Dean Winchester - Verwandte Seelen

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Langsam und leise schleiche ich durch das leerstehende Lagerhaus. Obwohl. Leerstehend ist nicht ganz richtig. Ein Rudel Vampire hat sich hier scheinbar schon vor einigen Jahren eingenistet, treibt hier sein Unwesen und tötet die Anwohner der umliegenden Städte. Nie wirklich auffällig, aber trotzdem auffällig genug für eine Jägerstochter. Seit hunderten von Jahren, über unzählige Generationen sind ausnahmslos alle Mitglieder meiner Familie Jäger. Aktuell bin ich jedoch das letzte Mitglied meiner Familie. Die Merchants wurden nahezu ausgerottet. Meine Eltern starben vor einigen Jahren, als sie gerade einen Werwolf zur Strecke bringen wollten. Im Endeffekt war das Drecksbiest besiegt und alle, die er verwandelt hatte, aber meine Eltern, Michael und Claire Merchant, wurden so schwer verletzt, dass sie sich lediglich noch nach Hause retten konnten, um sich von mir zu verabschieden. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade 16. Mittlerweile liegt auch dies schon 10 Jahre zurück. Seitdem bin ich allein auf der Jagd. Sehr erfolgreich sogar. Nach dem Tod meiner Eltern wurde es jedoch zunächst schwieriger zu jagen. Mit meinem 16. Geburtstag fing es an. Die Farben verschwanden allmählich. Alles wurde immer grauer und grauer. Mit 18 war dann alles nur noch schwarz und weiß mit diversen Graustufen. Erst wenn ich auf meinen Seelenverwandten treffe kommen die Farben wieder zurück. Eine Laune der Natur würden es die meisten wohl nennen. Wir Jäger wissen jedoch, dass es von Gott und seinen Engeln so eingerichtet wurde.  Zu oft haben sie Frauen in unglücklichen Ehen und Beziehungen leiden oder gar sterben sehen. Der Herr wollte dem ganzen ein Ende setzen. So wurde man mit der Fähigkeit Farben zu sehen zwar geboren, verlor diese jedoch ab dem 16. Lebensjahr, solange bis sich die Seelenverwandten fanden und ansehen. Erst dann kommen die Farben heller und strahlender als man sich aus Kindertagen daran erinnern kann, zurück. So zumindest haben es mir meine Eltern und Großeltern immer erzählt. Alle von ihnen hatte bisher Glück ihre menschlichen Gegenstücke sehr zeitig im Leben zu finden. Meine Eltern sogar schon mit 18 beziehungsweise 19. Kaum waren sie im Schwarz-Weiß-Leben angekommen, waren sie davon auch schon wieder erlöst. Und ich? Ich streife noch immer durch meine schwarz-weiße Welt und habe die Hoffnung auf meinen Seelenverwandten schon fast aufgegeben. Wie soll das auch funktionieren? Eine Jägerin mit einem Normalo. Die Wahrscheinlichkeit dass der Mann, für den ich bestimmt bin oder der mir bestimmt ist, ebenfalls Jäger ist, ist verschwindend gering. Ich bin mir allerdings auch nicht sicher, ob ich das Jägerdasein für meinen Seelenverwandten aufgeben würde. Das Jagen ist das einzige, was mir von meinen Eltern noch geblieben ist. Die letzte Verbindung zu meinen Familienwurzeln. Mein Vater war immer der Überzeugung, dass auch mein Mann einmal ein Jäger sein wird. Mehr als einmal war er sogar kurz davor einen Namen zu nennen, als würde er genau wissen, WER mir die Farben zurückbringen würde. Auch Bobby, der älteste Freund meiner Familie, ist sehr überzeugt davon zu wissen, wer es ist. Erzählt haben es mir jedoch weder er noch mein Vater vor seinem Tod. Sobald ich Bobby das nächste Mal zu fassen kriege, muss ich versuchen ihm noch einmal dieses Geheimnis zu entlocken. Aktuell muss ich mich jedoch um die Drecksbande von Vampiren kümmern, auf dass hier endlich Ruhe einkehrt. Als ich an einer Tür ankomme, welche augenscheinlich in den Keller führt stoppe ich in meinen Bewegungen und lausche angestrengt, ob ich von der anderen Seite irgendetwas hören kann. Doch nichts. Alles ist ruhig. Verdammt! ‚Irgendwo muss die Bande doch sein!', denke ich noch, bevor mich ein Schlag am Hinterkopf trifft und alles um mich herum in endlose Schwärze versinkt.

