Teil 14

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2 Jahre Später

Er zog den Krug Bier zu sich heran, verdrängte das Laute johlen der Männer, die sich auf Bone Island versammelt hatten. Die Insel, die sie förmlich übernommen hatten. Jeder wusste, dass das hier eine Handelsrute der Piraten geworden war, auf die man mit normalem Menschenverstand keinen Fuß setzte. Zumindest nicht dann, wenn man ein ehrlicher Mann war. Hier musste man skrupellos sein, denn andernfalls war man nicht mehr als Viehfutter. Gedankenverloren blickte Nevan hinunter auf die Holzplattform und beobachtete seinen älteren Bruder dabei, wie er sich schon wieder volllaufen ließ und an dem Hals einer brünetten knabberte. Ein Stich machte sich in seinem Herzen bemerkbar, als seine Gedanken zu rotem Haar und dem tosenden Meer wanderten. Nevan fragte sich, wie es ihr ging. Und obwohl er sie vermisste, verstand er, dass sie ihn verlassen hatte. Denara hatte keinen hehl daraus gemacht, dass sie gehen würde. Nur die Tatsache, dass sie ihr Versprechen gebrochen hatte, sorgte dafür, dass sich die Enttäuschung abermals in seiner Brust ausbreitete. Er hatte ihr vertraut. Wahrlich und doch hatte sie es gebrochen und seinen Bruder leidend zurückgelassen. Noch immer suchte er nach einer Lösung, um seine Nichte zurückzuholen, aber alles lief auf Konfrontation hinaus und wenn er ehrlich wahr, klang es verlockend. Nevan war es Leid wegzulaufen und nach irgendeiner Lösung zu suchen, die er nicht finden konnte.
Ein letztes mal setzte er seinen Krug an seine Lippen und kippte den letzten Rest herunter, bevor er sich erhob und in der Menge eine Person ausmachte. Sein Herz blieb stehen und sprang ihm fast aus der Brust, als sich die Frau mit dem roten Haar drehte und verführerisch zu ihrer Begleitung hoch sah. Wut erfasste Nevan mit einer Wucht und sorgte dafür, dass er das Geländer fest umklammerte, als sein Blick auf die Schlinge um ihren Hals fiel und dann auf den Mann an ihrer Seite. Aren Draktale.
Denara flüsterte dem Mann etwas in sein Ohr, bevor sie sich lächelnd von ihm löste und ihren Blick umherschweifen ließ. So lange, bis sie hinauf sah. Geradewegs in Nevans Augen. Er sah ihr dabei zu, wie ihre Lippen begannen zu beben und er hätte schwören können, dass dort Trauer und Sehnsucht in ihrem Blick war, bevor sie sich wieder fasste und ihr Blick nur noch Hass sprach.

~~~

Sie wusste nicht, wie es sein konnte. Aber da stand er. Im ersten Moment erfüllte Hoffnung ihre zerschundene Brust, nur damit sie im nächsten Moment realisieren konnte, dass er dort stand. Sie beobachtete und nichts tat. Er sah Gesund aus und obwohl sie seinen Kiefer mahlen sah, überzeugte sie sich davon, dass es alles seine Schuld war. Seine und die seines Bruders.
Zwei Jahre lang war sie nun das Schoßhündchen von Aren Draktale. Seit einem Jahr hatte sie dennoch nach der Nichte dieses Mannes gesucht. Selbstlos, weil er ihr etwas bedeutet hatte. Und nun stand er bloß am Geländer und schaute an ihren Hals, auf ihre Lippen und an die Hand, die sich plötzlich um ihre Taille schlang und besitzergreifend an sich drückte. Denara hatte noch nie geweint und doch spürte sie einen Klos in ihrem Hals, als sie das Einzige sah, wonach sie sich all diese Monate gesehnt hatte und erst jetzt wirklich zuließ.
>>Meine Schöne. Wo siehst du denn nur hin?<< fragte sie der Mann an ihrer Seite, der sie noch immer fest in seinem Griff hielt. Ihr Blick löste sich ertappt vom Geländer. Aren schaute hinauf und sie tat es ihm gleich, nur um festzustellen, dass Nevan nicht mehr dort stand. Er war verschwunden, sodass sie fast glaubte, es wäre nur ein Traum gewesen.
>>Da war nichts.<< hauchte sie verloren, bevor sie sich das Lächeln aufsetzte und zu dem Mann aufsah, der ihr alles genommen hatte.

Herz aus LeidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt