Sweet child o' mine

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Katsuki

Mist, ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, lag Midoriya über meiner Brust und klammerte sich im Schlaf an mein Shirt. Sein Duft stieg mir in die Nase. Verdammt, wieso beschleunigte sich jetzt mein Herzschlag und pumpte Blut an Stelle, wo ich es nicht haben wollte. Die kleine Nervensäge war aber auch zu niedlich, wie er dalag und sich mit leicht geöffneten Lippen an mich krallte. Ein Lächeln stahl sich in mein Gesicht. Ich konnte dem Drang nicht widerstehen, erneut durch seine grünen Locken zu fahren. Verdammt sind die weich. Scheiße, mein Beschützerinstinkt meldete sich zu Wort, aber da war auch noch was anderes und beides schien sich meiner Kontrolle zu entziehen. Ich blieb noch ein paar Minuten liegen und genoss die Wärme, die von seinem Körper ausging. Auch wenn ich Gefühle nie zulassen würde, war das okay, denn seine Umarmung war völlig unschuldig.

Das, was gestern alles passiert war, schien für den Kleinen weitaus mehr, als er vertragen konnte und gut für ihn war. Zuerst zog sein Ex, für den er offensichtlich immer noch Gefühle hegte, samt seinem neuen Lover neben ihm ein, und dann wurde er von so einem homophoben Arschloch angegriffen und niedergeschlagen. Ich war noch nicht mal rechtzeitig zur Stelle. Toller Bodyguard. Plötzlich regte sich Midoriya und ich zuckte zusammen. Oh verdammt, was machte ich eigentlich da. Vorsichtig und ohne ihn zu wecken, schälte ich mich aus seiner Umklammerung. Ich deckte ihn zu und ging dann in mein Zimmer. Vielleicht würde ich noch ein bisschen Schlaf finden. Wenn sich mein Herz wieder beruht hatte.

Die nächst Woche verlief ziemlich ruhig. Ich wich ihm buchstäblich nicht mehr vor der Seite. Egal ob in den Vorlesungen, der Mensa, in der Bibliothek oder beim Joggen. Offensichtlich hatte er sich an meine permanente Anwesenheit gewöhnt, denn er beschwerte sich immer seltener. Am Freitag gab es nur eine Vorlesung. Ich folgte Izuku, doch er schlug nicht den gewöhnlichen Weg in die Bibliothek ein, sondern steuerte einen der vielen Musiksäle im Westtrakt des Unigeländes an.

„He, was hast du vor?"

„Nur mal gucken!"

Die erste Tür war verschlossen. Er versuchte die nächst. Auch zu. Der dritte Raum war offen und wir traten ein. Neugierig sahen wir uns um. Es war ein Proberaum mit schallgedämpften Wänden. Es standen ein paar E-Gitarren, zwei Keyboards, ein Schlagzeug, Mikrofone und noch ein paar andere Instrumente herum. Ich betrachtete mir das Schlagzeug genauer. Es war ein Sonor. Ein deutsches Fabrikat.

„Studiert nicht dein Ex Musik?"

„Mag sein", kam es lahm. Er nahm sich eine Gitarre, schloss sie und eins der Mikros an den Verstärker an und schaltete diesen dann ein. Was hatte er vor? Konnte er Gitarre spielen?

„Du kannst doch nicht einfach die Instrumente benutzen."

„Wieso nicht? Ich bin doch Student an dieser Fakultät." Er schlug einen Akkord an.

„Aber doch nicht in diesem Fachbereich, du Idiot."

Er zuckte mit den Schultern und begann zu spielen. Ich erkannte das Intro nach dem ersten Riff. Also setzte ich mich ans Schlagzeug und setzte ein. Dann begann er zu Singen und mir blieb die Spucke weg. Er sang, als wollte er sich für ein imaginäres Publikum die Seele aus dem Leib singen.

He's got a smile that it seems to me
Reminds me of childhood memories
Where everything was as fresh as the bright blue sky
Now and then when I see his face
He takes me away to that special place
And if I stare too long, I'd probably break down and cry
Whoa, oh, oh
Sweet child o' mine
Whoa, oh, oh, oh
Sweet love of mine....

Das Lied endete. Er drehte sich zu mir um und strahlte mich an wie die Morgensonne.

„Scheiße Kleiner, das war gut!"

„Danke, aber du spielst auch nicht schlecht! Komm, lass uns hier verschwinden, bevor wir noch Ärger bekommen."

Das fiel ihm jetzt ein?


„Wieso Literatur? Wieso nicht Musik?", fragte ich, als wir zurück in der Wohnung waren. Denn sein Talent war nicht von der Hand zu weisen.

„Musik ist toll, und früher wollte ich immer mit Shoto eine Band gründen. Na ja, da ist nix draus geworden. Kinderträume eben. Zudem liebe ich Bücher. Und vor allem liebe ich das Schreiben. Wenn sich die Seiten mit Wörtern füllen. Wörter, die einen in ihren Bann ziehen, die die Melodie des Herzens wiedergeben und Bilder, ja ganze Welten entstehen lassen. Ganze Universen. Und die alles um dich herum vergessen lassen. Dich gefangen halten, als wären sie reinste Magie. Du kannst sein, wer du willst oder wo du willst und mit wem du willst. Die wahre Freiheit. Denn Fantasie hat keine Grenzen."

Ich sah ihn stirnrunzelnd an. „Du möchtest also Autor werden, um frei zu sein?"

Izuku zuckte lahm mit den Schultern.

„Okay, zieh dich um, wir fahren in die Berge. Ich zeig dir, was Freiheit ist."

„Hä? Wir können doch jetzt nicht einfach wegfahren."

„Natürlich können wir. Hast du einen Rucksack und feste Schuhe?"

Izuku nickte.

„Na dann los!"


Ich parkte den SUV auf dem Parkplatz neben der Seilbahn.

„Ich dachte, du willst wandern?"

„Um hochzulaufen ist es jetzt schon zu spät. Wir nehmen die Bahn bis zur Bergstation und laufen das letzte Stück bis zum Gipfel."

„Bis ganz da hinauf?"

„Ja genau, bis ganz nach oben. Das ist nicht weit."

„Aber verdammt hoch!" Er sah mich zweifelnd an.

„Ich pass auf dich auf! Vertrau mir! Das wird toll!"


Bodyguard - Someone to die forWo Geschichten leben. Entdecke jetzt