Steve Rogers - Ein Lied zum Abschied

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A/N: mögliche Triggerwarnung (?), Erwähnung von Tod und Verlust geliebter Menschen

Ich spüre, wie mir die Tränen über die Wangen laufen. ‚Warum heute? Warum jetzt? Das darf nicht wahr sein!', denke ich, während ich leise schluchzend aus dem Fenster sehe. Ich stehe im Zimmer meines Großvaters im Pflegeheim. Einer der Ärzte hatte nur Augenblicke zuvor den Raum verlassen, nachdem er mir erklärt hatte, dass mein Opa immer schwächer wird und dass ich mich verabschieden solle. Er würde den Abend wohl nicht mehr erleben. „Lavanya, Liebes, komm bitte zu mir.", höre ich die brüchige schwache Stimme meines Grandpas vom Bett her. Langsam drehe ich mich zu ihm und gehe auf ihn zu. „Kleines, weine bitte nicht. Wir wussten doch, dass dieser Tag kommen würde.", erklärt er mir sanft, als er nach meiner Hand greift. „Aber doch nicht so schnell und nicht gerade heute!", schluchze ich lauter und vergrabe meinen Kopf an seiner Seite, nachdem ich mich auf den Stuhl neben seinem Bett habe sinken lassen. Heute vor 13 Jahren waren meine Eltern tödlich verunglückt und mein Großvater hatte mich mit meinen 10 Jahren bei sich aufgenommen. Er musste Tochter und Schwiegersohn begraben, ich meine Mutter und meinen Vater. Nur wenige Monate nach meiner geliebten Großmutter, seiner Frau. Und nun sollte ich den letzten Teil meiner Familie verlieren. „Ich werde immer bei dir sein Kleines und werde gemeinsam mit deinen Eltern und deiner Oma über dich wachen. Wir sind deine Schutzengel und passen auf dich und später auch auf deinen Mann und deine Kinder auf. Es tut mir so Leid, dass ich dich nicht an deines Vaters Statt zum Altar führen kann, aber du wirst den Mann deines Lebens finden und mit ihm glücklich werden.", sagt er mit zittriger Stimme und streicht mir sanft über den Kopf. Langsam verebben meine Tränen, aber die Trauer bleibt. Die Trauer darüber vermutlich in wenigen Stunden allein auf dieser Welt zu sein. „Wirst du noch einmal für mich singen Liebes? Du weißt, dass ich mir immer gewünscht habe zu deiner Stimme einzuschlafen und zu meiner geliebten Mira und meiner Trina und ihrem Lawrence zu gehen.", selig lächelt er mich an. Er hat seinen Frieden mit sich und der Welt gemacht. „Pops. Das kannst du nicht von mir verlangen, bitte!", flehe ich ihn an, auch wenn ich genau weiß, dass ich ihm diesen letzten Wunsch nicht abschlagen kann und werde. „Bitte Lavanya. Sing für mich, für deine Eltern und für deine Großmutter. Bitte!", in seinen Augen schimmern nun auch Tränen. Er wird zusehends schwächer, kann kaum noch die Augen offenhalten und auch seine Atmung wird flacher. „Gut.", flüstere ich und ergebe mich somit in mein Schicksal. Ein leises Räuspern lässt mich aufschrecken und zur Tür blicken. „Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht belauschen, aber ich habe gehört, dass Sie singen wollen. Würden Sie uns gestatten ein Mikro hier aufzustellen und in einigen anderen Zimmern Lautsprecher, damit auch ein paar der anderen Patienten zuhören können?", fragt eine der Pflegerinnen vorsichtig. Unsicher sehe ich zu meinem Großvater hinunter, dieser scheint noch ein letztes Mal seine ganze Kraft aufzubringen und nickt bejahend. „Natürlich! Vanya, lass sie bitte. Deine Stimme ist so wundervoll, es wäre eine Schande sie nur für mich zu wollen.", meint er krächzend, als ihn ein Hustenanfall zu schütteln beginnt. Augenblicklich eile ich zu seiner Kommode, um ein Glas zu holen und helfe ihm einen Schluck Wasser zu trinken. „In Ordnung Großvater, wenn du das möchtest.", erwidere ich leise, drehe mich der jungen Frau in der Tür zu und nicke nochmals zur Bestätigung. Wenig später erscheint sie erneut im Zimmer, diesmal in Begleitung eines Kollegen, der ihr mit dem Mikrofon hilft.

POV Steve
Langsam stelle ich die Tasse zurück auf ihren Nachttisch. Peggys gesundheitlicher Zustand verschlechtert sich immer schneller. Man kann geradezu sehen, wie sie immer mehr abbaut. Ihr Atem geht bereits beängstigend schwach und auch die Augen schafft sie nur noch einen Spalt breit zu öffnen. „Steve...", kommt es leise und kratzig von ihren Lippen. „Ich bin hier Peggy, ich bin bei dir.", sanft streiche ich ihr eine Strähne ihres weißgrauen Haares aus der Stirn. Im Alter hatte ihr Haar zwar seine schokoladenbraune Farbe verloren, doch war es noch immer so voll wie damals in den 1940ern. Und trotz des sichtbar gealterten Gesichtes ist sie noch immer genauso wunderschön wie damals als wir uns kennenlernten. Ein leises Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken. Vorsichtig wird die Tür aufgedrückt und eine Pflegerin streckt ihren Kopf herein. „Bitte entschuldigen Sie die Störung Mister Rogers. Wir möchten bloß fragen, ob Miss Carter vielleicht ebenfalls einen kleinen Lautsprecher aufgestellt bekommen möchte. Die Enkeltochter eines Patienten wird gleich für ihn singen und sie hat uns erlaubt ein Mikro im Zimmer aufzustellen, damit auch andere mithören können.", erklärt sie leise. „Was wird sie singen?", fragt Peggy mit ruhiger, erstaunlich fester Stimme. „In the arms of an angel soweit ich weiß.", sie dreht sich kurz nach draußen, wo sie etwas zugeflüstert bekommt und nickt noch einmal bestätigend, als sie sich wieder uns zuwendet. „Oh ja, bitte. Ich würde so gern zuhören.", erwidert Peggy schwach lächelnd. „Sind Sie auch damit einverstanden Mister Rogers?", erkundigt sich die Schwester nochmals und ich nicke lediglich zustimmend, als auch schon ein junger Mann mit einem tragbaren Lautsprecher hereingeschlichen kommt und diesen auf dem kleinen Tisch neben mir an ihrem Bett aufstellt und gleich darauf wieder verschwindet. „Ich liebe dieses Lied. Es hat mich so an dich erinnert, als es veröffentlicht wurde, weil ich dachte, du seist tot.", erzählt sie mir mit Tränen in den Augen. Ihre Stimme wird immer leiser, ist kaum noch mehr als ein Flüstern. Die Ärztin sagte bereits als ich ihr Zimmer betreten hatte, dass sie vermutlich noch vor den Abendstunden einschlafen würde. Somit wäre auch die letzte Verbindung zu meinem alten Leben aufgelöst. „Trauere bitte nicht zu lang Steven. Ich bleibe immer bei dir und werde über dich und deine Familie wachen.", sagt sie leise, als hätte sie meine Gedanken gelesen. „Es wird nie eine Familie geben Peggy. Du bist meine Familie.", erwidere ich traurig lächelnd, während ich ihre Hand ergreife. „Bitte sag so etwas nicht. Ich wünsche mir so sehr für dich, dass du glücklich wirst. Eine Frau findest, die du liebst und mit der du Kinder bekommst. Bitte tu mir den Gefallen und versuch zumindest die große Liebe zu finden. Versuch es bitte für mich.", fleht sie mich beinahe an. Von Schuldgefühlen, sie zu hintergehen, gequält sehe ich sie an und zwinge mich zu einem Lächeln: „In Ordnung, ich werde es versuchen." „Gut.", sie lässt sich beruhigt zurück in die Kissen sinken, als leise die ersten Takte des Liedes aus dem Lautsprecher erklingen. Nach wenigen Sekunden dann erklingt die wohl schönste Stimme, die ich jemals gehört habe. „Sie hat eine wunderschöne Stimme! Bitte frag sie, ob sie bei meiner Beerdigung noch einmal singen würde. Vielleicht ist sie es auch, die die dir aus der Trauer und in dein Glück helfen kann. Ein so schöner Gesang kann nur zu einer wunderschönen Frau gehören.", flüstert Peggy und ihre Stimme verliert mehr und mehr an Kraft. Aber sie hat Recht. Diese Sängerin klingt schlichtweg wie ein Engel. Ein wahr gewordener Traum.

One Shots nach MaßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt