Reiten wie ein Mann

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»Rücken gerade. Arme runter! Gib ihr mehr Zügel. Nicht so ziehen!« Rose wurde ganz schon durchgeschüttelt. Ein wenig überfordert versuchte sie den Forderungen von Jasmin nachzukommen. Aubrey und Molly standen am Rand und schauten zu. Candy trabte munter ihre Runden und von Runde zu Runde wurde sich Rose sicherer. Diese Reitweise war für sie neu und ungewohnt. Ein Bein auf jeder Seite. So ritten normalerweise nur Männer oder Cowgirls.

Nach einigen Reitstunden lief alles im Trab und im Galopp super und Rose spürte wie sie Candy vertraute. Und wie die Stute ihr vertraute »Sehr gut. Das reicht! Komm her. Lenk sie zu mir!« Rose zog leicht am linken Zügel und Candy reagierte indem sie auf Jasmin zu galoppierte und dann durchparierte. Schließlich kam sie in der Mitte vom Platz zum stehen.

»Du hast dich wirklich gut entwickelt. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand nach 6 Reitstunden so sicher auf dem Pferd ist. Die meisten haben dann erst angefangen sich sicher zu fühlen.« Sie lächelte. Rose ebenfalls, jedoch mit traurigen Augen. »Ich hatte es Jack versprochen... kurz bevor er... .« Sie brach ab und ließ sich auf Candys Hals fallen. »Ich mache Toxyster kurz fertig. Und dann treten wir deinen ersten Ausritt an.«

Die zwei Stuten schritten nebeneinander her und schnaubten immer wieder zufrieden. Rose musste sich eingestehen, dass Jasmin eine hervorragende Reiterin war und das sie ihre Bewegung perfekt an die von Toxyster anpasste. Molly und Aubrey waren auf der Farm geblieben. Die Waldluft beruhigte Roses Sinne und sie entspannte sich. Alles roch so herrlich und es war angenehm kühl. Die Hufe der Pferde klapperten hin und wieder über einen Stein, sonst war es gedämpft.

Irgendwann tat sich ein breiter Weg auf. Wenn man abbog und ein Stück weiter in den Wald reinlief kam man zu einer Absperrung. An der Seite des Weges stand ein Schild mit der Aufschrift: Betreten verboten. Rose schauderte. An der Schlucht, die sich dort hinten auftat, hatte sie selber gestanden und zwischen Leben und Tod geschwankt.

»Lust auf einen kleinen Galopp?« fragte Jasmin. »Rose nickte: »Wettrennen?« Jasmin stimmte zu und zählte. »Drei!« Rose griff die Zügel nach. Candy stand ganz ruhig. »Zwei!« Candys Ohren stellten sich auf. Rose lehnte sich im Sattel nach Vorne. »Eins.«

Candy schoss los. Rose hatte kaum Zeit so schnell zu reagieren. Der Wind stach ihr ins Gesicht und ihre Haare wehten durch die Luft. Toxyster und Jasmin waren ihnen dicht auf den Fersen. Rose fühlte sich leicht. Und sie fühlte sich frei. Das letzte Mal hatte sie sich so an der Seite von Jack gefühlt. Viel zu schnell war der Galopp zu Ende und die Pferde kamen nebeneinander zum stehen.

»Nicht schlecht, oder?« Jasmin blinzelte und grinste. Rose erwiderte. Dann machten sie sich auf den Heimweg. Rose lächelte. Sie hatte reiten wie ein Mann gelernt. Genau so wie sie es mit Jack auf der Titanic geplant hatte. Und sie hatte in Candy und Jasmin neue Freunde gefunden.

Zurück auf der Pferdefarm stiegen die Frauen von ihren Pferden und banden sie an einem Pfahl fest. Dort begannen sie die Tiere zu striegeln und zu verwöhnen. Candy genoss es mit vollen Zügen.

In Rose stieg Sehnsucht auf. Wann wurde sie das letzte mal so liebevoll gestreichelt wie sie es gerade mit Candy tat. Sie erinnerte sich daran wie sie Jack in diesem Auto das Hemd aufgeknöpft und ihm die Kleider vom Leib gerissen hatte. Er hatte sie, währen er ihr das Kleid ausgezogen hatte, sie liebevoll und zärtlich berührt und gestreichelt, dass Rose sich einfach nur Wohlgefühl hatte.

Sie konnte seine Berührungen immer noch auf ihrer Haut spüren. Rose lehnte sich an Candys Hals und atmete ihren vertrauten warmen Geruch ein. »Du bist meine Familie. Das weißt du, oder?« Candy schnaubte. So als wüsste sie das ganz genau.

Titanic - You jump, I jump, remember?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt