Teil 18

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Sie musste hier weg. Aren würde sie nicht mehr hinauslassen, bis sie wieder auf dem Meer waren. Sie musste weg, bevor das geschehen konnte, auch wenn es bedeuten mochte, dass sie die Schlinge nicht los wurde. Denara fiel es schwer sich aus dem Bett zu wälzen, weil ihr gesamter Körper noch schmerzte. Sie traute sich nicht einmal in den Spiegel zu sehen.
Alles was sie tat war lediglich ihre Kleidung notdürftig anzuziehen und sich so leise zu bewegen, dass Aren nicht wach wurde. Es war merkwürdig, wie sie innerlich brodelte und ihre Hände um seinen Hals legen wollte, um ihn umzubringen und doch nicht fähig dazu war, weil der Bann sie zwang ihm nichts zu tun. Auch jetzt spielte sie das Szenario in ihrem Kopf ab, was sie einfach nicht zufrieden stellen wollte.
Denara hätte nie geglaubt sich einmal gegen ihre Magie zu entscheiden. All die Jahre hätte sie Gelegenheiten gehabt zu gehen und hatte sich nicht getraut, weil sie nicht wusste wer sie ohne all das wahr. All diese Jahre hatte sie die Tortur auf sich genommen und geglaubt, dass das besser war, als die Möglichkeit aufzugeben, diese Schlinge loszuwerden. Aber diese Angst schien zu verblassen. Die Begegnung mit Nevan hatte sie gestärkt und irgendwie davon überzeugt, dass es besser war auf ihre Magie zu verzichten. Es war dennoch schwer, aber immer noch besser als diesen Schmerz und diese Demütigung zu ertragen.
Leichtfüßig verließ sie das Zimmer und musste sich zwischendurch immer wieder abstützen, weil ihr Schwindlig wurde. Aren hatte sie übel zugerichtet. Sie hatte noch nicht einmal Gelegenheit gehabt sich das Blut abzuwischen oder zu verarbeiten, was vor einigen Stunden in diesem Zimmer geschehen war. Alles in ihr wollte aufgeben, sich in eine Ecke legen und nie mehr aufstehen. Wäre da nicht ihr Herz, welches verzweifelt nach einem Menschen rief. Einem Piraten, der ihr versprochen hatte, sie hier raus zu holen. Einem Mann, der ihr wichtig genug war, um ihre Magie hinter sich zu lassen.

~~~

Sie hatte das Gefühl eine Ewigkeit gelaufen zu sein, bevor sie sich in eine Gasse stellte und zwei Männer beobachtete. Es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass es Nevan war, der über Laith gebeugt war und ihm einen Schlag verpasste.
Laith sah so übel zugerichtet aus, wie sie glaubte, dass sie es war. Und wäre das nicht der Fall gewesen, dann hätte sie ihn vermutlich angegriffen und ihre angestaute Wut an ihm rausgelassen. Doch alles was sie gerade wollte war, dem Mann hinterher zu laufen, der Laith zurückließ. Sie humpelte nun fast aus der Gasse und versuchte ihm hinterher zu rennen. Zog dabei ihren Umhang enger um ihren Körper, damit Laith sie nicht erkannte. Sie wollte nicht, dass er sie so sah. Sie wollte ihm nicht so gegenüber stehen. Nicht, wenn sie zu schwach war, um es ihm heimzuzahlen. Nicht, wenn es bedeutete, dass sie Nevan nicht mehr einholen konnte. Ihr war klar, dass sie in ihrem jetzigen Zustand nicht mehr weit kam.
Ihr Atem ging immer flacher und obwohl sie versuchte zu rennen, schaffte sie es einfach nicht. >>Nevan!<< versuchte sie nach ihm zu rufen und war schockiert wie rau ihre Stimme klang. Er hielt inne und sah um sich, bis sein Blick auf sie fiel. Sie sah, wie er nach seinem Dolch in seinem Gürtel griff und angriffsbereit auf sie zulief. Erst als er wenige Schritte vor ihr stand, zog sie die Kapuze von ihrem Kopf und offenbarte sich ihm. Sein Dolch fiel klirrend auf den Boden und die verzweifelte Sorge spiegelte sich in seinem gesamten Sein wieder. >>Nevan<< flüsterte sie abermals und spürte, wie die letzte Kraft ihren Körper verließ und sie auf den Boden sank. Seine Arme schlangen sich um ihren Körper und zogen sie fest an sich, während seine Lippen ihre Schläfe berührten und verzweifelt Küsse darauf hauchten. Als könnte er die Wunden damit heilen. Als könnte er den Schmerz damit verbannen. >>Ich bringe sie um. Jeden einzelnen.<< knurrte er mit erstickter Stimme. >>Diese Ehre gebührt mir Pirat.<< flüsterte sie in seine Halskuhle. >>Denara.<< stieß er verzweifelt aus. >>Nevan<< erwiderte sie viel zu leise. Ihre Lider wurden immer schwerer und ihr Körper schien ihr plötzlich fremd zu sein. Und obwohl sie sich so elend fühlte wie schon lange nicht mehr, hatte sie sich noch nie so sicher gefühlt, wie in diesem Augenblick. >>Bring mich fort von hier. Bitte.<<
Die Welt kippte zur Seite, als er sie behutsam in seine Arme nahm. Sanft wurde sie durch seine festen Schritte hin und her gewiegt, während sein Duft ihre Sinne umhüllte und in einen sanften Schlaf zog.

Herz aus LeidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt