Riders are stable People

4. Ich brauch mehr Alkohol...

4. Ich brauch mehr Alkohol...

Wir 4 - Amelie, Miriam, Mike und ich - trafen uns daraufhin jeden Tag im Stall, bewegten die Schulis und lenkten Mike ab, wenn er sich darüber ärgerte, dass Anita den Deal mit der täglichen SMS nicht einhielt.
Doch wurde seine Laune trotzdem zunehmend schlechter, wobei er mir so immer noch lieber war als wenn er dauernd Anita hinterherlief. Denn diese ließ den ganzen Urlaub über nichts von sich hören, da sie, wie wir später erfuhren, kein Geld für SMS oder Internet aus dem Ausland ausgeben wollte. Mike setzte das ordentlich zu - bis er es schließlich nicht mehr aushielt und sobald Anita wieder Zuhause war, ihr seine Liebe gestand. Was wir natürlich nicht von ihm, sondern von Anita erfuhren. Yes! Wette gewonnen! Die einzige, die das überraschte, war Anita selbst. Entsetzt rief sie mich an und las mir seinen kleinen Roman vor.

"Hilfe Lou, was soll ich jetzt tun?"
"Ja ganz einfach- bist du in ihn verliebt oder nicht?"
"Um Gottes Willen nein, aber das kann ich ihm ja nicht einfach sagen!"
Genervt stöhnte ich auf "Ooh nein Anita, das tust du dem armen Jungen nicht an! Wenn du was von ihm willst- super! Aber wenn nicht machst du ihm bitte keine falschen Hoffnungen!"
"Jaa mach ich ja auch nicht und irgendwie ist er ja schon süß- wenn er bloß bisschen mehr Muskeln und weniger Pickel hätte! Ach keine Ahnung ich schreib im jetzt einfach sowas wie 'Ja okay' oder so..."

Ja okay?! 'Ich liebe dich' - 'ja okay.'? Wie kommt man nur auf so einen Schwachsinn?
Anita war echt nicht mehr zu helfen! Ich mein, man musste ihr zu Gute halten, dass sie erst 13 war und deshalb nicht wissen konnte, was sie wollte, aber trotzdem! Sie konnte Mike ja nicht ewig hinhalten bis sie sich endlich mal entschloss, ob sie jetzt verliebt war oder nicht. Einmischen schien mir allerdings auch keine allzu gute Idee, also beschloss ich, den Dingen zunächst einmal seinen Lauf zu lassen.

Morgen war es endlich so weit! Endlich 18 - endlich Auto fahren, legal in Clubs kommen und anfangen zu leben. Wurde aber auch Zeit! Mein einziges Problem war jetzt noch, wie ich denn feiern sollte... Alle anderen aus meiner Klasse machten bei sich eine Party mit massenhaft Leuten aber das brauchte ich gar nicht erst zu versuchen mit meiner handvoll minderjährigen Freunden. Als ich so da saß und darüber nachdachte, klingelte plötzlich mein Handy und riss mich aus meinen Gedanken. Janine war in der Leitung! Sie ist schon seit ich vor 2 Jahren mein kleines Reitabzeichen gemacht habe, meine beste Freundin, die ich leider nicht allzu oft sehe, weil sie in einem anderen Stall reitet und auch auf eine andere Schule geht.
"Looouuuu naaa wie fühlt man sich , wenn man morgen 18 wird?" quietschte sie gut gelaunt los.
Sie selbst war erst 16. Also meine älteste Freundin...
"Haha so wie man sich halt mit 17 fühlt, aber das weißt du ja noch nicht. Aber hilf mir mal- wie soll ich feiern?"
"Weißt du das etwa immer noch nicht!? Oh man, also daheim willst ja nicht." Nett umschrieben...
"Wie wärs wenn wir nach Billingen aufs Oktoberfest gehen? Weil Lukas und Henriette haben das auch schon vorgeschlagen, die würden mit!"
"Ach ist das morgen? Super, das hört sich ja gar nicht soo erbärmlich an! Und wenn die zwei auch mitkommen hab ich sogar 2 Gleichaltrige dabei haha wow! Okay dann machen wirs so. Danke, bist die beste!"
"Ich weiß"
Lukas und Henriette waren zwei aus meiner Klasse, mit denen ich mich wenigstens einigermaßen verstand, obwohl man das wohl kaum als Freundschaft bezeichnen konnte. Aber wenn sie eh dort hin wollten, ging das, denke ich, klar.

Gesagt, getan ging es am nächsten Abend auf das Fest. Mein Geburtstag bisher war wie immer langweilig verlaufen, die üblichen Geld- und Kleidungsgeschenke erwarteten mich. Ich war noch nicht mal im Stall gewesen.
In Billingen war es anfangs- wie auf den meisten Dorffesten, wenn man nüchtern ist- recht langweilig. Wir tanzten und tranken ein wenig und ich war abwechselnd bei Janina und ihrem Cousin und den zwei anderen, die sich zu Freunden, die sie dort antrafen, setzten. Als ich wieder einmal zu Lukas und Henriette wechselte, traute ich meinen Augen nicht! Wer saß da wohl am Tisch: Mike! Der letzte, den ich hier erwartet hätte. Wahrscheinlich, weil ich ihn bisher nur im Stall gesehen hatte und nie auf die Idee gekommen wäre, dass er ja auch noch so ein Leben hat.

Freudig sagte ich hallo aber er redete kaum mit mir. Entweder er war zu besoffen oder er hatte keinen Bock, sich mit mir zu unterhalten, wenn seine Kumpels neben ihm sitzen. Wahrscheinlich traf beides zu. Ich glaubte ja auch nicht ernsthaft, dass er an mir Interesse finden würde. Und dann noch in aller Öffentlichkeit! Ich sollte mal mein Ego ein bisschen herunterschrauben...
Mit diesem Gedanken lief ich wieder einen Tisch weiter zu Janina und versuchte, zu vergessen, dass Mike in Sichtweite war. Erstaunlicherweise schaffte ich das sogar und wir tanzten ausgelassen auf den Bänken mit ihrem Cousin, der mich in die Kunst des Heckenscheren-moves einweihte.

"Hey Lou, alles Gute zum Geburtstag noch!"
"W-was?"
"Haha bist schon ganz schön dicht, dass du mich nicht mehr erkennst, oder? Ich bin's, Florian!"
Was zum Teufel! Florian! wie lang hatte ich mit dem schon nicht mehr geredet! Ich war fast die gesamte Mittelstufe insgeheim in ihn verliebt gewesen, bis ich ihn endlich erfolgreich aus meinem Kopf verbannt hatte. Und gerade jetzt  tauchte er wieder auf mit den ganzen verdrängten Erinnerungen und Gefühlen. Und da kam jetzt auch noch Mike um die Ecke mit ein paar Maßkrügen in der Hand und hielt direkt auf mich zu! Hilfe!! Ich bin überfordert!! Ich brauch mehr Alkohol...