20. Kapitel

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Hart schlug ich auf den Boden auf. Ich verlor das Gleichgewicht und klammerte mich an Rachel, die mich vorsichtig stützte. Besorgt sah sie mich an und obwohl mich ihre Sorge rührte, versteckte ich diese Gefühle, die Rachel sonst immer, als schwach angesehen hatte und verdrehte die Augen.

"Schau mich nicht so an! Du gibst mir das Gefühl gar nichts mehr allein auf die Reihe zu kriegen", murmelte ich und entlockte Rachel damit ein leises Lachen. Sie schüttelte grinsend den Kopf.

"Tut mir Leid! Ich weiß selbst nicht, was in letzter Zeit mit mir los ist", meinte sie und wirkte nachdenklich.

"Du erwartest kein Kind. Du hast kein Recht auf solche Stimmungsschwankungen", spöttelte ich und Rachels Augen funkelten amüsiert. Ein Blick in ihr belustigtes Gesicht reichte und ich prustete los. Nun war es Rachel, die die Augen verdrehte, aber dann konnte auch sie ihr lachen nicht mehr zurückhalten.

Ich hatte mir nie gedacht, dass ein Lachen so befreiend sein konnte. Doch für kurze Zeit war alles gut. Für einen Augenblick war ich mit Rachel wieder in Hogwarts und lachte über die Erstklässler, die sich verlaufen hatten und die Vertrauensschüler, die sich aufspielten. Kurz war alles gut in einer Zeit bevor ich Tom Riddle kennenlernte.

Aber im Gegensatz zu früher wurden Rachel und ich schnell wieder ernst. Erst jetzt nahm ich mir die Zeit und sah mich um.

Wir waren auf einer Ebene gelandet, die scheinbar nur aus Stein und einigen verdörrten Pflanzen bestand. Ein entferntes Rauschen drang an meine Ohren und ein leichter Wind spielte mit meinem Haar.

Ich riss die Augen auf und deutete nach rechts.
"Ist das das Meer?", rief ich und konnte meine Begeisterung nicht zügeln. Ich war bisher nur einmal am Meer gewesen. In meiner Vergangenheit. In meinem richtigen Leben. Rachel hob angesichts meiner Begeisterung misstrauisch eine Augenbraue.

"Offensichtlich", bemerkte sie trocken. Ohne auf sie zu warten, ging ich mit schnellen Schritten auf das Wasser zu, das gegen die Felsen schlug. Es war grau und fahl, wie der Himmel über uns. Trotzdem ging eine Schönheit von den unendlichen Wassermassen aus, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sah zu dem Horizont, wo das Meer mit dem Himmel zu verschmelzen schien.

Rachel trat neben mich. Sie hatte nur einen kurzen, sachlichen Blick für das Meer übrig.
"Es ist ja ganz hübsch, aber sicher nicht der richtige Ort für dich", stellte sie klar und ich legte seufzend die Hände auf meinem Bauch, wünschte mir frei zu sein. Ohne Kind, einfach die Kraft gefunden zu haben vor Riddle zu fliehen und an einem so magischen Ort zu bleiben. Alles nur ein Traum, denn in fast einem Jahr wäre ich wieder in Hogwarts, wo ich in mein körperloses Leben zurückkehren würde. Das konnte ich nicht ändern.

"Komm mit", Rachel griff sanft nach meiner Hand. Ich versuchte mich erst gar nicht zu wehren, sondern vertraute ihr. Mir wurde der Boden unter den Füßen weggerissen und die Landschaft veränderte sich. Ich schloss die Augen und versuchte den Anflug von Übelkeit zu verdrängen.

Ein Raum nahm um mir herum Gestalt an. Er bestand aus dunklen, beinahe schwarzen Holz. Ein großes, silbernes Himmelbett stand in der Mitte und ein dunkelgrüner Teppich zierte den Boden. Alles war in den Hausfarben von Slytherin gehalten, auch die schweren Vorhänge an den Fenstern. Mir kam das Zimmer seltsam vertraut vor.

In diesem Moment wurde die Tür geöffnet. Ein junger, gut aussehender Mann betrat den Raum und hielt überrascht inne, als sein Blick auf Rachel und mich fiel. Langsam breitete sich ein Grinsen auf mein Gesicht aus, als ich den Mann musterte. Er trug einen schwarzen Anzug, der seine helle Haut noch blasser erscheinen ließ. Das blonde Haar war zurückgekämmt und die grauen Augen schweiften ebenfalls über meine Erscheinung.

"Ich bin so froh dich zu sehen, Abraxas", begrüßte ich meinen Cousin. Abraxas schenkte mir ein schiefes Lächeln, bevor er den Raum durchquerte und mich kurz in die Arme schloss. Ich genoss die vertraute Umarmung und ließ ihn nur widerwillig los.

"Wie komme ich zu der Ehre, dass du mich endlich wieder besuchst?", fragte Abraxas und seine Augen funkelten mich frech an. Ich setzte zu einer Antwort an, aber Rachel kam mir zuvor.

"Sie bräuchte einen Unterschlupf, wo Tom Riddle sie nicht findet", erklärte sie. Ihr Blick streifte mich. Nervös kaute sie auf meiner Unterlippe. Ich stellte mir unwillkürlich die Frage, ob sie damals auch so besorgt um mich war, bevor ich zu einem Geist wurde. Aber vielleicht war unsere gemeinsame Zeit bereits so lange her, dass ich nicht mal mehr meine beste Freundin kannte. Der Gedanke schmerzte.

"Was hast du mit Riddle zu tun, Amanda?", Abraxas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Sein Blick war voller Sorgen. Ernst sah er mich an. So ernst, dass ich unwillkürlich fröstelte. Er war in Hogwarts einer von Riddles Anhänger gewesen. Er kannte die Gefahr hinter Riddles einwandfreier Fassade. Ob er auch in dieser Realität den Schulsprecher kannte, wusste ich nicht. Aber ich vermutete schon.

"Ein uneheliches Kind und eine böse Bessesenheit", erwiderte Rachel an meiner Stelle und brachte meine Situation besser auf den Punkt, als ich es je gekonnt hätte.

Bessesenheit. War es dies was Riddle und mich verbindete? Kein Funken Liebe, sondern nur romantisierte Bessesenheit? Ich musste mich mit aller Kraft davon abhalten wieder von der Realität abzuschweifen. Stattdessen beobachtete ich angestrengt Abraxas Reaktion. Mein Cousin lachte leise auf, bis er bemerkte, dass Rachel und ich nicht in sein Lachen miteinfielen. Das Grinsen erstarb auf seinem Gesicht.

"Ihr meint das ernst?", fragte er und am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Hatte er wirklich gedacht, dass wir scherzten?

"Beim Merlin! Amanda! Ein uneheliches Kind mit Riddle!", anklagend deutete Abraxas auf mich. Mir traten die Tränen in die Augen, ohne, dass ich es verhindern konnte. Ob es an den Hormonen lag oder, dass Abraxas so verurteilend vor mir stand, wusste ich nicht. Aber ich hatte mir von ihm mehr Unterstützung erwartet. Abraxas schienen seine Worte jetzt bewusst zu werden.

"Amanda, nicht weinen. Es tut mir Leid. Natürlich helfe ich dir!", Abraxas stand auf und zog mich in seine Arme. Ich vergrub das Gesicht an seiner Brust und schlang meine Arme fest um seine Mitte. Langsam beruhigte sich mein Atem etwas. In Abraxas' Armen schien meine Situation schon etwas weniger aussichtslos und dunkel zu erscheinen.

"Stimmungsschwankungen", hörte ich Rachel hinter mir grummeln. Lachen stieg in mir auf und als es erst an meine Oberfläche gelangte, konnte ich nicht mehr an mich halten und prustete leise los. Dass ich Rachels Vermutung damit bestätigte, war mir in diesem Moment vollkommen egal. Ich war endlich bei den beiden Personen angekommen, die mir am meisten bedeuteten. In den letzten Jahren hatten sie mir am meisten gefehlt. Denn sie waren das, was einer Familie am nächsten kam.

Endlich habe ich ein neues Kapitel fertig. Tut mir Leid, dass so lange nichts kam. Die Updates werden auch weiterhin eher unregelmäßig kommen, aber irgendwie hoffe ich, dass diese Geschichte noch fertiggestellt wird.

Loving you has no time (Tom Riddle FF)Where stories live. Discover now