8. Typisch Neulinge

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Wenig später erreichten wir die große Halle im 1. Stockwerk. Sie war wirklich riesig!
Über 500 Schüler und Schülerrinnen waren schon dort versammelt. Ein paar Lehrer saßen ganz hinten im Raum an einen langen Tisch. Die meisten Schüler quatschten miteinander. Keiner schien mich zu bemerken.

Norami zog mich zu einem Tisch und bat mich, Platz zu nehmen. Ich nickte und setzte mich hin.
Als Jacky und Sarla kamen, setzten sie sich jedoch an einen anderen Tisch. Vielleicht hätte ich mir das ja auch schon denken können.
Norami stubste mich an. "Siehst du das Mädchen, das mit Jacky und Sarla an einem Tisch sitzt?" Sie zeigte auf ein schwarzhaariges Mädchen und dunklen Klamotten. Sie sah auch schon aus wie ein waschechter Vampir aus diesen Gruselfilmen. Ich nickte auf ihre Frage.
"Das ist Jazinka Wones. Sie ist eine der nervigsten Zicken hier. Gewöhne dich schon einmal daran!“, erklärte Norami mir. Ich nickte wieder. "Danke für die Info.“
Mein Blick schwengte weiter durch den Raum.
Plötzlich sah ich Sebastian auf einen Blick in einer Ecke stehen. Ich winkte ihm zu. Er winkte zurück. Er war so süß und sah auch noch sehr gut aus. Ich dachte an unser Gespräch in der Pause unseres Fluges. War er wirklich in mich verliebt? Hatte ich denn auch genug Gefühle für ihn? Ich wusste nicht was ich fühlen sollte...

"Ich bitte um Ruhe!" Ein Mann betrat den Raum und stellte sich auf ein kleines Podest in der Mitte des Raumes. "Das ist unser Direktor, Herr Beißen!“, flüsterte Norami mir zu. Der Direktor sah sie an. Aus der Distanz hatte er sie hören können? Ich musste mich erst noch an die Vampirfäigkeiten gewöhnen. "Das gilt  auch für dich, Norami!“, ermahnte er sie. Norami nickte verlegen.
Dann wandte der Schulleiter sich wieder an alle Schüler. "Willkommen, liebe Schüler, zu unserem Treffen!  Schön, dass ihr gekommen seit! Ich würde gerne jemand Neuen in unserer Gemeinschaft begrüßen!“
Alle sahen sich um. Ich auch, obwohl ich genau wusste, dass ich gemeint war. Das fand ich lustig! Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Späße.
"Wo bist du?" "Steh auf!", scheuchte mich Norami. Also stand ich auf. Alle sahen mich an. Ich hasste es im Mittelpunkt zu stehen.
"Ah, du bist also unser Nachwuchs hier! Schön, dich hier zu haben! Wie ist dein Name?“
"Alexandra", antwortete ich ein wenig schüchtern. Herr Beißen forderte die anderen auf, mich zu begrüßen. Ein genervtes „Hallo, Alexandra“  ging durch die Halle. Hätte das wirklich sein müssen? Das war wirklich unnötig. "Die freuen sich aber, dass ich hier bin!“, flüsterte ich Norami zu.
"Ja“, antwortete sie ernst.  "Es kommt fast jeden Tag jemand neues, von da her…“
Ich verstand und nickte.
Herr Beißen kam auf mich zu und schüttelte mir die Hand.
"Bin auch froh, hier zu sein“, brachte ich nur noch raus. „Wie alt bist du denn?“, wollte er wissen.
„Ich bin…18“. Herr Beißen sah mich an - zu genau an. "Bist du etwa die Nachfolgerin, also der neue Vampir, von der Fluch-Familie?“ Er grinste dabei. Ich nickte überrascht. Woher wusste er das nur? "Ich weiß alles." Und wieder hatte jamand meinem Gedanken gelesen. Wann konnte ich das denn mal selber?
"Alle deine Vorfahren wurden vernichtet von dem mächtigsten Zauberer! Eine Schande ist das! Wirklich!“ Vernichtet? Sie sind alle tot? Oh Gott..
"Ja!“, schrie plötzlich jemand, noch bevor der Direktor etwas weiters sagen konnte. "Sie wird uns alle vor Garlus Modis retten!“ Alle sahen zu ihm und legten den Finger auf den Mund. „Pssssssst!“
"Was ist denn?“, fragte ich ahnungslos. Norami flüsterte mir zu: "Diesen Namen darf man hier nicht ohne weites aussprechen und erst recht nicht schreien!“
Immer mehr erinnerte mich an Harry Potter. War das hie etwa das zweite Hogwarts?
"Warum denn nicht?“, wollte ich wissen. Ok, denken konnte ich es mir ja schon. Norami verstummte.
"Felix!“, schrie der Direktor durch den ganzen Saal. Ich sah wie er zusammen zuckte.
Unerwartet öffnete sich die riesige Saaltür und 2 Vampire traten ein. Mit großen Schritten kamen sie auf Felix zu, packten ihn und verschwanden mit ihm. Man hörte ihn von weitem noch schreien.
"Es könnte sein, dass dadurch der Vampir gerufen wird und er kommt, d.h. er bringt uns alle um!“
Ich schluckte. "Schön zu wissen…“ "Nein, nichts ist daran schön!“
Norami war viel ernster als zuvor. Ich erkannte sie kaum wieder.
"Ja…äh…tut mir leid. Das war nur ironisch gemeint...“ Die Situation wurde mir immer peinlicher...
Herr Beißen wendete sich wieder zu mir. "Ich habe alle deine Vorfahren unterrichtet und sie waren alle mutig und sehr stark!" So etwas hatte ich über meine Familie noch nie gehört. "Jeder einzelne von ihnen hatte es verdient den bösen Vampir zu vernichten - doch sie scheiterten. Zum Glück wurden so viele Kinder geboren, dass die Familie weiter ging."
Ich kann doch keiner Kinder bekommen, schoss es mir durch den Kopf. Wie soll ich dann die Familie weiter führen? "Deine Schweser Laura wird die Familie weiter führen. Vampire können ja keine Kinder bekommen." Stimmt. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht.
 "Ich hoffe, dass wir mit dir endlich das Ziel erreichen können." Ich schluckte und nickte. Mir war nicht ganz geheuer bei der Sache.
"Ok, Leute!" Der Direkter wandte sich wieder an alle. "Nun, das hätten wir! Ihr könnt jetzt alle wieder in eure Zimmer gehen und euch ausruhen! Alexandra, komm doch bitte zu mir, ok?“
Ich nickte wieder stumm. Ich wollte gerade aufstehen, als Norami nach meinen Arm griff.
"Kommst du alleine hoch oder soll sich auf dich warten?“ "Es wird schon alleine gehen!“, antwortete ich gelassen. "Aber danke. Wenn nicht, rufe ich dich.“ Norami nickte. "Ok, dann bis nachher."

Die Halle leerte sich und ich ging zu Herrn Beißen rüber.
"Ich möchte dich noch mit ein paar Sachen bekannt machen. Also. Unten in der Halle steht eine Figur, die…“ "…einen hypnotisiert, ich weiß!“, beendete ich den Satz.
"Da wird dieser…äh…Felix doch bestraft, oder?“
Der Direktor sah mich verwundert an. "Oh, du hat schon was gelernt, das ist super! Wirklich super!
Dann sollst du dich bitte immer im Haus aufhalten, außer ihr habt draußen Unterricht. Und…apropos Unterricht…“
Er kramte in seiner Umhangtasche herum und holte einen Zettel raus. Seine dunklen Augen funkelten mich an. "Hier ist dein Stundenplan." Ich faltete ihn vorsichtig auseinander. "Dein Unterricht beginnt Morgen um 2 Uhr mit…“ Sein Blick huschte über den Stundenplan. "…Vampirkraft, super! Das wird dir gefallen!“
Ich sah erst auf den Stundenplan, dann auf ihn. "Haben wir denn schon Mittwoch?“ Er nickte.
"Und jetzt gehe hoch zu deinem Zimmer und ruhe dich noch bis Mitternacht aus.“ "Hä?“ Ich war wieder verwirrt. In letzter Zeit war ich nur noch verwirrt. "Ich bin doch kein Nachtschwärmer! Was soll das denn?“
Herr Beißen sah mich an und grinste. "Natürlich! Jeder Vampir ist das!“
Mit diesen Worten verschwand er mit einer grauen Nebelwolke.
Komisch, dachte ich. Ich sah mir den Rest des Stundenplans auch noch an. Na ja, ich überflog ihn eher und murmelte ein paar Fächer vor ich hin: „Vampirkraft…Vampirgeschichte…Vampirblutlehre…Vampirsprache…Vampirsägeschleiferei…“

Dabei verließ ich die Halle. Ich folgte den Gang bis zur Treppe ins 3. Stockwerk hoch.
Unerwartet begegnete ich Jazinka, die mir entgegen kam.
"Oh, wen haben wir denn da?“, fragte sie mit einem bösen Lächeln auf ihrem Gesicht. Ihre Augen funkelten mich böse an. Ich traute mich erst nicht, etwas zu sagen.
"Wo treibst du dich denn noch rum? Wir sollten doch schon längst schlafen!“
"Wirklich?“, fragte ich. Ich wirkte glaub ich etwas ängstlich auf sie.
"Natürlich…ach ja, du bist ja neu hier!“ Jazinka sah mich an. "Du bist diese…Alexa, oder?“
Ihr Gesicht hatte einen gemeinen Gesichtsausdruck.
"Ich bin…äh…Alexandra!“, werte ich mich. "Oh, tut mir leid, Alexandra!“ "I…ich muss los!“, platzte es mir einfach so raus. "Ich habe einen langen Tag hinter mir..."
Plötzlich riss Jazinka mir den Stundenplan aus der Hand. "Was haben wir denn da?“
"Gib ihn mir wieder her!“, schrie ich. Jazinka ließ einen Blick darauf fallen.
"Ulala! Morgen Vampirkünste! Und danach Vampirgeschichte! Super!“
"Gib ihn mir her!“, wiederholte ich genervt. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind. Konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Jazinka schüttelte den Kopf und hob den Zettel in die Luft. "Hole ihn dir doch!“

"Lass sie in Ruhe!"
Wie ein Blitz kam Sebastian unerwartet angeschossen und riss ihr meinen Stundenplan aus ihren ekelhaften schmutzigen Händen.
"Sebastian??" Auf Jazinkas Gesicht bildete sich ein Staunen. "Was machst du denn...?"
"Du wirst es nie lernen die Neuen einfach in Ruhe zu lassen, oder?", unterbrach er sie mitten im Satz. "Ich..." "Geh einfach, ok?"
Ich hätte schwören können, dass Sebastian Jazinka unter Kontrolle hatte. Kannten sie sich etwa? Es kam mir ein bisschen unheimlich vor...
"Gut, wir sehen uns dann morgen, Neulig."
Mit diesen Worten machte sie kehrt und ließ uns alleine.
Was war das denn gerade? Sebastian drehte sich zu mir um und reichte mir meinen Plan.
"Danke", sagte ich erleichtert - aber auch etwas skeptisch. Unsere Blicke verhädderten sich ineinander. Ich hätte am liebsten die ganze Zeit nur in seine wunderschönen Augen gestarrt. War ich etwa auch in ihn verliebt? Ach, ich weiß nicht, alles war im Moment einfach so viel für mich...

Das dunkle GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt