Inzwischen waren Finn und ich wieder angezogen und verließen den See wieder. Ich lief vor ihm. Immer wieder durchfuhr mich ein schaudern, denn die Nacht war deutlich kühler als der Tag. Als wir dann auch noch am Strand ankam, blies mir die kalte Meeresluft ins Gesicht. Ich schüttelte mich und warf die Arme um meinen Körper. Ich kramte in meiner Tasche nach meiner Jacke und zog sie mir über.
„Hast du Hunger?" fragte mich Finn plötzlich.
„Du willst jetzt noch etwas essen gehen?" der Dunkelheit nach zu urteilen, war es nach 21 Uhr und somit hatten die meisten Läden schon geschlossen. Außer das Restaurant You.
„Klar. Was isst du am liebsten?"
„Muscheln." antwortete ich ohne darüber nachzudenken. Bei dem Gedanken an die frischen Muscheln, mit Zitrone lief mir das Wasser im Mund zusammen und ich musste unwillkürlich lächeln.
„Magst du etwas essen?" wiederholte er also seine Frage.
„Warum nicht." ging ich also drauf ein. Warum nicht? Weil wir fast halb zehn haben und du dich doch eigentlich von diesem Typen fern halten wolltest!
Wir liefen also weiter nach Inselmitte, dort wo es mehrere kleine Imbissstände gab. Genauso wie zwei Discotheken die seit Anfang der Woche jeden Tag geöffnet hatten. Marie und ich verbrachten in ihnen schon so einige Freitagabende, um dem Schlustress zu entkommen. Marie war eine fantastische Tänzerin, vor allem wenn der ein oder andere Drink in ihrem Blut floss. Ich hingegen werden von Alkohol eher langweiliger als ohne, zumindest meine ich das. Die Musik dröhnte aus den Läden. Immer wieder blitze Licht aus den kleinen dunklen Fenstern und die Teenager sangen und johlten mit der Musik. Ich lächelte bei den Erinnerungen mit Marie.
„Magst du Discos?" fragte ich Finn.
„Es kann lustig werden, mit den richten Freunden." er sah mich an. Meinte er mich?
„Stimmt. Bisher war ich nur mit Marie da drinnen. Sie ist definitiv die richtige für sowas." stellte ich fest.
„Kann ich mir vorstellen." er zog die Augenbrauen spielerisch hoch und versteckte ein leichtes Lächeln. Wir bogen in die Hauptstraße ein und verschwanden in einem kleinen Imbissladen, den Finn ausgewählt hatte. Seiner Entschlossenheitshalber, war ich mir sicher, er war schon öfter hier. Zielstrebig steuerte er einen Tisch am Fenster an. Ich danke ihm innerlich für die Entscheidung, denn es war absolut keine gute Luft hier drinnen. Eine Kellnerin in einer sehr engen Bluse und großem Ausschnitt, kam zu uns herüber. Ihre Augen waren stark geschminkt und ihr Mund wurde mit einem dicken Rot übermalt.
„Was kann ich euch bringen?" wollte sie von uns wissen. Mir entging der blaffende Blick von Finn nicht. Auch wenn ich es nicht wollte, gab es mir einen Stich.
„Eine Cola und ein Wasser bitte." bestellte er für mich mit. Ich sah aus dem Fenster.
„Weißt du schon was du essen willst?"
„Nein." er schob mir einen laminierten Zettel entgegen, die Speisekarte. Rasch las ich darüber hinweg.
„Und?" hörte ich nach einer Weile.
„Ich esse eine Portion Pommes." teilte ich ihm meine Entscheidung mit. Keine Ahnung warum ich mich so daneben benahm. Schließlich waren Finn und ich nicht ein mal Freunde, dennoch packte mich die Eifersucht.
„Ist was?" er versuchte mich anzusehen, aber ich mied seinen Blick. Ich schüttelte nur den Kopf und lies meinen Blick durch das Diner schweifen. Überall waren bunte LED's angebracht. An den Fenstern prangten Bilder wie eine Ananas, Palmen oder Sonnenbrillen. Die Tische waren im dunkeln Holz und die Sofas waren alle in einer art rotem Leder umfasst. Die Theke stand mittig und war ebenfalls hell erleuchtet. Durch die Lautsprecher klang leise Musik und der Barkeeper wippte im Takt.
„Ich bin nur sehr müde, das ist alles." bekenne ich mich zu antworten.
„Soso. Bist du sicher?" ich schnellte zu ihm herüber.
„Natürlich bin ich das." ich blickte ihn finster an. Was hatte er denn gedacht?
„Du meinst, es hat also nichts mit dieser scharfen Kellnerin zu tun?" er lehnte sich nach hinten und streckte die Beine aus. Ich kniff die Augen zu schmalen Schlitzen.
„Was kümmert mich die?" presste ich hervor.
„Das will ich von dir wissen."
„Sie ist mir egal. Warum sollte ich mich für sie interessieren?"
„Deine Reaktion zeigt etwas anderes." verblüfft von seinem Talent mich so gut lesen zu können, war ich sprachlos. „Wusste ich's doch. Du bist eifersüchtig, nicht wahr?" er grinste stolz und leckte sich über die Lippen. Noch immer sah ich ihn finster an. Gerade wollte ich etwas erwidern, doch da kam die Kellnerin wieder und stellte unsere Getränke ab. Anschließend nahm sie noch die Bestellung für das Essen auf. Natürlich musste Finn mich provozieren, indem er sie mit Absicht anstarrte und intensiv musterte.
„Du bist echt ein Arsch!" fuhr ich ihn an, als die Kellnerin außer Hörweite war.
„Ich dachte sie interessiert dich nicht?" er lachte vergnügt. Ich nahm einen Schluck von dem Wasser und sah weg. Manchmal wusste ich einfach nicht, wie ich mich bei ihm verhalten sollte. Er war so offen und ehrlich, aber gleichzeitig auch zu offen, was mich immer unsicher macht.
Wir schwiegen bis das Essen kam. Diesmal sah er die Kellnerin nicht an, sondern hatte nur Augen für mich. Ich bedankte mich höflich für das Essen und stellte auch den Burger für Finn auf den Tisch, als er nicht reagierte.
„War das jetzt besser?" noch immer starrte er mich an. Ich konnte mir ein schmunzeln nicht verkneifen.
„Nicht wirklich." meinte ich also und fing an meine Pommes zu essen. Finn biss in seinen Burger und lies seinen Kopf genüsslich in den Nacken fallen. Dabei entfuhr ihm ein leisen stöhnen. Bei diesem Geräusch zuckte ich zusammen. Ohne es verhindern zu können musste ich an etwas denken, was mir nicht ein mal im Traum einfallen würde. Offensichtlich musste ich ziemlich erschrocken geschaut habe, denn er amüsierte sich über meine Reaktion. Wie konnte man nur so locker drauf sein? Keiner der Jungs mit denen ich jeweils etwas hatte, und das war wirklich nur geknutsche, waren nicht so offen mit dem Thema. Keiner hatte mich auch so offensichtlich angebaggert oder mir Komplimente gemacht. Vermutlich war Finns Art ein Mädchen rumzukriegen einfach anders, als die von den Jungs auf der Insel. Plötzlich stellte ich mir Frage ob er schon mal eine Freundin hatte. Bestimmt, bei dem Aussehen. Hatte er schon sein erstes Mal? War er schon mal verliebt? Oder erobert er einfach zum Spaß ein Mädchen nach dem anderen? Nein, so einer ist er nicht. Hoffe ich. Eigentlich kann es mir egal sein, schließlich will ich ja nichts von ihm.
„Woran denkst du?" riss mich seine Stimme zurück. Ich schüttelte nur abwehrend den Kopf.
„Komm schon, Claire! Sag's mir." forderte er.
„Es ist nichts." versuchte ich.
„Na los, komm schon! Sag's mir, bitte." es war schon fast ein flehen. Ich rollte genervt die Augen, blieb aber stumm.
„Du bist echt nervig." entfuhr es ihm. Ich Blitze ihn wütend an.
„Ach?" sagte ich, patziger als es sich eigentlich anhören sollte.
„Oh Ja. Du spielst dich ganz schön auf." er nahm ein Schluck von seiner Cola. Irgendwas sagte mir, dass mehr dahinter steckte.
„Ich spiele mich auf?" verblüfft von seiner plötzlichen Attacke, riss ich die Augen auf und lies die Pommes in den Teller zurück fallen. „Schon mal darüber nachgedacht warum? Schließlich haben wir..." ich brach ab. Ich konnte den Satz nicht zu Ende bringen. Das wäre zu demütigend und ich weiß schon was er darauf antworten würde.
„Nein ich weiß nicht warum du dich so verhältst. Seit dem Unfall kann ich mir dein Verhalten nicht erklären. Sag es mir also, bitte." es war eher ein Befehl, als eine Bitte.
„Es ist nichts." nuschelte ich vor mich hin. Ganz bestimmt nicht werde ich ihm sagen, dass er der Grund ist.
„Wie soll ich dich dann verstehen?" seine blauen Augen sprühten Funken und ich bemerkte wie er seine Schultern anspannte. Würde ich unter den Tisch gucken, könnte ich vermutlich seine geballten Fäuste erkennen. Er war sichtlich wütend und genervt von meiner Verschlossenheit. Ich konnte mir mein dämliches Verhalten ja nicht ein mal selbst erklären. Niemand konnte das.
„Dann lass es doch einfach." hörte ich mich sagen. Kurz nachdem ich die Worte sagte, bereute ich sie sofort wieder. Finn stand auf, warf 15 Dollar auf den Tisch und verließ das Diner, ohne mich noch ein mal anzusehen. Wie erstarrt saß ich da und starrte auf das Geld.

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Island Paradise
RomanceClaire McMillan, sie ist das typische Inselmädchen. Mit ihren 19 Jahren hat sie noch nie etwas anderes als ihre Insel gesehen. Gemeinsam mit ihrer Besten Freundin Marie Clark wuchs sie auf der Insel auf und ging ihrer Leidenschaft, dem Surfen, nach...