10. Unterricht

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"Wir starten mit einem kleinen Test. Mündlich."
Herr Damik lies seinen Blick durch die Klasse wandern. Die meisten stöhnten. Keiner mochte Überraschungsteste.
"Alexandra, schreibtst du bitte mir?“, bat er mich. Ich nickte, als ich zu ihm sah, und nahm den Stift in die Hand.
"Ok…fangen wir an."
Er stellte sich zurück hinters Lehrerpult. Von dort aus konnte er die ganze Klasse genau beobachten.
"Was ist wichtig, um einen Zauberspruch sagen zu können?", wollte er als erstes wissen.
Herr Damik betrachtete alle Schüler. "Ben?“ "Ähm...also...mann muss sich darauf konzentrieren und ihn fließend sagen, sonst funktioniert es nicht! Wenn man stockt, kann vieles schief gehen!“, antwortete er. Ich konnte Unsicherheit in seiner Stimme hören.
„Perfekt!“ Aber es war richtig! Schon setzte sich meine Hand in Bewegung und ich schrieb mit.
"Zweite Frage: Wie kommt man von einem Ort zum anderen ohne zu fliegen? Finn?“ "Man zaubert sich dahin!“ "Ja…fast. Und…wie geht das? Berta?“ "Man denkt an den Ort, an den man reisen möchte und schließt dann die Augen.“ "Richtig."
Nun ging alles ruck zuck. Eine Frage nach dem anderen.
"Wie liest man Gedanken? Norami?“ Ich sah zu Norami rüber. Jetzt war ich gespannt. Das wollte ich unbedingt lernen. "Also, man denkt an den, dessen Gedanken man lesen möchte, und entspannt seine eigenen Gedanken, um Platz für die anderen zu machen.“
Das hörte sich aber sehr kompliziert an. Ob das so einfach war?
"Ja…fast! Da fehlt noch etwas. Percy?“ "Man muss noch murmeln: Gedankus meinus“.
Herr Damik war begeistert. Er hatte ein breites Grinsen im Gesicht. "Richtig, Percy! Super!“
Ich hob meine Hand. "Äh…Herr Damik?“ "Was gibt es denn, Alexandra?“, reagierte unser Lehrer. Er sah mich lächelnd an. "Ich wollte nur fragen, ob wir das gleich mal machen können? Ich meine, Gedankenlesen“, fragte ich. "Ich würde das so gerne können und dafür brauche ich Übung."
Ich sah den Lehrer erwartungsvoll an. Der überlegte.
"Bestimmt nicht!“, entschied sich Jazinka schon mal für eine Antwort. "Er hat einen festen Plan, wie du wissen musst, was er mit uns macht und er kann doch nicht für jeden neuen Schüler…“
"Sicher doch!“, unterbrach Herr Damik sie.  "Warum nicht? Ich meine, vielleicht nicht heute, aber vielleicht ein anderes Mal.“ "Was?“ Jazinka runzelte ihre Stirn. Ihr Gesichtsausdruck war unvergleichlich. Tja, nicht alles läuft nach ihrer Nase. Ich verspürte Schadenfreude, dachte mir aber nichts weiter mehr. Sie würde bestimmt versuchen meine Gedanken zu lesen.
"Wenn Alexandra das möchte, dann können wir das ruhig machen! Ich bin für alles offen.“ Ich grinste. "Cool!"
"So weiter im Text...", sagte der Lehrer und sah wieder in seine Unterlagen. "Was muss man machen, um seine Vampirflügel zu bekommen, also auch zu benutzen?“
Ich wollte gerade etwas notieren, als ich aufhorchte. Das wusste ich! Mein Finger schnellte in die Höhe.
"Oh, Alexandra? Du weißt es?“, fragte Herr Damik überrascht.  "Das hätte ich nicht gedacht! Ich bin erstaunt.“ "Ja, man muss seine Arme soweit ausstrecken wie es nur geht und dann mit den Flügeln schlagen wie ein Vogel!“ "Wow, das ist…richtig! Woher weißt du das?“ "Ein guter Freund hat mir es beigebracht! Wir sind hier her geflogen!“ "Ah, dann hast du  schon viel Erfahrung damit.“
Ich nickte. Vielleicht wusste ich ja doch schon ein paar Sachen.

Und so ging es die ganze Stunde weiter bis es wenig später schon schellte.
Die ersten beiden Stunden hatte ich also schon mal hinter mir.

Nach dem Unterricht schlenderte ich mit Norami und Percy in der Pause über die Gänge zum nächsten Unterricht.
"Cool wie du schon mitgearbeitet hast", meinte Norami zu mir. Ihre Augen leuchteten begeistert. Sie schien beindruckt zu sein. "Das hätte ich nie von dir erwartet! Ich meine, du bist doch erst seit ein paar Tagen Vampir."
"Danke! Um genau zu sein zwei", entgegnete ich. Ich konnte mir kein Lächen verkneifen. Ich war ein Vampir. "Nun ja ich habe einen guten Freund, der mir in den ersten Stunden nicht von der Seite gewichen ist und mich unterstützt hat." Ich spürte, dass es warm um mein Herz wurde und ich fing an zu lächeln.
Mir kam unsere Unterhaltung in unserer Flugpause wieder in den Kopf. In Gedanken versunken verpasste ich fast was Norami mich fragte. "Ist ja etwa jemand verliebt?" Norami stieß mich an und grinste. Ich lachte und wurde rot, als ich sie anblickte. "Verliebt?" Auch Percy fing an zu grinsen.
"Na? Wie heißt er denn?" Unsicher sah ich auf den Boden. Das Thema war mir ein bisschen unangenehm. "Sein Name ist Sebastian und er ist erst seit kurzen nach Malibu, meiner Heimatstadt, gezogen. Wir verstanden uns sofort super und irgendwie sind wir auch gute Freunde geworden. Letztens hat er so etwas angedeutet und seit dem..."
"Das heißt er mag dich auch so sehr wie du ihn?", unterbrach Norami mich. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht genau..." "Treff dich doch nochmal mit ihm und sprecht euch aus!"
Ich nickte. "Das ist eine super Idee!" Ich fiel ihr um den Hals. "Danke."
Vielleicht wäre ich auch selber darauf gekommen.
Mein Kopf schnellte in Percys Richtung und dann wieder zurück in Noramis. "Ich habe euch beide jetzt schon ins Herz geschlossen, auch wenn ich euch erst einen Tag bzw. zwei Schulstunden kenne." Ich musste lachen. Das ich so etwas mal sagen würde...
"Wir dich auch", entgegnete Norami.  "Aww danke! Wisst ihr“, sagte ich und legte einen Arm um Norami und den anderen Arm um Percy. "Nennt mich doch einfach Alex! Ich bin so froh, dass ihr so nett zu mir seid und ihr mich unterstützen wollt! Ich bin seit einem Tag hier, aber…das finde ich sooo nett! Ihr seid schon fast wie Freunde!“
Percy und Norami sahen mich an. "Das sehen wir auch so."

Jetzt hatten wir Vampirgeschichte. Danach hatte ich für den ersten Tag erst einmal frei. Ich sollte mich nur langsam eingewöhnen.
Wie betraten den Raum. Dieses Mal waren wir etwas später dran.
Alle saßen schon auf ihren Plätzen und starrte und an. Sogar der Lehrer war schon anwesend und hob eine Augenbraue als er uns sah.
"Ah, wen haben wir denn da?“, fragte er als wir den Raum betraten. Puh...peinlich...
"Tut uns leid, dass wir zu spät sind“, entschuldigte Norami sich höflich.
"Wir haben einfach die Zeit vergessen, Herr Historie“, sagte Percy.
Ich hielt mich gekonnt im Hintergrund.
"Oh ihr seit ja zu dritt! Wer bist du denn?“ Mist, er hatte mich entdeckt! "Ich?“ "Ja, du. Wer bist du?“
"Ich bin Alexandra“, antwortete ich schließlich. "Ich bin neu hier.“
"Ah, ok! Setzt euch jetzt hin!“, forderte er uns auf. "Und du, Alexandra, setze dich ruhig neben Norami oder Percy, wenn du möchtest.“ Ich nickte stumm. Ich folgte Norami und setzte mich neben sie.
Percy saß eine Reihe hinter uns.
"Dann wollen wir mal mit dem Unterricht beginnen! Schlagt bitte eure Bücher auf der Seite 26 auf.“
Schon kramten alle ihrer Bücher hervor. Ich hatte noch keins. Sicherlich bekam ich noch eins.
"Kann ich bei dir mit rein sehen, Norami?“, fragte ich. Norami nickte. "Klar doch. So lange bis du deine Bücher auch bekommst.“ Während Norami das Buch aufschlug, sah ich auf die Uhr an der Wand. Es war schon halb 5 morgens. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen! Und gewöhnen musste sie sich daran auch noch.
"Ja so ergeht es jedem am Anfang", riss Percy mich aus meinen Gedanken. Ich drehte mich um.
"Hast du etwa meine Gedanken gelesen?", fuhr ich ihn an. Er lächelte.
"Alexandra!" Ich fuhr herum und sah meinen Lehrer an. "Würdest du den Text bitte vorlesen?“
Er sah mich erwartungsvoll an. Natürlich konnte ich nicht nein sagen.
Also nickte ich ruhig und fing an zu lesen:

Der erste Vampir

Der erste Vampir wurde 100 Jahre nach Christus erschaffen. Er lebte in den USA und verhielte sich wie ein normaler Mensch. Er hieß Vampis Furop. Doch irgendwann merkte er, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Er hatte immer zu Hunger auf Blut. Er ging zum Arzt, doch auch er wusste nicht, was mit ihm los war. Irgendwann bekam er dann einen Brief mit der Überschrift: Herzlichen Glückwunsch! Sie haben eine neue Kreatur erschaffen! Wie er es geschafft hatte, war ihm nicht klar. Dann überlegte er und nannte sich Vampir. Er machte sich über alle Leute in seiner Nachtbarschaft her und trank ihr Blut. So wurden noch mehr Vampire geschaffen und es verbreitete sich über die ganze Welt.

Ich blickte auf, als ich mit dem Text fertig war.
"Danke, Alexandra“, sagte der Lehrer. Er sah in die Klasse. "Gibt es irgendwelche Fragen dazu?“
Jazinkas Finger schoss in die Höhe. Ich verzog das Gesicht. Zum Glück sah sie es nicht.
"Ja, Jazinka!“, nahm Herr Historie sie dran.
"Aber wie hat Vampis denn herausgefunden, dass er sich von Blut ernähren muss?“
Ich sah sie an. Auch der Lehrer sah sie an und antwortete: "Er hat es einfach ausprobiert, was sonst? Außerdem hatte er immer zu Hunger darauf! Das steht auch im Text!“
Jazinka nickte. "Ist ja gut, ok", erwiederte sie zickig.
Herr Historie ignorierte es einfach. "Sonst noch Fragen? Nein? Ok, dann können wir ja weiter machen.“

Das dunkle GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt