32. Die Neuen

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Am nächsten Abend wurden wir von Sebastians Wecker aufgeweckt. Er rasselte seelenruhig vor sich hin, als ich meinen Arm ausstreckte und nach ihm schlug. Zum Glück gab er dann Ruhe. Ich knurrte vor mich hin und drehte mich zur anderen Seite zu Sebastian. In diesem Moment schaltet er das Licht an und ich schloss meine Augen wieder. Es strahlte mir direkt ins Gesicht. Nur langsam konnte ich mich wieder dran gewöhnen.

„Guten Abend meine Schöne", flüsterte Sebastian mir zu und fuhr mit einer Hand durch meine Haare. Jetzt konnte ich ihn sehen. Beim schlafen fielen mir ständig meine Haare ins Gesicht und in der nächsten Nacht sah ich dann aus wie ein Monster.
Ich kuschelte mich näher an Sebastian und küsste ihn mitten auf den Mund. Er erwiederte diesen Kuss ohne mich abzuweisen. Dann sahen wir beide uns lächelnd an. In seiner Nähe konnte ich auch nach dem Aufwachen schon lächeln.

„Schläfst du eigentlich immer so schnell ein?", wollte er dann lachend wissen.
„Nicht immer", sagte ich und kicherte. „Nur, wenn ich mich mehr als wohl fühle."
Sebastians Arme umschlungen mich und zogen mich noch näher an sich heran. Ich spürte wieder seinen Körper an meinem. Unsere Gesichter waren nur noch einen Hauch voneinander entfernt. Immer noch lächelten wir uns einfach nur an. Ich hätte noch länger hier liegen bleiben und ihn küssen können. Ich hätte am liebsten meine gesamte Zeit hier bei ihm verbracht, doch leider stand nun der Unterricht an.

„Ich muss aufstehen", sagte ich dann und versuchte mich aus Sebastians Umarmung zu befreien. „Ich will nicht zu spät zum Unterricht kommen."
Nur widerwillig ließ Sebastian mich mit einem Seufzen los. Mühsam richtete ich mich auf und verließ das Bett. Ich suchte meine Sachen zusammen und fing an meine Hose anzuziehen.
„Du siehst wirklich toll aus", hörte ich Sebastian sagen, als ich mein T-shirt anzog. „Du hast einen guten Style, wenn man das so sagen kann."
Ich lächelte ihn an und wurde ein bisschen rot. Er hatte mich die ganze Zeit beim anziehen beobachtet. Er hatte mich in Unterwäsche gesehen. Daran musste ich mich wohl erst noch gewöhnen. Mit Sebastian war es mir wirklich ernst.
Sebastian gab sich einen Ruck und stand auch auf. Er trug nur eine Boxershorts. Ich musste zugeben, dass er wirklich einen tollen Körper hatte. Dann kam er auf mich zu und küsste mich wieder. Ich erwiederte den Kuss mit Leidenschaft und wahrer Liebe.
„Ich muss los", hauchte ich in den Kuss hinein.
Sebastian wollte mich einfach nicht gehen lassen, was ich verstehen konnte.
„Basti, bitte!", sagte ich ein zweites Mal und drückte ihn sanft von mir weg.
Er sah mich an und ließ mich los. Ich gab ihm noch einen Kuss auf die Wange und machte mich dann auf den Weg zur Tür.
„Sehen wir uns nachher nach dem Unterricht?", fragte ich ihn gespannt.
Er nickte und sah mich immer noch an. Er sah mir direkt in die Augen.
„Bis nachher", sagte er.
„Ja, bis nachher", flüsterte ich und verließ das Zimmer.

„Kannst du mir bitte sagen, wo du den ganzen Tag warst? Hast du etwa bei Sebastian geschlafen?" Mit dieser Frage wurde ich von Norami und Percy vor unserem Kursraum empfangen. Zum Glück war der Lehrer noch nicht da. Ich war wirklich pünktlich.
„Oder mit...", hörte ich Percy vor sich hin raunen.
Ich sah die beiden ernst an. „Erstens: Ja, ich habe bei Sebastian geschlafen und zweitens ist rein gar nichts passiert. Er hatte nur ein romantisches Date vorbereitet und danach bin ich direkt eingeschlafen."
Noramis Augen fingen an zu leuchten. „Oh, wirklich? Wie süß."
„Also habt ihr nicht..."
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin noch nicht so weit. Wir haben uns nur geküsst. Nichts weiter", versprach ich. Das war ja auch die Wahrheit.

Die Stunde Vampirsprache ging recht schnell vorbei. Wir mussten wieder einmal einen alten Text übersetzen und ihn dann in die Alltagssprache umsetzen. Das war gar nicht so leicht gewesen. Es war schon doof, dass so etwas in der Prüfung vor kam. In ein paar Tagen war es schon so weit und ich schrieb meine ersten Prüfungen. Einfach nur verrückt.

Auch die restlichen Stunden gingen schnell vorbei.

Nach dem Unterricht ging ich in die akademieeigene Bücherrei. Hier gab es über 1000 Bücher über Vampire und alles Mögliche, was mit ihnen zu tun hatte. Ich fand das wirklich sehr beeindruckend. Ich wollte unbedingt noch etwas mehr über Vampire im allgemeinen erfahren. Vielleicht konnte ich ja ein paar Informationen in meine Prüfung mit einbringen.

Sebastian war mit mir gekommen und wollte mir helfen. Das fand ich wirklich sehr süß von ihm. Also stöberten wir zusammen durch die Bücher hindurch.

Ich sah mich in der Abteilung „Geschichte der Akademie" um und Sebastian in der „Vampirgeschichte". Es war besser, wenn wir uns aufteilten.

Ich ging langsam durch die Gänge und ließ mir jeden Buchtitel durch. Wenn mich eins interessierte, dann holte ich es aus dem Regel und laß mir ein bisschen was durch. Leider konnte man sich die Bücher hier nicht ausleihen, sondern musste sie hier lassen. Warum das so war, wusste niemand. Es war einfach so.

Plötzlich fiel mir ein Buch mit dem Titel „Geheimnisse der Vampirakademie" direkt ins Auge. Es stand ganz hinten hinter 2 anderen Büchern in einer Ecke und war ganz verstaubt. Ich holte das Buch ganz vorsichtig zum Vorschein und pustete den Staub weg. Anscheinend hat es seit Jahren oder Jahrhunderten keiner mehr gelesen! So sah es zumindest aus.
Vorsichtig klappte ich das Buch auf. Auf der ersten Seite war ein Vorwort, das ich kurzerhand einfach übersprang. Ich fing an durch das Buch zu blättern. In der Mitte fand ich einen Abschnitt, der sich sehr spannend anhörte. Schnell laß ich ihn mir durch.

Vor 10 Jahrhunderten lebte noch eine reiche Familie in dem Schloss, in dem jetzt eine Akademie ist. Die Familie war stinkreich und besaßen sogar ein ganzes Dorf, doch die Menschen, die in den Dorf lebten, verabscheuten die Familie. Eines Tages wurde diese aus dem Schloss gejagt. Die Familie hinterlas jedoch eine Nachricht, in der stand, dass sie ein Geheimnis zurück gelassen hätten. Was sie genau damit gemeint hatten, das wusste keiner so genau. Als das Schloss zu der Akademie umgebaut wurde, schien der Direktor das Geheimnis weiter zu führen und es zu bewahren. Keiner konnte je herausfinden, was es mit diesem Geheimnis auf sich hatte.

So endete der Artikel. Sofort brachte er mich zum Nachdenken. Es lag ein Geheimnis um dieses Schloss? Was war es? Was hatte sich damit auf sich?
Ich blätterte ein paar Seiten nach vorne und nach hinten, doch es stand nichts Weiteres zu dem Geheimnis in diesem Buch drin. Ich seufzte und schloss es kurzerhand.

„Achtung! Achtung! Dies ist eine Durchsage an alle Schüler und Schülerrinnen. Bitte versammeln sie sich im großen Foyer im ersten Stock. Dankeschön", dröhnte es durch die Lautsprecher. Wieder seufzte ich und räumte das Buch zurück ins Regal.

Auf dem Weg redeten Sebastian und ich kein Wort miteinander. Ich dachte die ganze Zeit über dieses Geheimnis nach. Was konnte es nur sein? Sollte ich Herr Beißen fragen? Nein, er würde es mir sicher nicht sagen wollen.

Später in der Halle angekommen, setzten wir uns einfach irgendwo hin. Norami kam dann auch und setzte sich zu uns. Wir waren gespannt, was wir alle hier sollten.

„Hallo zusammen!", sagte Frau Beißen, die in der Mitte des Raumes stand. So konnte sie jeder sehen und auch am besten hören. „Wie so oft haben wir heute wieder Neuankömmlinge in der Akademie. Ich bitte die beiden Neuen mal aufzustehen."
Ich sah in die Runde. Zwei Menschen standen auf. Es war ein Junge und ein Mädchen. Erst sah ich nur den Jungen an. Er sah nett aus und schon wie ein richtiger Vampir. Das Mädchen hingegen noch nicht. Sie wirkte sehr schüchtern und unsicher. An irgendjemanden erinnerte sie mich, aber so schnell konnte ich sie nicht zuordnen.
„Bitte heiß unsere Neuen, Raily und Laura, willkommen!"

Laura? So hieß doch meine Schwester! Ich betrachtete das Mädchen genauer. Sie hatte lange blonde Haare und sah wirklich sehr hübsch aus. Hatte Laura nicht kürzere Haare? Vor allem ihre wohlgeformten Lippen fielen mir sofort auf. So welche hatte nur Laura! Auch ihre Augen waren wunderschön. Das Mädchen war dünn und hatte einen schönen Körper. Nur meine Schwester sah so wunderschön aus und mir auch so ähnlich.

Das Mädchen, das dort stand, war wirklich meine Schwester. Ich war mir zu 99,9% sicher.

Das dunkle GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt