Teil 9

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Nevan hatte noch nie etwas schöneres gesehen, als den Anblick dieser Wassergöttin, die durch die bloße Kraft des Wassers, weit über dem Schiff zu schweben schien. Vergessen war das Gebrüll der Männer und vergessen war die Sorge um seinen Bruder oder diese Welle, die mit enormer Geschwindigkeit auf sie zu raste.
Er sah nur noch sie, inmitten von Wind und Wasser. Sah nur ihr rotes peitschendes Haar und wollte zu ihr eilen, sie an sich drücken und auf Knien um ihre Gunst bitten. Dieses Gefühl in seiner Brust war mit einem mal so enorm, dass es begann zu schmerzen und ihn an die Reling zu zerren und als sie die Welle mit einem Schwung teilte, wusste er, dass er diese Frau anbeten würde. Nicht weil sie tat was sie tat. Nein. Es lag an ihrer gesamten Haltung, an dieser unbändigen Stärke und dem Willen, welcher sich in dieser einfachen Bewegung zeigte.
Vergessen war für einen Moment der tiefe Schmerz und all das Leid, welches ihn umhüllte wie ein Kokon.
>>Sie wird uns alle umbringen.<< drang die Stimme seines Bruders in sein Bewusstsein und für einen Moment wusste Nevan, dass sie es verdient hätten. Dabei waren die Absichten nicht Grund genug, um zu rechtfertigen, dass sie Denara beraubt hatten.

Als die Welle vorbeizog und das Schiff aufhörte zu schwanken, griff Laith nach Nevan. Aber bevor er darauf reagieren konnte, wurde Laith gewaltsam von ihm gerissen. Ein dumpfer Knall drang in Nevans Ohren und sorgte auch schlussendlich dafür, dass sich alle Männer auf dem Schiff an den Rand stellten.
Ein Blick nach hinten erklärte auch warum.
Denara ragte bedrohlich über Laith auf und formte das Wasser zu ihren Füßen zu scharfen Klingen, bevor sie diese empor hob.
>>Denara. Bitte.<< versuchte es Nevan abermals, woraufhin sie kurz zu ihm sah. Ihr Zorn stand ihr ins Gesicht geschrieben, bevor ein grausames Lächeln ihre Lippen umspielte.
>>Bete, dass deine Tochter für dich spricht Laith, denn andernfalls wird ein gebrochener Arm deine geringste Sorge sein.<<
Bevor irgendjemand reagieren konnte, umschloss Wasser den rechten Arm von Laith und zwang diesen in einen unnatürlichen Winkel.
Das Brechen seiner Knochen hallte auf dem weiten Meer, ehe sein Schrei in der Luft vibrierte.
Nevan sah die Angst in Laith und auch wie er sich zwang seine Lippen zusammenzupressen, um ihr nichts an den Kopf zu werfen.
>>Was bist du für ein Bruder?<< schoss er stattdessen in Nevans Richtung. >>Ein Bruder, der dir das Leben gerettet hat.<< antwortete Denara statt seiner und löste dann erst ihren Blick von ihm. Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse und inspizierte die Männer auf dem Schiff.
>>Kommt mir nicht zu nahe.<< warnte sie diese, bevor sie das Deck verließ.
>>Helft ihm.<< forderte Nevan von seinen Männern auf, bevor er ihr nacheilte. Das Gebrüll seines Bruders ignorierte er, da auch er der Meinung war, dass dieser gebrochene Arm gerecht war.

~~~

Denara war nicht in ihre Kajüte gegangen, wie Nevan feststellte. Sie stand in seinem Arbeitszimmer und schien schon auf ihn zu warten. >>Ich habe sein Leben verschont. Für den Arm entschuldige ich mich nicht.<< begann sie. Nevan schüttelte bloß mit dem Kopf. >>Er schuldet dir schon viel zu viel. Genauso wie ich.<< Stirnrunzelnd sah sie ihn an und lehnte sich an seinen Tisch. >>Dein Blick ist verändert Pirat. Hast du nun doch Angst?<< hauchte sie verführerisch. Abermals schüttelte er mit dem Kopf und ging langsam auf sie zu, als könnte sie ihm jeden Augenblick davonlaufen. >>Es ist Faszination Wassergöttin.<<
Sie legte ihren Kopf leicht in den Nacken, als er nur noch wenige Zentimeter vor ihr aufragte. >>Du siehst auf meine Lippen.<< stellte sie fest, woraufhin er schmunzelte und seine Hände rechts und links von ihr auf dem Tisch absetzte. Denara schluckte schwer, als sein warmer Atem über ihre Haut fuhr. >>Ich würde mehr tun, als sie nur zu betrachten, wenn ich nicht befürchten würde, dass ich einen Arm verliere.<<
Sie lachte, ehe sie ihre flache Hand auf seine Brust legte und mit schrägem Kopf zu ihm aufsah. >>Ich habe einst deinem Bruder vertraut. Den selben Fehler werde ich nicht noch einmal begehen.<< Als sie sich von ihm lösen wollte, hielt er sie auf und presste sie wieder gegen den Tisch. >>Ich bin nicht er, kleine Wassergöttin.<<
>>Ich helfe dir und dann verschwinde ich. Erwarte nicht mehr.<< raunte sie wenige Millimeter an seinen Lippen, bevor sie ihn von sich stieß. Nevan hob abwehrend seine Hände und grinste über beide Ohren.
>>Drei Wochen auf diesem Schiff Denara. Ich bekomme was ich will.<<
Augenblicklich blieb sie am Türrahmen stehen, ohne sich zu ihm zu drehen. >>Du kannst mich nicht bezwingen Pirat. Ich bin die See und für dich somit unerreichbar.<< erwiderte sie kalt, aber das hielt Nevan nicht davon ab hinter sie zu treten und vorsichtig über ihren Arm zu fahren.
>>Ich habe nicht vor dich zu bezwingen Denara.<<
Nevan beugte sich herab, horchte ihrem schweren Atem, während ihre Hand den Türknauf fest umklammert hielt. >>Denn du gefällst mir genauso wie du bist. Wild und furchtlos. Und genau so will ich dich auch haben.<<

Herz aus LeidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt