Teil 23

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Nevan sah zu Denara rüber, die gedankenverloren auf die Wellen sah. Sie waren schon seit drei Tagen unterwegs, auf dem Weg zu der Hexe, die ihm damals die Schlinge angefertigt hatte. In diesen drei Tagen war Denara kaum anzusprechen und er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Sie hatte einen wichtigen Teil von sich verloren und obwohl er so die Chance hatte ein Leben lang mit ihr zusammen zu sein, fühlte er sich nicht gut dabei. Nevan war nicht selbstsüchtig genug, um sich daran zu erfreuen. Er litt mit ihr und das jede Sekunde, die sie dort saß und auf das Meer starrend wartete.

Als es fast Nacht wurde und das Deck nun fast leer stand, weil der Wind still und das Meer demnach ruhig war, ging er auf Denara zu und zog sie wortlos in seine Arme.
>>Ich fühle sie nicht mehr Nevan.<< kam es fast flüsternd von ihr. >>Die See. Ich fühle sie nicht.<< Er zog sie noch fester an sich ran und sah ebenfalls auf das Meer hinaus, wo die Sonne gerade unterging. Dann begann er einfach seinen Instinkten zu folgen und zog sie auf die Beine. >>Was wird das?<< fragte sie stumpf, als er begann sie auszuziehen, bis sie nur noch ihre Tunika anhatte. >>Wir gehen schwimmen.<< erwiderte er. Sie nickte nur stumm und sah ihm dabei zu, wie auch er sich seiner Kleidung entledigte und sich dann auf die Reling setzte. Denara tat es ihm gleich und schien plötzlich doch zusammen zu krampfen, als sie hinunter auf das Wasser sah. >>Warum sträubt sich alles in mir Nevan? Warum fühle ich mich nur so verloren?<<
>>Weil du Angst hast.<< antwortete er. >>Weil das einzige, was du all die Jahre kanntest, dir genommen wurde und es tut mir wahnsinnig Leid. Es tut mir Leid, dass ich eine Rolle darin spiele und es tut mir Leid, dass ich nicht mehr tun kann, als das gerade. Aber lass mich versuchen dir zu zeigen, was das Leben bietet. Lass es mir dir zeigen, bevor wir die Antwort darauf bekommen, ob du jemals wieder deine Fähigkeiten zurück bekommst.<< bat er fast verzweifelt und seufzte erleichtert auf, als sie seine Hand umfasste.
>>Lass mich nicht los.<< verlangte sie entschlossen. Er sah sie sanft an, bevor er ihre Hand fest umschlang. >>Niemals<< versprach er, bevor sie gemeinsam von der Reling sprangen und nach wenigen Metern im Wasser landeten. Gemeinsam tauchten sie wieder auf, noch immer die Hände ineinander verschlungen.

>>Geht es?<< fragte er, während er versuchte seinen Kopf über Wasser zu halten. >>Ich weiß nicht.<< erwiderte sie, während sie ebenfalls wirkte, als würde es ihr Anstrengung kosten, sich über Wasser zu halten. Nevan zog sie mit sich und schwamm zum Schiff, wo das Netz hing. Sie hielten sich beide daran fest und sahen zur untergehenden Sonne. >>Fühlst du sie jetzt?<< fragte Nevan sie, doch sie sah ihn nur kopfschüttelnd an. >>Nicht so, wie sonst Denara. Aber fühlst du es dennoch?<< fragte er diesmal sanfter und zog sie dabei fest an seine Brust. >>Fühlst du das hier. Das Leben?<< Abermals sah sie zur untergehenden Sonne, bevor sie sich an ihn wandte. >>Es fühlt sich an, als könnte es jeder Zeit zu Ende sein Nevan. Ich fühle nicht mehr als die Vergänglichkeit.<<
Vorsichtig, als könnte sie jederzeit davon laufen, zog er sie näher an sich heran. >>Sieh genauer hin Denara. Fühl genauer. Denn alles was ich sehe ist die untergehende Sonne. Ein weiterer Tag, an dem ich bei dir sein konnte. Alles was ich fühle ist das Meer und die Frau in meinen Armen, die ich vergöttere. Alles was ich fühle ist die Chance, die wir haben. Ich fühle, dass ich nicht mehr alleine bin.<< Das war der Moment, als sie stirnrunzelnd zu ihm sah und wirklich zu überlegen schien. >>Sag Denara. Wie fühlt sich das an.<< hauchte er und strich ihr dabei eine feuchte Haarsträhne hinter ihr Ohr.
Sie schmiegte ihre Wange in seine Hand und schloss ihre Augen. >>Wie das Wasser inmitten einer trostlosen Wüste.<< wisperte sie. >>Ich werde diese Welt niemals so sehen wie du Nevan. Es spielt keine Rolle was du sagst oder tust. Diese Welt wird für mich nicht mehr als diese trostlose Wüste sein.<< Denara sah zu ihm auf, als er seine Stirn verzweifelt auf ihre presste und lächelte dabei zu ihm auf. >>Du bist das einzige Nevan. Du bist das Wasser, dass mich vor dem verdursten rettet. Und ich möchte, dass du weißt, dass ich damit leben kann. Es wird schmerzen und ich werde noch eine lange Zeit brauchen, aber wenn ich mich zwischen meinem alten Leben und dir entscheiden müsste. Dann würde ich mich für dich entscheiden.<<
Ungläubig richtete er seinen Blick auf sie. >>Wie kannst du mich dem vorziehen?<< fragte er ehrlich verwundert. Dabei huschte ein kleiner Schatten über ihre Züge. >>Darauf habe ich keine Antwort. Wie kann ich einen Piraten lieben, obwohl ich mein gesamtes Dasein nur Hass für euch verspürt habe. Obwohl dieser Hass meine Ausstoßung bedeutete? Ich weiß es nicht Nevan. Ich glaube manche Dinge passieren lange, bevor man sie erkennt.<<
>>Du liebst mich?<< hörte er sich ungläubig sagen und hielt leicht den Atem an, als sie mit ihren Lippen über seine fuhr. >>Mit meiner ganzen unsterblichen Seele.<< hauchte sie gegen seine Lippen, bevor er den letzten Millimeter zwischen ihnen überwand und sie küsste.

Herz aus LeidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt