2. Ich muss was?

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"Ich soll mich also in einen Vampir verwandeln?"
Meine Mutter nickte stumm. Sie verzog keine Miene. So ernst sah ich sie nur selten. War das alles wirklich die Wahrheit? War das wirklich ihr voller Ernst?
"Nein“, flüsterte ich und konnte mir ein weiteres Grinsen nicht verkneifen. Ich konnte das einfach nicht glauben! Ich meine...hättet ihr das etwa geglaubt wenn ihr ich gewesen wäret?
"Nein, das muss ein Traum sein! Das kann nur ein schlechter Traum sein!“, murmelte ich vor mich hin. Ich fuhr mir nervös durch meine langen braunen Haare und schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen.  Ich konnte nicht begreifen was hier gerade passierte.
"Es tut mir so leid, Schatz“, versuchte Mum mich zu beruhigen. Sie schien es wirklich ernst damit zu meinen. Ich schüttelte immer noch den Kopf. Mum kam auf mich zu und nahm meine Hand.
"Ich.. " "Mum!" Blitzschnell zog ich sie wieder weg. Ich konnte Enttäuschung spüren.
„Lass mich!“ Ich hörte mich ungeheuerlich ernst an. Dabei wusste ich nicht was ich denken oder tun sollte.
Ich drehte mich von ihr weg und sah mein Spiegelbild an. Meine Augen wurden immer größer. Mein Gesicht war kreidebleich. Auch meine Arme und Beine fingen an blasser und blasser zu werden. Was geschah mit mir??
"Die Kette wird dich vor dem Sonnenlicht schützen. Vampire könnten in der Sonne schnell verbrennen." Ja ja, der alte Vampirmytos... Glaubt ihr etwa daran?
Ich versuchte diese Information zu ignorieren. Ich seufzte und sah mich weiter an.
"Am besten ist es, wenn du das Tageslicht ab jetzt so gut wie es geht meidest, wenn du die Kette nicht tragen solltest. Die Kette gibt dir Kraft!"
Nein, das kann alles nicht wahr sein!
Ich drehte mich wieder zu meiner Familie um. 4 ernste Augen waren auf mich gerichtet. Meine Schwester sagte nichts und hielt sich gekonnt im Hintergrund.
"Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz!"

Ich lief in meinem Zimmer von links nach rechts und von rechts nach links.
"Alex, Schatz, du hast dich doch im Spiegel..." "Was soll das denn beweisen??"
Ich stemmte sauer meine Hände in meine Hüften. Hatte ich etwa die Kontrolle über mich verloren?
Meine Gesichtsausdrücke spielten verrückt. Ich seufzte wieder.
"Nein! Vampire gibt es nur in Filmen! Sie sind nicht echt – sie sind einfach nur erfunden!“
Davon war ich zu 99,9% überzeugt! Da konnte mir keiner etwas anderes sagen.
"Alex, Schatz, das stimmt nicht! Du täuscht dich! Vampire gibt es wirklich!“
Ich lachte und schüttelte verzweifelt wieder den Kopf. Meine Bewegungen wiederholten sich immer wieder. Vampire gibt es nicht! Nein das kann alles nicht wahr sein!
"Sag mir, dass der Fluch nur ein schlechter Scherz ist, Mum!“
Dies war nun mein letzter Versuch. Ich hielt das einfach nicht mehr aus!
Ich blickte beide erwartungsvoll an.
"Alex, glaub mir, das ist kein Scherz! Du hast es doch vorhin erlebt! Die Sonne macht dich schwach und deine Haut ist blass. Du bist kein Mensch mehr.“
Ich wusste nicht ob ich es glauben konnte. "Mum..."
"Jetzt reicht es aber! HAST DU ETWA KEIN VERTRAUEN IN MIR? MEINST DU ICH WÜRDE DIR SO ETWAS ZUM SPAß ERZAHLEN!?!?!", schrie sie mich wütend an. Ihr Gesicht färbte sich ein wenig rot. Sie war sauer - und wie! Wenn sie mich mal anschrie, was eigentlch eher selten vorkam, dann war es meistens etwas wegen schlechten Noten. Dies jedoch war eine völlig neue Situation.
Ich hielt innne und schluckte zum gefühlten 1000 Mal in den letzen Minuten. Ich ließ meine Hände fallen. Vielleicht sollte ich doch mal ein bisschen Interesse zeigen, auch wenn ich es noch nicht glauben konnte. Das würde sie sicher etwas beruhigen.
Also gab ich mir einen Ruck und versuchte ihnen mein Interesse zu zeigen.
"Seit wann weißt du von dem Fluch?“, fragte ich meine Mum.
"Seit sich meine Schwester selber an ihrem 18. Geburtstag verwandelt hat.“
Ich schluckte. Sie scherzte nie,  wenn sie über ihre Schwester,  meine Tante, sprach. Sie war eine nette und aufgeweckte junge Frau, ein paar Jahre älter als meine Mutter. Wir unternahmen viel zusammen. Laura und ich kamen wirklich super mit ihr klar. Sie und Mum liebten sich sehr und würden füreinander alles tun. War an der Geschichte also doch etwas dran?
"Du hast gelogen, als du gesagt hast, dass sie wegen ihrer großen Liebe ausgewandert ist, stimmts?“, wollte ich wissen,  als ich daran dachte, was Mum damals erzählte, als ihre Schwester plötzlich und unerwartet verschwunden war. Wut überkam mich.
"Sie hat sich verwandelt und musste fliehen oder was??" "Ich wollte dich nur schützen!“
"Also ist das wahr?? Du hast gelogen??" Ich sah sie enttäuscht an. "Du hast mich angelogen! Warum hast du mir das alles die ganze Zeit verschwiegen?! Du wusstest,  dass es mich eines Tages trifft!!“
Ich war den Tränen nahe. Das alles war einfach zu viel für mich. Sollte ich das glauben oder nicht oder...ach was weiß ich!!!
"Schatz, ich wollte dich damit nicht belästigen. Ich wollte deine ersten 18 Lebensjahre so schön wie möglich für dich machen. Ich wollte dich schützen!“
"Und du wusstest auch davon?“, fuhr ich meine Schwester an. Meine Augen funkelten vor Wut. Meine Familie hatte mich mein ganzes Leben lang nur belogen?
Laura sah mich geschockt an und ließ dann nickend den Kopf hängen. "Es tut mir leid, Alex…“
"Nein!“, schrie ich. "Ihr seit verrückt!"

Ich wanderte schnurstracks zur Tür.
"Lasst mich erst einmal in Ruhe!“ Tränen schossen mir in die Augen und ich rannte aus meinem Zimmer. Enttäuscht und sauer schoss ich die Treppe hinunter.
Weinend ließ ich mich auf die unterste Stufe fallen und hielt mir meine Hände vors Gesicht. Meine Gefühle überrannten mich förmlich. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich konnte nicht wissen was ich als nächstes machen würde. Das war alles viel zu viel für mich...

Und dann klingelte es auch noch unerwartet an der Tür. Ich runzelte meine Stirn. Hä?, dachte ich. Wer könnte das denn sein?
Schnell wischte ich mir meine Tränen aus dem Gesicht. Wer jetzt auch kam sollte nicht sehen, dass ich an meinem Geburtstag heule.

Ich gab mir einen Ruck,  stand wieder auf und machte mich auf den Weg zur Tür. Ich riss mich zusammen und atmete tief ein und wieder aus.
"Hi!“ Jenny fiel mir um den Hals, als ich die Tür öffnete. Fast wäre ich hinten rüber gekippt. Sie drückte mich so sanft wie jedes Mal.
Plötzlich spürte ich die Sonnenstrahlen, die mit meinen Freunden mit ins Haus kamen.
"Alles gute zum Geburtstag!“ Ihre Augen leuchteten, als sie mich ansah. Sie liebte Geburtstage über alles.
"Danke!“ Ich lächelte. Neben ihr lächelte mich auch Luca an. Ich liebte es, wenn er mich so ansah. Er war so ein toller Kerl. Für nichts in der Welt würde ich diesen beide hergeben!
Auch er nahm mich in den Arm und gratulierte mir. "Alles gute!“
Ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals. Für einen kurzen Augenblick musste ich meine Augen schließen. "Danke!“
Ich löste mich von ihm und sah beide glücklich an. Für einen kurzen Augenblick vergaß ich was gerade passiert war.
Doch dann sah Jenny mir direkt ins Gesicht und hob eine Augenbraue. "Hast du gerade geweint?“
Ich seufzte und kramte in meinem Kopf nach einer passenden Ausrede. Ich konnte ihnen die Geschichte ja nicht unter die Nase reiben. Sie würden es mir eh nicht glauben...
"Äh…nein…ich hab mir grad nur einen kalten Waschlappen ins Gesicht geschmissen das ist alles.“ Ich setzte wieder mein Fakelächeln auf. Ich hasste es, meine besten Freunde anzulügen. Ich war immer ehrlich zu ihnen und jetzt? Wie würde es jetzt weiter gehen?

„Kommt doch erst einmal rein!“, bat ich sie schnell.
Ich spürte, dass ich wieder ein bisschen warm wurde. Die Sonne war heute sehr heiß. Ich fühlte mich wie vorhin. Ob an der Vampirgeschichte doch etwas Wares dran ist? Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Als Jenny und Luca mein Haus betraten, schloss ich schnell die Tür hinter ihnen.
Zusammen gingen wir ins Wohnzimmer und setzten uns.
"Ach, das hätte ich ja fast vergessen! Wir haben noch ein Geschenk für dich, Alex!“, sagte Jenny und fing an zu lachen. "Das ist von uns beiden." Sie überreichte mir ein Paket.
Ich erkannte sofort, dass es ein Buch war. Gespannt packte es aus. Ich war eine totale Leseratte.
Ich liebte Bücher über alles! Zu jedem Ostern, Geburtstag oder Weihnachten wünschte ich mir Bücher. Mein Motto war immer: Lesen ist eine Brücke in die Welt der Wünsche.

"Ich weiß nicht, ob es dir gefällt, aber deine Mutter meinte du könntest es gut gebrauchen!“
Ich dachte mir nur meinen Teil dabei, denn ich konnte etwas ahnen. Ich hielt das ausgepackte Buch in der Hand. Ich las den Titel laut vor: "Das Handbuch für Vampire?“ Ich sagte doch, dass ich es ja geahnt hatte. Meine Familie drehte wirklich total am Rad. Was sollte das denn jetzt? Ich glaube ich war wirklich drauf und dran diese Geschichte wirklich zu glauben!
Ich blickte zu Jenny. Die sah mich erwartungsvoll an. "Gefällt es dir?“, fragte sie neugierig.
Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, warf Luca ein: „Du magst zwar nicht so gerne Vampire, aber…ich weiß nicht, wieso Vanessa sagte, dass wir es kaufen sollten!“
"Ach wirklich?“, fragte ich ironisch. Ich wollte so überrascht klingen wie nur möglich. Ich wusste ganz genau, wieso ich es bekommen hatte.
"Na ja, wahrscheinlich wollte sie, dass ich mal was anderes als Romanzen lese."
Fake Lächeln! Ich spürte Jennys Blick auf mir. "Sag mal, Alex...Wieso bist du denn so blass? Alles ok mit dir?“
"Ich? Äh…na ja…ich bin noch müde und…äh…“

Plötzlich hörten wir Gepolter. Ich zuckte zusammen.
Dann kam Mum ins Wohnzimmer mit einem voll gepacktem Koffer. Ich starrte sie verwirrt an. Was sollte das denn jetzt? Was zum Hänker machte meine Mutter mit einem vollgepackten Koffer??
"Mum…?“ "Hey Alexandra, Schatz!“
"Oh, wollen Sie in Urlaub fahren?“, fragte Luca überrascht. "Davon hat Alex ja gar nichts erwähnt..."
Das wollte ich auch gerne wissen. Jedoch sagte ich nichts und blieb vorerst ruhig.
Mum schüttelte jedoch den Kopf. "Nein, ich nicht." Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Was ging hier vor sich?

"Alex wird abreisen müssen!“

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Vielen wird das jetzt zu schnell vorkommen, aber es soll so sein.
Hoffe ihr mögt es trotzdem :)

Das dunkle GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt