät war, ging ich dann auch bald ins Bett.
Am nächsten Morgen (zum Glück immer noch in den Winterferien) machte ich mich schon recht früh auf in den Stall. Da Mikes Mutter heute morgen Reitstunden geben würde, war Mike wohl auch da, er half ihr dann immer, oder besser gesagt musste ihr helfen. Denn wer steht schon freiwillig in den Ferien um halb 6 auf?

Als ich ankam, sattelte er gerade eines der Schulpferde, den braven Schecken Benni. Eigentlich nahm ich an, er richtete ihn für eine Longestunde, aber da lag ich wohl falsch, denn Mike setzte sich gerade seinen Helm auf.
"Reitest du Benni?" fragte ich ihn deshalb etwas verwundert. Er war nicht sonderlich gut ausgebildet, weshalb er nicht unbedingt Mikes Lieblingspferd war.
"Ja, ich geh ausreiten. Willst du mit? Liegt ja zum Glück kein Schnee."
Also sattelte ich schnell meinen Ruben und wir machten uns im gemütlichen Schritt auf den Weg, die zweideutigen Kommentare ('aber bleibt angezogen, draußen ist es kalt!') ignorierend, die Pedro uns hinterher rief.

Natürlich ignorierte ich sie nur augenscheinlich, in Wahrheit machte ich mir mal wieder unnötige Gedanken darüber. Ist das so was besonderes, mit einem Jungen zusammen ausreiten zu gehen? Eigentlich ja nicht... Wahrscheinlich wollte er uns nur ein bisschen ärgern, schließlich wusste inzwischen jeder, dass Mike ein Auge auf Anita geworfen hatte.

Als wir etwas vom Stall entfernt waren, entschloss ich mich dazu, Mike einfach mal auf gestern anzusprechen, auch wenn ich das normalerweise lieber per SMS erledigte- da hatte ich nicht so Angst etwas falsches zu sagen, weil ich es mir vorher immer noch fünf mal durchlesen konnte.

"Also, was sagst du zu Anitas Reaktion gestern?" fragte ich ihn schließlich vorsichtig.
"Ich weiß nicht. Sie lügt halt schon wie gedruckt. Aber sie kann mir ja auch schlecht die Wahrheit sagen. Naja ich hab keine Ahnung, ich bin in ein paar Tagen doch eh schon weg."
"Dann musst du das bis dahin eben geklärt haben! Aber ist ja klar, dass das nicht geht wenn ihr nur miteinander schreibt und sobald ihr euch seht, seid ihr nur noch wie Freunde. Ich sag's dir jetzt zum letzten Mal: REDE mit ihr. Sie würde das nicht von sich aus tun aber du bist der ältere, also mach einfach!"

Ich weiß auch nicht, woher ich plötzlich den Mut für so eine lange Rede nahm, aber in diesem Moment überkam es mich einfach. Am liebsten wäre es mir natürlich, er würde Anita einfach vergessen, aber das konnte ich wohl unter Wunschdenken verzeichnen... Also sollten sie doch wenigstens ehrlich zueinander sein und die Fronten klären. Ich wollte ja auch, dass meine Freunde glücklich wurden.

Erstaunt sah Mike zu mir herüber. Er war es auch nicht gewohnt, dass ich so offen mit ihm sprach.
"Okay, okay, ich rede ja mit ihr. Aber was soll denn das groß ändern? Ich bin bald weg, dann sehen wir uns erstmal nicht mehr. "

Ja Mike, ich hab's langsam begriffen, dass du nach Berlin gehst, du musst mir damit nicht noch mehr die Laune runterziehen.
Das sagte ich natürlich nicht laut aber hätte ich am liebsten. Ich hatte mich immer noch nicht damit abgefunden, dass er bald 10 Autostunden entfernt leben würde. Und vor allem nicht damit, dass wir uns wahrscheinlich schnell auseinander leben würden und ich auch mit den Mädels aus dem Stall nicht mehr so viel unternehmen würde. Mein ganzes soziales Leben droht mit Mike zusammen wieder zu verschwinden. Ohne es zu bemerken, hielt er in den letzten Monaten uns alle zusammen.

Bevor ich noch komplett in meinen deprimierenden Gedanken versank, widmete ich mich wieder Mike zu und während wir über seine Bereiterausbildung in Berlin sprachen, ritten wir gemächlich zurück zum Stall.

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Wow, ich hab's mal wieder geschafft! Es tut mir echt leid, dass ich so selten update, aber ihr werdet wohl alle verstehen, dass ich mit Uni und zwei Pferden meistens genug zu tun habe ;)
Wahnsinn, dass das Buch hier schon über 4000 reads und über 400 Votes hat, vielen Dank!! :)

Für die, die es noch nicht wissen: ich schreibe inzwischen an noch zwei anderen Büchern (Achtung Schleichwerbung xD): einer 'Reitlehre' und einer pferdelosen Liebesgeschichte. Würde mich freuen, wenn ihr mal reinlest und evtl Verbesserungsvorschläge macht ;)

Lg Goldika

Riders are stable PeopleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt