Izuku
Ich war todmüde, doch jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sah ich die Tür mit der eingeritzten Drohung. Ich wusste, ich war hier in Sicherheit, aber dennoch legte sich die Angst um meinen Hals und ich hatte das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen.
Es klopfte leise und Katsuki streckte den Kopf herein. „Du bist noch wach." Er ließ die Durchgangstür offen und kam zu mir ans Bett. „Kannst du nicht schlafen?"
Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf. Er trug den blaugestreiften Pyjama, der auf seinem Bett gelegen hatte. Den gleichen wie ich.
„Du weiß, dass du hier sicher bist."
Diesmal nickte ich. Er setzte sich auf die Bettkante. „Hör mal Midoriya, ich denke, es wäre besser, wenn ich Hawks bei der Ermittlung helfen würde. Du kommst hier auch ohne einen Bodyguard klar."
Ich griff nach seinem Handgelenk. Es war wie ein Reflex. Panik katapultierte meinen Puls derart in die Höhe, dass ich nach Luft schnappen musst. Nicht die Panik, dass mir jemand etwas antun könnte. Es war die Angst, dass er mich hier alleine zurückließ. Wenn er mich jetzt verlassen würde, er aus meinen Leben verschwinden würde und ich ihn nie wieder sehen würde, was dann? Tränen schossen mir unwillkürlich in die Augen.
„Bitte, geh nicht", flehte ich und er sah mich mit großen Augen an.
„He Izuku, hier kann dir nichts passieren und je schneller wir die Bedrohung aus der Welt geschafft haben, desto schneller, kannst du an die Uni zurück."
„Bitte verlass mich nicht."
Seine Augen verengten sich und er sah mich mit einem seltsamen Blick an. „Aber versteh doch..."
„Nein! Du verstehst nicht." Ich nahm seine Hand und legte sie an mein trommelndes Herz. „Ich will nicht, dass du mich verlässt. I... ich hab mich in dich ..." Ich biss mir auf die Lippe. Die Worte waren heraus, noch ehe sie mein Verstand hätte aufhalten können. „Ich weiß, dass ich nur dein Job bin und du nichts für mich empfindest." Jetzt spürte ich die Tränen über meine Wangen kullern. „Aber das ist okay. Lass mich einfach nicht alleine. Das reicht mir."
Er entzog sich meinem Griff. „Verdammt Izuku, das sollte dir aber nicht reichen!" Er machte eine Pause, als würde er nach Worten suchen, dann sprach er sanfter weiter. „Du hast jemanden verdient, der dich aufrichtig lieben kann. Ich kann das nicht sein. Und Scheiße Mann, du kennst mich doch gar nicht." Er stand auf und sah mich eindringend an.
Ich nickte. „Okay verstehe. Bleibst du?"
„Ah verflucht, ist in Ordnung, ich bleibe. Aber du musst dir das aus dem Kopf schlagen!" Er fuhr mir über die Haare. „Schlaf jetzt!"
Ich wischte mir die Tränen weg. Und auch wenn es wehtat, nickte ich wieder und legte mich hin. Aber wenn er glaubte, ich würde aufgeben, dann hatte er noch nicht gehört, dass es dieses Wort in der Midoriya-Familie nicht gab.
„Lässt du die Verbindungstür offen? Dann fühle ich mich sicherer."
Er nickte und ließ mich alleine zurück.
An nächsten Morgen nach dem Frühstück zeigte ich ihm die Villa.
„Hier durch die Eingangshalle kommt man in den Salon. Manchmal feiert meine Mutter ihre Bälle oder Galas. Meist für einen guten Zweck. Hier im Ostflügel findest du die Bibliothek, das Musikzimmer und weiß Gott warum, ein Billardzimmer. Zudem ein Arbeitszimmer und Besprechungszimmer. Und nicht zuletzt zwei Badezimmer. Im Westflügel sind die Küchen, der Frühstücksraum in dem wir gerade gegessen haben und ein größeres Speisezimmer."
„Hier sind überall Kameras angebracht."
„Ja, außer die Privaträume sind alle Zimmer überwacht. Die Security hat ein eigenes kleines Haus neben der Villa. In jedem Stockwerk gibt es einen autarken Panikraum."
Ich führte ihn in den Keller. „Hier ist der Pool, der an ein römisches Bad erinnert, der Wellnessraum, das Fitnessstudio mit Sauna, das Heimkino und ganz am Ende sind noch ein paar Wirtschaftsräume und ähnliches."
„Und was ist im ersten Stock?"
„Da sind hauptsächlich Gästezimmer und ein paar Zimmer der wichtigsten Bediensteten. Im dritten Stock sind die Privaträume meiner Mutter und meine Räume. Da findest du auch ein Gamingroom und ein paar Gästezimmer für gute Freunde und Familienmitglieder. Es ist nicht so, dass ich mir hier draus etwas mache. Im Gegenteil, das hier war immer ein goldener Käfig."
„Tss ... aber ein Käfig, in dem es einem nicht langweilig wurde."
„Jeder Käfig wird mal langweilig. Das halbe Haus ist ein Showroom. Selbst meine Mutter ist nur selten hier und wohnt meist in ihrer Stadtwohnung im Midoriya-Tower. Aber vor allem die Geschäftspartner meiner Mutter erwarten so etwas. Es hat Zeiten gegeben, da bin ich, so oft es möglich war, aus diesem Käfig ausgebrochen. Komm, als letztes will ich dir noch unser Badehaus zeigen."
Wir traten ins Freie. Eine kühle, salzige Brise schlug uns entgegen. Der freie Blick zum Meer war nur durch einen hohen Zaun versperrt. Während der Rest des Grundstückes von einer Mauer umrahmt war. Die See war heute sehr unruhig und die Brandung rauschte laut an den Strand. Yuki kam laut bellend angerannt und begrüßte uns schwanzwedelnd. Ich wuschelte ihr durchs Fell und drückte sie an mich.
"Wie bist du eigentlich zu diesem Job gekommen?", fragte ich und warf für Yuki den Stock, den sie mir gebracht hatte.
„Na ja, deine Mutter scheint meinen Boss zu kennen. Ihre Firma arbeitet seit langem mit unserer zusammen." Er lachte etwas gequält. „Sie hat nach einem verlässlichen jungen Detektiv gefragt, der ihren Sohn gewissermaßen Undercover und rund um die Uhr begleiten und beschützen kann. Da fiel die Wahl auf mich."
Schmunzelnd drehte ich mich zu ihm um. „Weil du so jung aussiehst und der Beste bist?"
„Das natürlich auch. Aber vor allem, dass ich ungebunden bin und sonst keine Verpflichtungen habe. Und mir kam der Auftrag gerade recht. Ich brauchte mal was anderes." Auf sein Gesicht hatte sich für einen Moment ein Schatten gelegt. Steckte da mehr dahinter, als er preisgeben wollte?
„Ich bin also eine willkommene Abwechslung. Na das freut mich aber."
Er lachte. „Eher eine Herausforderung. Konnte ja keiner ahnen, dass du so eine Nervensäge bist."
In diesem Moment hörte ich Yuki, neben mir bellen. Doch es war zu spät und ich stolperte über sie und verlor das Gleichgewicht. Ich wäre auf dem Rücken gelandet, hätte Katsuki nicht reflexartig nach meinen Armen gegriffen. Statt unsanft auf dem Boden zu landen, taumelte ich gegen seine breite Brust. Und er hielt mich ein, zwei Herzschläge zu lange fest. Hatte sich seine Atmung beschleunigt?
„Da ist er ja wieder, mein Held", scherzte ich und wäre zu gerne noch länger so verweilt.
Katsuki ließ mich los und trat einen Schritt zurück. „Kannst du nicht aufpassen?", murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart.
Das Badehaus war das einzige traditionell japanisch gehaltene Gebäude auf dem gesamten Grundstück. Es war von einem Bretterzaun umgeben. Hier gab es keine Kameras. Die künstlichen heißen Quellen luden zum Baden ein. Es brauchte nicht viel Überredungskunst um ihn zu überzeugen, dass das hier jetzt genau das Richtige war.
Ich saß bereits im Wasser, als sich Katsuki neben mir ins Becken ließ. Ein paar Minuten saßen wir in einvernehmlichen Schweigen nebeneinander. Nebelschwaden waberten immer wieder über die Wasseroberfläche und luden geradezu zum Träumen ein.
„Ich habe gestern noch mit Hawks telefoniert. Er hatte ein längeres Gespräch mit deiner Mutter. Diese Erpresser wollen an die Formel eines Medikaments. Weißt du etwas darüber?"
„Nur, dass die Forschung daran eingestellt wurde, bevor es fertig war."
„Das stimmt so nicht ganz. Die Formel war bereits komplett und die ersten Versuche so erfolgreich, dass es die Regierung auf den Plan rief. Sie rissen die Forschung an sich und verboten deiner Mutter weitere Forschungen in diese Richtung. Doch letztendlich stampfte selbst die Regierung das Projekt ein. Die Formel, die diese Verbrecher wollen, existiert nicht mehr. Zumindest offiziell."
Ich sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Was? Ich verstehe nicht."
„Bei dem Medikament handelte es sich um eine leistungssteigernde Droge. Sie steigerte die Leistung des Körpers und aller Sinne, aber was noch interessanter war, die Leistung des Gehirns. Das Problem allerdings war, die Substanz machte extrem abhängig. Nach Einnahme von drei bis vier Dosen, konnte das Gehirn nicht mehr ohne die Droge arbeiten. Auf der anderen Seite kommt es nach längerer Einnahme zu Entzündungen des Hirns. Beides endet tödlich."
Ich sah in entgeistert an. „Meine Mutter hat an so einem schrecklichen Medikament geforscht? Das kann ich gar nicht glauben."
„Es waren nur Forschungen und hätte es funktioniert, wäre dies ein Medikament geworden, das vielleicht vielen körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen geholfen hätte."
„Ja, oder eine Armee von Supersoldaten geschaffen hätte."
„Tja, die berühmten zwei Seiten einer Medaille. Aber im Klartext heißt das, dass diese Verbrecher von einer Top-Secret-Forschung wussten. Das sind keine Amateure. Was sie nicht wissen ist, dass die Formel nicht mehr im Besitz deiner Familie ist."
„Verdammt, und was jetzt? Das wird mir alles zu viel." Ich kletterte aus dem Becken und zog mir einen Bademantel an. Ich setzte mich auf eine Liege und vergrub mein Gesicht in den Händen. Meine Atmung ging viel zu schnell und Panik schien mich zu erfassen.
Kurze Zeit später spürte ich, wie sich Katsuki neben mich setzte. Er legt mir die Hand auf meinem Rücken und fuhr die Wirbelsäule auf und ab, aber ich wollte mich nicht beruhigen. Plötzlich lag seine Hand in meinem Nacken und er spielte mit meinen feuchten Strähnen. Ich hielt den Atem an und sah auf. Direkt in seine roten Iriden. In seinem Blick lag etwas, dass ich da noch nicht gesehen hatte. Dann war der Moment vorbei.
„Lass uns zurück ins Haus gehen. Ich muss noch mit eurem Sicherheitsdienst reden."
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Bodyguard - Someone to die for
FanfictionKatsuki Bakugo arbeitet für die Sicherheitsfirma Plus-Ultra und wird als Bodyguard für einen reichen, scheiß verwöhnten Bengel engagiert. Wie nervig. Aber schließlich ist er ein Profi. Izuku Midoriya hat so eine unnötige Spaßbremse von einem kleinge...