POV Bobby
Als wir vor der Lagerhalle eintreffen, sehe ich Rileys Auto ein wenig Abseits stehen. „Mist verdammter!", fluche ich halblaut. „Was ist denn Bobby?", kommt es vom Fahrersitz des Impalas. Dean dreht sich zu mir nach hinten und sieht mich nur verwirrt an. Auch Sam auf dem Beifahrersitz wendet sich mir fragenden Blickes zu. „Ich hatte gehofft, dass sie noch nicht hier ist!", nuschle ich in meinen kurzen Bart. „Wer? Wer ist hier? Oder besser, wer hattest du gehofft sei NOCH nicht hier?", fragt Sam. „Riley. Riley Merchant.", gebe ich einfach zur Antwort. „Merchant? Wie DIE Merchants? Die uralte Jägerfamilie?", Dean klingt mehr als ungläubig. „Ja, von DEN Merchants. Sie ist die Tochter von Michael und Claire. Ihr habt als Kinder ein paarmal zusammen gespielt.", erwidere ich, während ich zum Himmel bete, dass ihr nichts zugestoßen ist. „Ich erinnere mich an Claire und Michael, aber an eine Tochter erinnere ich mich nicht!", Sam kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf. „Du warst noch ziemlich jung, Sam und sie ist schon im frühesten Jugendalter jagen gegangen. Um einiges eher, als ihr zwei. Meist waren nur Claire und ihr Mann bei euch zu Besuch, deshalb ist Riley euch wahrscheinlich kein wirklicher Begriff mehr.", erkläre ich den beiden Brüdern. ‚Wenn Dean wüsste, was sein Vater und ich seit seiner Kindheit vermuten.', überlege ich, während ich die nähere Umgebung scanne, nachdem wir den Impala verlassen haben. Ich erkenne Fußspuren am Boden, welche zur Eingangstür der Halle führen. „Es ist zu ruhig. Bist du dir sicher, dass sie nicht zunächst die Gegend absichert, Bobby?", erkundigt sich Sam, während auch er sich umsieht. „Das ist schon längst passiert. Seht ihr die Fußspuren überall um ihr Auto und um die Halle herum bevor diese zur Tür führen? Riley ist keine Anfängerin. Sie ist ein absoluter Vollprofi. Die Beste der Besten. Eine der jüngsten und gleichzeitig erfahrensten Jägerinnen der Staaten, womöglich der Welt. Glaub mir Sam, sie macht keine Flüchtigkeitsfehler. Aber du hast Recht. Es ist zu ruhig hier. Sie muss bereits drin sein, aber möglicherweise ist sie in einen Hinterhalt geraten. Das kann selbst den alten Hasen passieren, das wisst ihr besser als jeder andere.", erwidere ich leise als ich langsam in Richtung der Halle vorangehe. Überall am Boden liegt modriges graugrünes Holz, überzogen von Moos und Pilzen. Für Sam und Dean ist hier alles grau in grau, wobei Sam möglicherweise noch ein paar Farben erkennen könnte. Jessica war seine Seelenverwandte, aber seit ihrem Tod, so hat er mir erzählt, verblasst auch bei ihm die Farbwahrnehmung wieder zusehends. Heißt also soviel, dass es wieder jemanden für ihn gibt, den er nur noch nicht gefunden hat. Meine verstorbene Frau, war und wird immer mein Gegenstück sein, weshalb ich weiterhin Farben sehe. Für mich soll es offenbar niemanden mehr geben, aber das ist auch in Ordnung so. Für die Jungs hoffe ich jedoch, dass sie bald ihre Seelenverwandte finden. Bei Dean könnte dieser Tag tatsächlich heute sein. John, Michael und ich haben schon sehr zeitig die Vermutung gehabt, dass Riley und Dean zusammen gehören. Eigentlich wollten wir  die beiden nach Rileys 18. Geburtstag, wenn sich ihre Farbwahrnehmung vollends aufgelöst hatte, zusammen bringen um zu sehen, ob sich die Vermutung bestätigen würde, doch dazu kam es nie. Zwei Jahre bevor es dazu kommen sollte, kamen Michael und seine Frau nach einer Werwolfjagd ums Leben und die junge Riley war von da an auf sich allein gestellt. John und ich versuchten damals sie trotz allem nach ihrem 18. Geburtstag zu Dean zu lotsen, aber sie stürzte sich in eine Jagd nach der anderen, blieb aber immer mit mindestens einem von uns in Kontakt und fragte uns um Rat, wenn sie doch mal nicht weiter wusste. Seit John vor zwei Jahren aufgrund eines Deals mit dem gelbäugigen Dämon Azael gestorben ist, habe ich auch Riley nicht mehr gesehen. Sie war bei mir, um sich selbst zu überzeugen, dass es der Wahrheit entsprach, dass nun auch John, einer der ältesten Freunde ihres Vaters, nicht mehr am Leben war. Allerdings konnte ich sie nicht zu einem längeren Aufenthalt bewegen, um sie mit Dean zusammen zu bringen. Als dieser mir auch noch vom zugehörigen Spruch, der ihm einen Hinweis zu seiner Seelenverwandten geben sollte, erzählte war ich gänzlich überzeugt, dass John und Michael den richtigen Riecher hatten. Jeder der seine verwandte Seele noch nicht getroffen hatte, erhielt auf irgendeinem Wege einen Hinweis, eine Textzeile, ein Rätsel, dass Aufschluss geben konnte, den- beziehungsweise diejenige zu finden. Rileys Zeile kenne ich nicht, aber Deans Rätselzeile weist sehr eindeutig auf den Spross der Merchants hin. Diese lautet Die verwandte Seele ist voller Gnade und Anmut. Nachdem wir uns mit Macheten und einigen Phiolen gefüllt mit Blut eines Toten bewaffnet haben, wenden wir uns der Lagerhalle zu und betreten diese.

One Shots nach MaßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt